#erkenneRassismus Teil 3: Kinder und Rassismus

Rassismus ist eine strukturelle Form der Diskriminierung und in unserer Gesellschaft verankert. Kinder und Jugendliche aus Familien mit Migrationsgeschichte erleben Rassismus in ganz alltäglichen Situationen: Im Kindergarten, in der Schule, im Sportverein, auf dem Spielplatz. Er kann von anderen Kindern ausgehen, aber auch von Eltern, Lehrer:innen oder anderen Erwachsenen. Eine Form des Rassismus, die schon die Kleinsten betrifft, ist „Othering“. Damit ist gemeint, dass Menschen als „anders“ als die dominante Gruppe markiert werden – verknüpft mit bestimmten Merkmalen wie Hautfarbe, Haare oder Herkunftsland der Eltern. Während die dominante Gruppe für sich „Normalität“ reklamiert, wird Betroffenen beim „Othering“ vermittelt, dass sie nicht dazu gehören.1

„Wo kommst du denn wirklich her?“

7 von 10 Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund – sowie alle Kinder und Jugendlichen mit dunkler Hautfarbe – sehen sich immer wieder mit Alltagsrassismen konfrontiert. Das geht aus einer Studie hervor, die das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk durchgeführt hat. Dafür wurden 1.461 Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 19 Jahren nach ihren Erfahrungen mit Alltagsrassismen befragt. 40% der Befragten mit Zuwanderungsgeschichte gaben an, dass ihnen schon die Frage gestellt wurde: „Wo kommst Du denn eigentlich wirklich her?“, 24% wurden schon für ihre Deutschkenntnisse gelobt, 16% mussten sich sagen lassen, dass sie „dahin zurück“ sollen, wo sie „herkommen“. Das sind klassische Beispiele für Othering.2

Je älter Kinder werden, desto häufiger erfahren sie Alltagsrassismus. Die immer wiederkehrende Konfrontation mit diskriminierenden Aussagen und Handlungen kann psychische und körperliche Folgen haben. Durch den kontinuierlichen Rassismus wird es betroffenen Kindern schwergemacht, sich auf das Lernen zu konzentrieren und sich in einem positiven Klima weiterzuentwickeln.3

Videospiel-Charakter

Selbstwertgefühl aufbauen

Wer von Rassismus betroffen ist, erlebt kontinuierlich eine Verletzung des Selbstwertgefühls. Eltern können ihre Kinder davor schützen: Vermittelt man Kindern Positives, das mit der Herkunftskultur verbunden ist, können sie Stolz und Selbstbewusstsein aufbauen und sich vor Fremdzuschreibungen schützen. Wichtig ist es auch, mit Kindern über Diskriminierungserfahrungen zu sprechen. Dadurch wird ihnen vermittelt, dass Rassismus ungerecht und nicht akzeptabel ist.4

Waage

Max und Murat

Eine Studie der Universität Mannheim zeigt, dass angehende Lehrkräfte schlechtere Diktat-Noten für Schüler:innen mit „ausländischen“ Namen vergeben, obwohl die Anzahl von Fehlern in den Diktaten gleich war. Ausschlaggebend für die unterschiedliche Benotung war offenbar allein der Name der Schüler: Während die eine Gruppe ein Diktat von „Max“ benotete, erhielt die andere Gruppe ein identisches Diktat, allerdings von „Murat“.5

Übersicht zur Frage, wer beleidigt: 71% Mitschüler:innen, 7% fremde Menschen, 8% jemand im öffentlichen Raum,6% (andere Jugendliche), 5% Gegenspieler:innen beim Sport, 5% Nachbarschaft, 5% ältere Kinder, 4% Fremder im Zusammenhang Gaststätte/Party/Bar, 1% Verkäufer:in, 1% Freund:in, 1% (andere) Männer, 1% Busfahrer, 3% Weiß ich nicht mehr,

71% der rassistischen Beschimpfungen, die Kinder/Jugendliche erleben, kommen von anderen Heranwachsenden.

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Weitere Informationen

Fußnoten

1 Othering: Canales M. K. (2000). Othering: toward an understanding of difference. Adv Nurs Sci (22), 16-31.
2 Maya Götz (Hrsg.). „Wenn Du mich noch einmal ‚braune Schokolade‘ nennst!“ Das Erleben von Alltagsrassismus bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. IZI, 2021.
3 Nguyen, Toan Quoc (2013). „Es gibt halt sowas wie einen Marionettentäter.“ Schulisch-institutionelle Rassismuserfahrungen, kindliche Vulnerabilität und Mikroaggression. Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 36(2), 20-24.
4 Madubuko, Nkechi. (2017). „Empowerment als Erziehungsaufgabe: Verarbeitungsstrategien gegen Rassismuserfahrungen von binationalen Kindern und Jugendlichen. In K. Fereidooni & M. El (Hrsg.), Rassismuskritik und Widerstandsformen (S. 797-815). Wiesbaden: Springer Fachmedien.
5 Meike Bonefeld und Oliver Dickhäuser: (Biased) Grading of Students’ Performance: Students’ Names, Performance Level, and Implicit Attitudes, Drontiers in Psychology, Juni 2018. / Maya Götz (Hrsg.). „Wenn Du mich noch einmal ‚braune Schokolade‘ nennst!“ Das Erleben von Alltagsrassismus bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. IZI, 2021.

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