Leitbild

„Ein Spion am rechten Ort ersetzt 20.000 Mann an der Front.“

bq. Zitat von Napoleon I. Bonaparte (1769-1821)

Politische Spionage

Gesetzlicher Auftrag der Spionageabwehr ist die Sammlung und Auswertung von Informationen über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht. Ziel ist nicht nur, gegnerische Agenten zu überführen, sondern generell Strukturen, Methoden und Zielrichtungen in Deutschland tätiger Nachrichtendienste systematisch aufzuklären. Deutschland ist auch weiterhin ein Aufklärungsziel für Nachrichtendienste aus Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) – vornehmlich der Russischen Föderation und aus dem nah-, mittel- und fernöstlichen sowie dem nordafrikanischen Raum.

Zielrichtung

Auftragslage und Zielrichtung der in Deutschland tätigen Dienste hängen von der aktuellen politischen Interessenlage der entsendenden Staaten sowie ihrem wirtschaftlichen und technischen Entwicklungsstand ab. Für Nachrichtendienste insbesondere aus einigen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas hat die Ausforschung der jeweiligen Exilopposition in Deutschland weiterhin oberste Priorität. Berlin steht als Anziehungspunkt und Sitz vieler ausländischer Gruppierungen insoweit besonders im Blickfeld.

Andere Länder setzen ihren Aufklärungsschwerpunkt nach wie vor “klassisch”, d. h. dass die Informationsbeschaffung aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Militär im Vordergrund steht. Aufgabe der Nachrichtendienste dieser Länder ist es, ihre Regierungen möglichst früh und detailliert über anstehende außen-, sicherheits- und wirtschaftspolitische Entscheidungen der deutschen Regierung sowie die politische und fachliche Meinungsbildung in Deutschland zu aktuellen Themen und Konflikten zu informieren.
Eine wichtige Beschaffungsmethode aufklärender Nachrichtendienste ist weiterhin die offene Abschöpfung interessanter Kontakte, z. B. durch gezielte Gesprächsführung. Dabei wird das Wissen der Kontaktperson erschlossen, ohne dass diese den nachrichtendienstlichen Hintergrund des Kontakts erkennen muss. Insbesondere wird versucht, Personen, die gute Zugangsmöglichkeiten zum Zielgebiet oder -objekt aufweisen oder über entsprechende berufliche Perspektiven verfügen, möglichst langfristig zu binden. Gelingt dies, ist für den Betroffenen die Gefahr groß, gewollt oder ungewollt den Schritt hin zur geheimdienstlichen Agententätigkeit im Sinne von § 99 StGB zu vollziehen.

Situation in Berlin

Insgesamt hat sich bestätigt, dass politische und wirtschaftliche Annäherung sowie eine verstärkte Zusammenarbeit deutscher Sicherheitsbehörden mit ausländischen Diensten einige Länder nicht davon abhält, unvermindert in Deutschland nachrichtendienstliche Informationsgewinnung zu betreiben.

Die hohe Präsenz fremder Nachrichtendienste in Berlin ist denn auch der Tatsache geschuldet, dass Berlin als bundespolitisches Entscheidungszentrum mit vielen die Politik beratenden Einrichtungen, Interessenverbänden und entsprechenden Veranstaltungen der politischen Spionage eine Vielzahl interessanter Ansatzpunkte bietet. Auch die große Zahl der in Berlin angesiedelten diplomatischen Vertretungen spielt eine Rolle. Denn unverändert zählt die Abdeckung hauptamtlicher Mitarbeiter fremder Nachrichtendienste durch den vor Strafverfolgung schützenden Diplomatenstatus zu den typischen Tarnmethoden. Von derartigen Legalresidenturen aus agieren die Agenten in der Regel bundesweit. Dabei kommen auch nachrichtendienstliche Mittel wie die klassische Agentenführung zum Einsatz.

Wirtschaftsspionage

Der französische Feldherr und Politiker Napoleon I. Bonaparte (1769-1821) wusste bereits im 18. Jahrhundert, dass die Beschaffung von Informationen von der Gegenpartei entscheidende Vorteile mit sich bringt. Neben den klassischen Aufklärungszielen „Militär“ und „Politik“ gehörte auch seit jeher auch die „Wirtschaft“ zu den primären Zielen der Nachrichtendienste. Eine funktionierende Ökonomie ist eine Grundvoraussetzung für die Stabilität eines Staates. Diese Erkenntnis hat im Zeitalter der Globalisierung einen noch viel höheren Stellenwert erfahren.

Deutschland hat nicht aufgrund seiner vielen Bodenschätze und Rohstoffe den Status eine der führenden Industrienationen. Vielmehr rührt dies von den vielen Innovationen und Erfindungen seiner Menschen und Unternehmen. Das weckt Begehrlichkeiten bei anderen Nationen und konkurrierenden Unternehmen. Deshalb hat der Staat ein elementares Interesse daran, illegalen Wissenstransfer bei deutschen Unternehmen zu verhindern und technologisches sowie unternehmerisches Know-How zu schützen.

Angriffsziele sind insbesondere Produktideen, Fertigungstechniken, Patente, Geschmacksmuster und Unternehmens- und Marktstrategien. Neben dem schon zu Napoleons Zeiten bekannten „Spion in den eigenen Reihen“, spielt in unserer Informationsgesellschaft das Internet bei der Erkenntnisgewinnung eine herausragende Rolle. Umfangreiche neuartige Angriffs- Sabotage- und Ausspähtechniken dienen der Schädigung der Wirtschaftsunternehmen. Wirkungsvolle Schutzmechanismen greifen nur, wenn auf Basis methodischen Vorgehens ganzheitliche Schutzkonzepte personeller wie materieller Art entwickelt werden.
In Zusammenarbeit mit anderen Behörden, Institutionen, Verbänden und den Unternehmen selbst, trägt der Verfassungsschutz Berlin dieser Aufgabe Rechnung.

Wirtschaftsspionage ist die staatliche gelenkte und unterstützte, von fremden Nachrichtendiensten ausgehende Ausforschung von Wirtschaftsunternehmen und Betrieben.

Davon abzugrenzen ist die Konkurrenzausspähung oder auch Industriespionage. Für deren strafrechtliche Verfolgung ist das Landeskriminalamt zuständig. Die Vorgehensweise ist jedoch vielfach identisch mit denen der Wirtschaftsspionage und die Übergänge sind fließend und in dem meisten Fällen nicht von vornherein erkennbar.

Der Verfassungsschutz steht Unternehmen daher als Ansprechpartner für jeden ersten Hinweis zur Verfügung. Die Informationen werden vertraulich behandelt, denn im Gegensatz zur Polizei und Staatsanwaltschaft untersteht der Verfassungsschutz nicht dem Strafverfolgungszwang.

Geheimschutzverfahren

Wirtschaftssunternehmen, die geheimschutzbedürftige Aufträge von Bundes- oder Landesbehörden ausführen, müssen vor Ausspähung fremder Nachrichtendienste geschützt und deshalb in das sogenannte Geheimschutzverfahren aufgenommen werden.

Aus Sicht des Verfassungsschutzes unterteilen sich die Berliner Unternehmen nach dem Geheimschutzverfahren. Deshalb wird in betreute und nicht betreute Unternehmen unterschieden:

Das Verfahren ist im Geheimschutzhandbuch des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie geregelt.

Unternehmen, die keine geheimschutzbedürftigen VS-Aufträge für eine Landes- oder Bundesbehörde haben, werden nicht nach diesem besonderen Verfahren betreut.