Ideologie

Extremismus allgemein

Der Begriff Extremismus bezeichnet kein einheitliches Phänomen, sondern ist eine Sammelbezeichnung für unterschiedliche politische Bestrebungen, “die sich in der Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates und seiner fundamentalen Werte und Spielregeln einig wissen” (Uwe Backes/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. 4. Aufl. Bonn 1996, S. 45). Die verfassungsmäßige Grenze des politischen Handelns ist in der Bundesrepublik Deutschland eindeutig festgelegt. Anlässlich des Verbots der “Sozialistischen Reichspartei” (SRP) bestimmte das Bundesverfassungsgericht 1952 den Kern des demokratischen Verfassungsstaates, die freiheitliche demokratische Grundordnung. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind zu rechnen (Vgl. BVerfGE 2, 1 ff; BVerfGE 5, 85 ff; § 6 VSG Bln):

  • die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, vor allem des Rechtes der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung,
  • die Volkssouveränität,
  • die Gewaltenteilung,
  • die Verantwortlichkeit der Regierung,
  • die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung,
  • die Unabhängigkeit der Gerichte,
  • das Mehrparteienprinzip,
  • die Chancengleichheit aller politischen Parteien,
  • das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.

Die Verfassungsschutzbehörden verwenden den Extremismusbegriff seit Anfang der 70er Jahre in Abgrenzung zu dem Begriff des Radikalismus. Während extremistische Positionen die Grenze der verfassungsmäßigen Ordnung überschreiten, bezeichnet der Radikalismus Auffassungen, die zwar grundlegende systemoppositionelle Positionen vertreten, die sich aber mit ihrer fundamentalen Kritik innerhalb der Grenzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewegen.

Auslandsbezogener Extremismus

Ausländische Organisationen werden als extremistisch bewertet, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten und die Durchsetzung ihrer Weltanschauung in Deutschland anstreben.

Als extremistisch werden aber auch ausländische Organisationen eingestuft, die eine gewaltsame Veränderung der politischen Verhältnisse in den Heimatländern anstreben. Sie gefährden durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland.

Auslandsbezogene Personenzusammenschlüsse werden schließlich als extremistisch bewertet, wenn ihre Tätigkeit gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 21 Abs. 1 GG) gerichtet ist. Organisationen, die sich gegen das friedliche Zusammenleben der Völker richten, bedeuten eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit. Sie bilden den Nährboden für die Entstehung extremistischer Auffassungen und schüren Hass, der auch vor Anwendung terroristischer Gewaltanwendung nicht zurück schreckt.

In den meisten Fällen werden die Aktivitäten auslandsbezogen extremistischer Organisationen von den politischen Verhältnissen in ihren Herkunftsländern bestimmt. Einige der in Deutschland ansässigen Organisationen lassen inzwischen jedoch Tendenzen zu eigenständigem Handeln erkennen.

Bei auslandsbezogen extremistischen Organisationen lassen sich linksextremistische, nationalistisch orientierte und islamistische Gruppierungen unterscheiden.

  • Linksextremisten: Linksextremistische Organisationen folgen weitgehend der Ideologie des Marxismus-Leninismus und streben meist mit Gewalt die Etablierung eines sozialistischen bzw. kommunistischen Systems in ihren Heimatländern an.
  • Extreme Nationalisten: Nationalistisch auslandsbezogen extremistische Organisationen kennzeichnet ein auf ethnische, kulturelle und politisch-territoriale Unterschiede gegründeter Überlegenheitsanspruch der eigenen Nation sowie die Negierung der Rechte anderer Ethnien.
  • Islamisten: Die größte Gruppe innerhalb der auslandsbezogen extremistischen Ausländerorganisationen bilden die islamistischen Gruppierungen. Der Islamismus ist nicht gleichbedeutend mit der islamischen Religion. Vielmehr stellt der Islamismus eine politische Ideologie der Gegenwart dar, die sich primär gegen die Herrschaftsverhältnisse in den Heimatländern wendet und den Islam weltweit als ein alternatives Gesellschaftssystem propagiert. Der gesetzliche Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes richtet sich weder auf die islamische Religion als solche noch auf die hier lebenden Muslime, von denen die Mehrheit unsere Rechtsordnung achtet. Dem Verfassungsschutz geht es um Bestrebungen, die auf die Durchsetzung der islamistischen Weltanschauung in Deutschland oder die gewaltsame Veränderung der politischen Verhältnisse in den Heimatländern abzielen.