Bereits vor dieser Beschlusslage war das Stadtplanungsamt
tätig und hat im Rahmen der Verfahren bei der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung bereits Stellung genommen. Diese Stellungnahme wurde auch im
Ausschuss für Stadtentwicklung in der 25. Sitzung am 13.01.2009 vorgetragen.
Grundsätzlich hat diese Stellungnahme weiterhin Gültigkeit
und wurde bei einem erneuten Schriftwechsel zur Änderung des
Flächennutzungsplans Berlin und des Landschafts-programms einschließlich
Artenschutzprogramms noch erweitert.
Zur Transparenz wird der Wortlaut des Schreibens zitiert,
wobei die kursiv gedruckten Passagen neu hinzugekommen sind.
„Des Weiteren liegt mir der BVV-Beschluss
Drs. 0859/XVIII vom 28.01.2009 vor, in dem gefordert wird, dass die Freiflächen
im Wesentlichen unbebaut bleiben und insbesondere die vorhandene
Freiluftschneise nach Neukölln erhalten wird.
In einem Antwortschreiben von Frau
Senatsbaudirektorin Lüscher an den Bezirksverordnetenvorsteher Herrn Koglin zu
diesem Thema vom 05.06.2009 wird betont, dass SenStadt beabsichtigt, dieses
Verfahren mit „außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung in
kooperativer Zusammenarbeit mit dem Bezirk“ durchzuführen.
Davon ist nach dem letzten Stand des
FNP-Änderungverfahrens nichts zu spüren. Im Gegenteil, die bisherigen Bedenken
des Bezirks zu der Bebauung am Columbiadamm sowie auf der Fläche
angrenzend an das
Schillerpromenaden-Quartier sind nur nicht in die Überlegungen zur Planung des
Tempelhofer Feldes eingeflossen, sondern die uns nun vorliegende FNP-Änderung
sieht sogar noch eine höhere Ausnutzung der für die Bebauung vorgesehenen
Bereiche vor und stellt damit für den Bezirk eine weitere Verschlechterung dar.
Der im Schriftteil erfolgte Verweis der
Konkretisierung auf die nachfolgenden Planungsebenen kann auf dieser Grundlage
nicht vertrauensbildend sein.
Eine Große Anfrage aus der BVV Neukölln wurde
dementsprechend beantwortet.
Von bezirklicher Seite bestehen daher zu den einzelnen im
FNP-Änderungsplan vorgesehenen Bauflächen unverändert Bedenken. Die durch
BVV-Beschlüsse vom 21.06.1995 und neuerlich vom
28.01.2009 (noch ohne Kenntnis zur Erhöhung des Nutzungsmaßes)
aufgestellten Forderungen sowie die vom 24.03.1999 und vom 09.10.2008
formulierten Änderungsvorstellungen des Bezirks beschreibe ich erneut mit
letztem Sachstand in der folgenden Stellungnahme zu den einzelnen Bauflächen
und gehe davon aus, dass unsere stadtplanerisch
begründeten Bedenken Berücksichtigung finden:
Wohnbaufläche (W2) westlich der Oderstraße
Das an das geplante Wohngebiet angrenzende
Schillerpromenaden-Quartier ist trotz erfolgter Maßnahmen im Rahmen des
Quartiersmanagements weiterhin ein Gebiet mit großen sozialen Spannungen.
Geprägt wird es durch eine durchgängige Blockrandbebauung und eine sehr hohe Bebauungsdichte im Altbaubestand
ohne Grün- und Freiflächen.
Der bereits jetzt vorhandene Verkehr stellt eine
große Belastung der Anwohner durch den Durchgangsverkehr dar, da sich durch die
Lage des Gebiets eine Durchfahrung zur Vermeidung der überlasteten
Hauptverkehrsstraßen Columbiadamm/Flughafenstraße und Hermannstraße anbietet.
Das Gebiet ist mit eklatanten Defiziten im
Bereich der Versorgung mit Kindertagesstätten gekennzeichnet. Neben den
Versorgungsdefiziten verfügen selbst die wenigen vorhandenen Kitas nicht über
die vorgeschriebenen Freiflächen.
Die in diesem Einzugsbereich liegende Karl-Weise-Grundschule
hat die Grenze ihrer Belastbarkeit überschritten. In Ermangelung von
Freiflächen für den Neubau einer Grundschule (und der dazugehörigen
finanziellen Mittel) wurde es erforderlich, auf einer Fläche des Sportgeländes
der Jahn-Sporthalle mit Sportplatz am Columbiadamm einen sogenannten
Erweiterungsbau zu errichten. Die mobile Unterrichtseinheit wurde 2008 fertig
gestellt und zum neuen Schuljahr in Betrieb genommen.
Das Gebiet Schillerpromenade sowie der gesamte
Altstadtbereich von Neukölln verfügt über keine siedlungsnahen Grünflächen.
Auch bei Spiel- und Sportflächen ergeben sich erhebliche Defizite bei der
Versorgung. Das
Defizit an Jugendfreizeiteinrichtungen (-auch nach zwischenzeitlicher Errichtung
und Inbetriebnahme zweier Jugend- und Kindereinrichtungen-), an Sport- und
Spielplätzen, beträgt allein für den Bereich Schillerpromenade insgesamt ca. 20 ha; die neu im FNP dargestellte
Baufläche beträgt ca. 27. ha!
In der Nachbarschaft eines solchen Gebietes ist eine weitere
Verdichtung durch eine Neubaufläche mit hohem Nutzungsmaß nicht vertretbar, da
hier neuer Infrastrukturbedarf verursacht wird, der auch im eigenen
Neubaugebiet befriedigt werden muss. Eine noch so geringe Aussicht, die bereits
vorhandenen eklatanten Defizite in allen Bereichen der Infrastruktur
grundlegend abbauen zu können ist damit ausgeschlossen.
Bei einer Wohnbaufläche W2 mit einer GFZ-Obergrenze von 1,5
muss davon ausgegangen werden, dass Geschosswohnungsbau der unterschiedlichsten
Prägung angesiedelt werden kann, u. a. auch eine blockähnliche Bebauung, wie
sie im „Schillerpromenaden-Kiez“ bereits vorhanden ist. Gerade
diese Art der Bebauung ist hier unter allen Umständen zu vermeiden. Das ehemalige
Planungsziel, das angrenzende Schillerpromenaden-Quartier durch andere
Wohnformen und Bewohnerstrukturen zu stabilisieren und aufzuwerten wird dadurch
nicht erreicht. Für den Wohnungsbau kommt somit allenfalls eine aufgelockerte
Form, z. B. „Wohnpark“ in etwa zweigeschossiger Bauweise mit
großzügiger Gründurchwegung und den erforderlichen Infrastrukturflächen in
Frage.
Die derzeit für das Gebiet der Schillerpromenade
vorbereitenden Untersuchungen für ein möglicherweise festzusetzendes
Sanierungsgebiet ( - wohl auf Grund der Neuplanung auf dem Tempelhofer Feld,
denn einmal wurde ein Sanierungsgebiet bereits verworfen - ) könnte hier nur
unwesentliche Verbesserungen schaffen, aber keine Abhilfe.
Wenn man all dieses in Betracht zieht und abwägt, kann man
nur bereits im Vorfeld durch eine geringere Bebauungsmöglichkeit der
Grundstücke richtungsweisend eingreifen, dies ist Sinn und Zweck des FNP.
Ich erwarte daher weiterhin eine Reduzierung der Baufläche
von W2 auf W3 (GFZ bis 0,8). Damit ist eine ausreichende Verwertung des
Grundstückes gegeben und mit den entsprechend dieser Ausnutzung möglichen
Wohnformen wird gleichzeitig der Lage zum Großstadtpark Rechnung getragen.
Wohnbauflächen (W2) südlich des Columbiadammes und
als Erweiterung des Änderungsverfahrens westlich des Volksparks Hasenheide
Eine Bebauung - nun auch zusätzlich als
Erweiterung des bisherigen Änderungsverfahrens dargestellt - rund um den
Volkspark Hasenheide, als sichtbarer Riegel zwischen die vorhandenen
Grünflächen von Friedhof, Hasenheide und zukünftiger „zentralen
Parklandschaft Tempelhofer Feld“ gesetzt, wird von mir strikt abgelehnt.
Ich verweise auch hier auf die o. g. BVV-Beschlüsse, die unsere planerischen
Argumente aus bezirkspolitischer Sicht unterstützen.
Dass die bisherige(?) und zukünftige Darstellung
der Bauflächen sich dabei an einer „Zuordnung zu den bestehenden bebauten
Gebieten und der Nutzung der vorhandenen Erschließungen durch Straßen und
Einzugsbereiche des öffentlichen Nahverkehrs orrientieren“ ist nur aus
der Sicht überregionaler Stadtplanung zu verstehen, die sich nicht an
bezirklichen Belangen orientieren muss. Die gesamte Infrastruktur muss erst
einmal geschaffen werden! Auch die soziale Infrastruktur muss in beiden
Gebieten überwiegend eigenständig errichtet werden. Vorhandene Freiflächen
werden auch hier aufgegeben und als Baufläche dargestellt.
Für den gesamten Neuköllner Norden besteht nachweislich ein
Grünflächendefizit von 140 ha (!), das auch durch die veränderte Planung für
den Flughafen Tempelhof nicht aufgefangen wird, da dieser geplante Freiraum
allen Bürgern der Bezirke Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg,
Neukölln und darüber hinaus überregional zur Verfügung stehen wird. Eine
zusätzliche Wohnbebauung auf diesen Flächen ist daher untragbar.
Es sollte hier nicht die einmalige Chance vertan werden,
alle vorhandenen Grünflächen rund um die Hasenheide, die ebenfalls nicht nur
von der Neuköllner Bevölkerung sondern bekanntermaßen überregional genutzt
wird, zu erhalten und mit dem geplanten „stadtklimatisch bedeutsamen
Grünraum“ auf dem Tempelhofer Feld großzügig zu verbinden.
In meiner letzten Stellungnahme habe ich bereits
betont, dass der Zeitpunkt des städtebaulichen Wettbewerbs für das Gelände m. E.
verfrüht war. Das sogenannte „Columbia-Quartier“ wurde aus dem
Zusammenhang der Gesamtplanung des FNP-Änderungsbereiches gerissen, ohne eine
endgültige Entscheidung und damit eine einvernehmliche Einigung mit den
Bezirken zum Abschluss des Änderungsverfahrens abzuwarten. Das sogen.
Lilienthal-Quartier wurde ohne in den Vorbesprechungen eindeutig benannt zu
werden in das Verfahren einbezogen. Es ist wohl nicht im Sinne eines
Änderungsverfahrens, noch dazu mit diesen stadtpolitischen Auswirkungen, in das sowohl die Bezirke als auch
die Öffentlichkeit rechtlich eingebunden werden müssen, Bauflächen bereits vor
Abschluss des Verfahrens einseitig als festgelegt zu betrachten.
Sicher wird die Konkretisierung der Planung nur
eine schrittweise Entwicklung für viele Jahre bedeuten, die bezirklichen
stadtplanerischen Erkenntnisse und Vorstellungen für die Zukunft wurden dabei
jedoch bisher völlig übergangen. Und die Erhöhung des Nutzungsmaßes am
Columbiadamm sowie die Konkretisierung der stadtstrukurellen Verbindung
zwischen den Stadtquartieren mit den Ergebnissen aus dem städtebaulichen
Ideenwettbewerb zu begründen, unterstützt diese Einstellung; durch die Vorgaben
der Senatsverwaltung zu diesem Wettbewerb wurde dieses Ergebnis erst erreicht.“
Der dritte Unterpunkt des Beschlusses bezieht sich im Falle der
Bebauung auf die Schaffung von Wohnraum, der für breite Schichten der
Bevölkerung bezahlbar ist. Hierauf hat das Bezirksamt Neukölln von Berlin
keinerlei Einflussmöglichkeiten. Ob vom Senat eine ähnliche Förderkulisse wie die bereits abgeschaffte 1. Förderung zur Schaffung
von sozialem Wohnungsbau ins Leben gerufen wird, kann nur zum Zeitpunkt der
Bebauung beurteilt werden. Das Bezirksamt schließt sich der Auffassung der
Bezirksverordneten-versammlung zur Schaffung von Wohnraum, der für breitere
Schichten der Bevölkerung bezahlbar ist, an, jedoch wird dies stark von den
hier auftretenden Investoren bzw. den Marktverhältnissen ankommen.
Das Bezirksamt sieht damit den Beschluss als erledigt an.