Diskussionskultur

  • Frage: „Was ist dein Problem… wenn dein Onkel online neue Freunde findet“ mit Illustration eines UFOs und der Bestätigung, dass „OnkelBernd1968“ der Online-Diskussionsgruppe „FlatEarthersBerlin“ beigetreten ist.
  • Text: „Gleichgesinnte zu finden ist schön. Aber wenn die Gemeinschaft auf Verschwörungserzählungen beruht, wird es schnell gefährlich. Diese liefern einfache Erklärungen und Sündenböcke für komplexe Krisen. Sie verbreiten Falschinformationen, stärken Feindbilder und gefährden den demokratischen Austausch. Verschwörungsmythen sind politisch #echtjetzt“

Verschwörungsmythen

»Nichts ist, wie es scheint.« »Wir werden von mächtigen Akteuren kontrolliert, die im Geheimen über uns regieren.« So oder so ähnlich klingen Verschwörungserzählungen. Dabei werden Gegentheorien zu aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder historischen Ereignissen entwickelt. Das kann schnell gefährlich werden.

Typisch für Verschwörungserzählungen: Sie liefern einfache Erklärungen für schwer greifbare Ereignisse. Für sie gibt es nur das Gute oder das Böse. Damit geben sie vermeintlich Halt. Aber manche Dinge sind eben nicht einfach. Unsere Welt – und unsere Probleme – sind sehr komplex.

Verschwörungserzählungen finden immer schnell Schuldige für ein Problem – Sündenböcke oder geheim wirkende Mächte. Aus ihrer Sicht geschieht nichts zufällig oder ohne Absicht.

Verschwörungserzählungen vermischen Realität und Fiktion. Vernunft und Schwurbelei. Sie sind ein Sammelbecken für gezielte Falsch- und Desinformationen, vermitteln Feindbilder und stellen die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage. Antisemitismus, Rassismus, Sexismus oder Homophobie sind oft Teil ihrer Erklärungsmodelle.

Menschen, die Verschwörungserzählungen teilen, stellen sich oft als »aufgewacht« dar. Sie empfinden sich als Elite, weil sie angeblich das Problem erkannt und die Lösung gefunden haben. Zu einem Gespräch sind sie meist nur mit Gleichgesinnten bereit.

Wenn Ihnen eine Antwort auf eine komplexe Frage oder Ereignis zu simpel vorkommt oder nicht ganz schlüssig wirkt: prüfen Sie die Quellen. Woher kommt die Information? Ist die Lösung vielleicht doch nicht so eindeutig? Auch Freund:innen, Familie oder Beratungsstellen können helfen, schwierige Themen zu verstehen.

Im öffentlichen Raum sollten Verschwörungserzählungen nicht unwidersprochen bleiben. Der direkte Widerspruch, eine Frage nach der Quelle für eine Behauptung oder ein Hinweis auf korrekte Infos sind wichtig, damit sich solche Erzählungen nicht verfestigen.

Foto von Giulia Silberberger mit Zitat: "Fake News und Verschwrungserzählungen schüren Hass, Zorn und Angst. Damit fördern sie Radikalisierung."

Giulia Silberberger betont, dass Fake News und Verschwörungserzählungen die Grundfesten unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft bedrohen. Oft erlebt sie in Gesprächen oder Workshops, dass Menschen das Hintergrundwissen für eine echte Diskussion fehlt. Statt Fakten geben Gefühle die Gesprächsrichtung vor.

Als Sektenaussteigerin hat Giulia Silberberger selbst erlebt, was es mit Menschen macht, in destruktiven Gruppen und ihren Ideologien gefangen zu sein. Darüber aufzuklären und die Handlungsfähigkeit der Bevölkerung im Umgang mit Desinformation und Verschwörungsglauben zu stärken, ist ihre Berufung und Leidenschaft.

Giulia Silberberger ist CEO von »Der goldene Aluhut«, einer gemeinnützigen Organisation aus Berlin, die sich der Aufklärung über Verschwörungserzählungen und Fake News verschrieben hat. Ihr Motto ist »MAKE FACTS GREAT AGAIN!«

Wie antworte ich auf nervige Kommentare?

  • Text: "Don't feed the troll. Wie antworte ich auf nervige Kommentare?" mit schmpfenden Emoticons und Clown-Emoticon.
  • Text: "Nervige Diskussionen gibt es in jeder Kommentarspalte - wenn Personen destruktiv oder feindselig werden, möchtest du manchmal am liebsten zurückpampen. Was du stattdessen tun kannst, erfährst du hier." mit schimpfenden Emoticons.
  • Text: "Stay calm and .. carry on. Dich in eine hitzige Diskussion zu verwickeln, tut zuletzt auch dir nicht gut. Atme kurz durch und über-lege, ob sich eine Antwort wirklich lohnt." mit wütendem und freundlichem Emoticon.
  • Text: "Beim Thema bleiben. Eine beliebte Ablenkungsstrategie in Diskussionen ist „Whataboufism". Der Begriff stammt vom englischen „What about... ? (dt: „Und was ist mit...?") ab. Das Thema wird gewech-selt, ohne auf Argumente einzugehen. Lenke einfach zum eigentlichen Thema zurück." mit skeptisch prüfendem Emoticon.
  • Text: "Digitale Zivilgesellschaft. Wenn dir Hate Speech begegnet, kannst du dich mit den Betroffenen solidarisieren. Du kannst der Hassrede in einem öffentlichen Kommentar widersprechen oder Betroffenen eine private Nachricht schreiben." mit drei gereckten Fäusten.
  • Text: "Kommentare melden/löschen. Wenn die Kommentare beleidigend oder diskriminierend sind: Lösch den Kommentar entweder selbst oder melde ihn. Das geht auch mit ganzen Beiträgen. Straftaten kannst du bei der Polizei anzeigen - auch online." mit schimpfendem Emoticon, das in eine Mülltonne wandert.
  • Text: "Diskussionskultur ist politisch. #echtjetzt"
In den Social Media begegnen uns in Diskussionen Phänomene, die im realen Leben meist weniger stark ausgeprägt sind, da die Menschen anonym unterwegs sein können:
  • Whataboutism
    …ist eine verbreitete Ablenkungstaktik. Eine Person lenkt vom Thema ab, indem sie es für unwichtig erklärt oder ganz wechselt.
  • Hate Speech
    ist ein Begriff für Äußerungen, die Einzelne oder Gruppen angreifen, beleidigen oder diskriminieren, zum Beispiel aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Sexualität oder ihres Geschlechts.
So können Sie auf diese Verhaltensweisen reagieren:
  1. Bleiben Sie ruhig.
  2. Lenken Sie das Gespräch zurück zum Thema.
  3. Unterstützen Sie Personen, die angegriffen werden.
  4. Zeigen Sie strafrechtlich relevante Aussagen an – das geht auch online.

Diskussionstricks aushebeln

Haben Sie schon mal mit jemandem gesprochen, der:die ständig das Thema wechselt, anstatt auf Ihre Argumente einzugehen? Wenn Ihr Gegenüber eine inhaltliche Diskussion unmöglich macht, kann das schwarze Rhetorik sein. Im Video zeigen wir Ihnen drei rhetorische Griffe, mit denen Gespräche zielgerichtet sabotiert werden – oft ohne, dass man es direkt merkt.

Quelle: Lokaler Server
Formate: video/mp4

Das können Sie bei Whataboutism, False Balance und geladenen Fragen tun:

  • Taktik erkennen: Wenn Sie bemerken, dass Ihr:e Gesprächspartner:in eine der Techniken verwendet, nehmen Sie sich einen Moment, um darüber nachzudenken, wie Sie am besten reagieren können.
  • Taktik benennen: Das kann dazu beitragen, die Taktik zu entlarven und den Fokus zurückzubringen.
  • Auf das ursprüngliche Thema fokussieren: Lassen Sie sich nicht ablenken und bringen Sie das Gespräch zum ursprünglichen Thema zurück. Bei Whataboutism können Sie z.B. sagen: »Das ist auch ein wichtiges Thema, aber mir ging es um etwas anderes.«
  • Ruhig und höflich bleiben: Versuchen Sie, auch wenn die Diskussion hitzig wird, das Gespräch auf einer sachlichen Ebene zu halten.
  • Grenzen: Wenn das Gespräch unangemessen oder respektlos wird oder es Ihnen nicht gut damit geht, so beenden Sie es. Sie können z.B. sagen: »Auf diese Art möchte ich nicht mit dir diskutieren.«
Foto von Sonja Marzock von Entschwört mit Zitat: "Die Verbindung von Antisemitismus und Verschwörungsideologie ist vielen nicht klar."

Als Sozialwissenschaftlerin sieht Sonja Marzock die gesellschaftspolitischen Entwicklungen mit Sorge. Nicht nur hat sich das Sagbarkeitsfeld nach rechts verschoben, auch antisemitische Verschwörungsmythen haben sich stark verbreitet.

Als Beraterin bekommt Sonja Marzock täglich mit, wie Familien gespalten sind und teils in verschiedenen Realitäten leben. Es belastet viele Angehörige, dass ihre Eltern oder Geschwister außerhalb eines demokratischen Miteinanders zu leben scheinen und antisemitische oder rassistische Verschwörungsmythen teilen.

Sonja Marzock ist Projektleiterin von »entschwört. Beratung zu Verschwörungsmythen im persönlichen Umfeld«. Entschwört unterstützt Angehörige und das persönliche Umfeld im Umgang mit Konflikten rund um Verschwörungsglaube. Zudem bieten sie in Kooperation mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin (MBR) Workshops für Teams und Projekte an.

Foto von Judith von der Organisation HateAid mit Zitat: "Die gesellschaftliche Bedeutung von digitaler Gewalt wird nach wie vor unterschätzt"

Hate Speech

»Es gibt Menschen, die der Meinung sind, wir leben in einer gleichberechtigten Welt, online und offline. Wer sich näher mit den Erfahrungen betroffener Personen beschäftigt, wird schnell erkennen, dass dem nicht so ist.« Laut Judith von HateAid gibt es immer noch zu wenig Sensibilisierung bei digitaler Gewalt. Aus ihrer Sicht werden wichtige Aspekte der digitalen Gewalt von Strafverfolgungsbehörden bis hin zur breiten Öffentlichkeit unterschätzt.

Judith arbeitet als Betroffenenberaterin bei HateAid. Dort unterstützt sie Betroffene von digitaler Gewalt und ist besonders spezialisiert auf die Beratung von FLINTA (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen). Die gewaltvollen Inhalte gegenüber FLINTA sind meist sexualisiert, richten sich aufs Äußere und gehen unter die Gürtellinie. Für Judith ist wichtig, dass FLINTA sich aus den gesellschaftlichen Diskursen nicht verdrängen lassen und dafür die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

HateAid stärkt Menschenrechte im digitalen Raum. Die gemeinnützige Organisation möchte das Internet zu einem Ort machen, an dem wir einander mit Toleranz und Respekt begegnen – zu einem Ort, wo auch diejenigen ihre Stimme erheben, die gerade aus Angst schweigen.

Weiterführende Links & Literatur: