Proliferation

Unter Proliferation wird die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und der zu ihrer Herstellung verwendeten Produkte einschließlich des dafür erforderlichen Wissens sowie von entsprechenden Waffenträgersystemen verstanden.

Als eine der führenden Industrienationen ist die Bundesrepublik Deutschland auch bevorzugtes Zielland von Proliferation betreibenden Ländern. Insbesondere Krisenländer bemühen sich, in den Besitz von atomaren, chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Produkte und Vorprodukte sowie entsprechender Waffenträgertechnologie zu gelangen.

Auch der illegale Transfer des für die Herstellung erforderlichen Wissens fällt unter den Begriff Proliferation und gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Motive

Motiv nachrichtendienstlich gesteuerter Beschaffungsaktivitäten ist häufig, Forschungs- und Entwicklungskosten zu vermeiden und embargo-belegte Technik und Wissen zu erhalten. Die wünschenswerte Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zwecks Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die wirtschaftliche Praxis kann insoweit ein besonderes Risiko in sich bergen. Ausländische Studenten und Praktikanten sowie Gastwissenschaftler können im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der Gewinnung proliferationsrelevanten Wissens oder der Wirtschaftsspionage für fremde Nachrichtendienste interessante Ansatzpunkte darstellen. Dem berechtigten Grundsatz von der Freiheit der Lehre und Forschung und dem Bestreben nach internationalen Geschäftsbeziehungen steht die ebenso berechtigte Forderung nach nationaler und internationaler Sicherheit gegenüber. Potenziell proliferationsrelevantes Wissen ist zum einen in der deutschen Wirtschaft und Industrie vorhanden, zum anderen aber auch in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungseinrichtungen sowie in Fachbereichen von Hochschulen und Fachhochschulen. Hier ist berücksichtigen, dass auch zivile Tätigkeits- oder Forschungsbereiche für eine militärische Nutzung interessant sein können. Die Weitergabe von proliferationsrelevantem Wissen wird von der Exportkontrolle ebenso wie die Weitergabe von Gütern erfasst, nur ist sie schwieriger zu erkennen und zu verhindern. Hilfreiche Hinweise bietet das Merkblatt “Technologietransfer und Non-Proliferation” vom Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), in denen Beispiele für kritischen Wissenstransfer sowie die aktuellen Anzeige- und Genehmigungspflichten aufgeführt sind.

Dual-Use-Güter

Proliferation stellt weltweit eines der größten Sicherheitsrisiken dar und kann, wenn deutsche Firmen oder Personen beteiligt sind, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich schädigen. Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die aktiv illegale Beschaffungsbemühungen unterstützt haben, müssen nicht nur mit Strafverfolgung, sondern auch mit Umsatzeinbußen und Reputationsverlust rechnen. Eine besondere Problematik beinhaltet hier der Transfer von Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können, also so genannten Dual-Use-Charakter haben. Hier liegt die mögliche Proliferationsrelevanz in der Endverwendung, die für den Unternehmer schwer zu erkennen ist.

Verschleierungstaktiken

Kennzeichnend für proliferationskritische Exporte ist die Anwendung konspirativer Methoden. Es wird versucht, den tatsächlichen Verwendungszweck der Güter, den Auftraggeber und/oder Endverbraucher über Drittländer oder Drittfirmen zu verschleiern. Folgende Auffälligkeiten können auf ein proliferationsrelevantes Geschäft hindeuten:

  • Der Endverbleib oder -empfänger der Güter ist unklar und kann nicht plausibel dargestellt werden.
  • Die Transportroute ist geographisch oder wirtschaftlich nicht plausibel.
  • Zwischenhändler werden ohne zwingenden Grund beteiligt.
  • Der Kunde kann nicht erläutern, wofür das Produkt gebraucht wird oder der genannte Verwendungszweck weicht erheblich von der vom Hersteller angegebenen Produktbestimmung ab.
  • Der Käufer ist als Händler militärischer Güter bekannt.
  • Der Käufer verfügt nicht über das erforderliche Fachwissen.
  • Die Identität eines Neukunden bleibt unklar.
  • Der Kunde wünscht eine ungewöhnliche bzw. abweichende Kennzeichnung der Güter.
  • Es werden ungewöhnlich günstige Zahlungsbedingungen angeboten.
  • Der Käufer zeigt kein Interesse an Einweisung, Serviceleistungen und Garantiebedingungen.
  • Angehörige der ausländischen Firma werden zu Informations- oder Ausbildungszwecken zur deutschen Herstellerfirma geschickt, obwohl eine Installation und Einweisung vor Ort sinnvoller wäre.
  • Mitglieder von Besucherdelegationen werden namentlich nicht vorgestellt.
  • Zu weiteren Geschäftskontakten bzw. Referenzen werden keine Angaben gemacht.