Senatoren Günther-Wünsch und Evers appellieren an GEW
Der Berliner Landesverband der Gewerkschaft GEW ruft zum 15. Mal zu Warnstreiks auf. Ziel sind Tarifverhandlungen für einen TV Gesundheitsschutz für Lehrkräfte.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie sowie die Senatsverwaltung für Finanzen teilen grundsätzlich die Zielsetzung, Arbeitsbelastungen der Pädagoginnen und Pädagogen zu reduzieren und gleichzeitig die Lern- und Lehrbedingungen zu verbessern.
Zu dem Streikaufruf der GEW ist allerdings das Folgende festzustellen:
Die von der GEW Berlin geforderten Tarifverhandlungen für einen TV Gesundheitsschutz für Lehrkräfte sind für das Land Berlin als Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) nicht umsetzbar, da die Aufnahme von Tarifverhandlungen ohne Zustimmung der TdL ein Satzungsverstoß wäre, der zum endgültigen Ausschluss des Landes Berlin aus der TdL führen könnte. Dies muss im allseitigen Interesse dringend vermieden werden.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat allerdings die neuerlichen Forderungen der GEW zum Anlass genommen, im Rahmen der nächsten Mitgliederversammlung der TdL nochmals zu eruieren, ob eine Bereitschaft besteht, den Mitgliedsländern künftig einen entsprechenden tarifrechtlichen Handlungsspielraum zu eröffnen. Dies wurde der GEW in einem Schreiben vom 28.09.2023 bereits mitgeteilt.
Dass die GEW trotz diesen Bemühungen weiterhin an ihrem Streik festhält, kann nur so interpretiert werden, dass die GEW Berlin versucht, einen derartigen Tarifvertrag außerhalb der Tarifgemeinschaft der Länder zu erzwingen und die Tarifgemeinschaft dadurch aufzuspalten. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass die GEW bundesweit als einzige Gewerkschaft eine Aufspaltung der Tarifgemeinschaft fordert.
Unabhängig von den Vorgaben der TdL ist eine Reduzierung der Klassengröße gegenwärtig faktisch nicht möglich. Auch wenn das Fehl zum Schuljahr 2023/2024 geringer ausfällt als zunächst prognostiziert, fehlen im Land Berlin trotz aller Bemühungen und erster Erfolge aktuell noch immer über 700 Lehrkräfte in Vollzeit, um den gegenwärtigen Bedarf abzudecken. Dieser Personalbedarf wird sich in den nächsten Jahren noch deutlich verstärken. Grund hierfür sind sowohl steigende Zahlen bei den Schülerinnen und Schülern, als auch Pensionierungen und sonstige Abgänge. Eine schnelle, einfache und vor allem einheitliche Lösung für diesen jahrelang gewachsenen, strukturellen Lehrkräftemangel wird es insbesondere bei anhaltendem, deutschlandweitem Fachkräftebedarf nicht geben. Der Senat arbeitet aber entschlossen daran, die Situation Schritt für Schritt zu verbessern.
Bereits ergriffene Maßnahmen des Senats
Um perspektivisch zu kleineren Klassengrößen zu kommen, bedarf es mehr Lehrkräfte und hierfür wiederum einer höheren Attraktivität des Lehrberufs. Hierzu hat der Senat in den ersten Monaten bereits folgende Maßnahmen ergriffen:
- Aufhebung der Steuerung von Lehrkräften im Rahmen von Einstellungskontingenten.
- Umsetzung der Lehrkräfteverbeamtung sowie des Nachteilsausgleichs für die Lehrer, die nicht verbeamtet werden können oder möchten.
- Zur Entlastung der Lehrkräfte von nicht-pädagogischen Aufgaben,
- Möglichkeit der Bildung multiprofessioneller Teams durch die Umwandlung freier Lehrkräftestellen in insgesamt elf Professionen, wie z.B. pädagogischen Assistenzen, Logopäden oder auch Ergotherapeuten.
- Anhebung der bisherigen Deckelung bei der Umwandlung freier Lehrkräftestellen in Verwaltungsleitungen.
- Verstärkung des IT-Supports an Schulen.
- Abschaffung der verpflichtenden MSA-Prüfungen an Gymnasien.
Am 14. Oktober findet der Berlin-Tag – Deutschlands größte Berufs- und Informationsmesse im Bildungsbereich – statt. In diesem Jahr erstmalig unter Beteiligung der Schulen in freier Trägerschaft und mit einem neuen Ausstellerrekord.
Darüber hinaus laden die Senatorinnen für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege sowie Bildung, Jugend und Familie die Präsidentinnen und Präsidenten der Berliner Hochschulen im November zu einem „Runden Tisch Lehrkräftebildung“ mit dem Ziel ein, gemeinsam nach Wegen zu suchen, um mehr junge Menschen für das Lehramt zu begeistern und die Anzahl derer zu erhöhen, die im Vorbereitungsdienst ankommen. Erörtert werden soll u.a. das Angebot dualer Studiengänge.
Weiterhin wird geprüft, inwiefern diese Maßnahmen durch eine Anpassung der Einstellungsvoraussetzungen für PKB-Lehrkräfte (Personalkostenbudgetierung), den Einsatz von Ein-Fach-Lehrkräften sowie eine schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse flankiert werden können.
Gleichzeitig setzt der Senat die Berliner Schulbauoffensive (BSO) fort und investiert in die Digitalisierung der Berliner Schulen, um eine moderne Ausgestaltung des Unterrichts im digitalen Zeitalter zu ermöglichen und den Schülerinnen und Schülern so die besten Startvoraussetzungen auf dem Arbeitsmarkt zu bereiten.
Vor dem Hintergrund dieser Bemühungen des Senats, gemeinsam die Situation an den Schulen zu verbessern, ist der erneute Streikaufruf unverständlich.
Dies gilt insbesondere, da die GEW im Juni – damit mitten in den Abiturprüfungen – gerade erst zu Streiks aufgerufen hatte. Ein erneuter Streik mit erneutem Entfall des Unterrichts nur kurz danach ist nicht nachvollziehbar
Der angekündigte Streik über eine Dauer von drei Tagen stellt außerdem eine erhebliche Belastung für den Lehrbetrieb dar und schadet damit sowohl Schülern und Lehrern, als auch Eltern, die kurzfristig Betreuungsmöglichkeiten organisieren müssen. Ein derartiger Eingriff in die Schulabläufe ist nicht verantwortbar und den Betroffenen nicht zu vermitteln.
Bildungssenatorin Katharina Günter-Wünsch und Finanzsenator Stefan Evers fordern die GEW daher – auch im Namen der betroffenen Schüler und Eltern – dazu auf, die Streiks bis auf Weiteres auszusetzen.
Dazu Finanzsenator Stefan Evers: „Das Vorgehen der GEW spricht für sich, aber nicht für sie. Entscheidend ist die Qualität einer Schule und nicht die Forderung nach unmöglichen Tarifverhandlungen. Unabhängig davon nutzt der Senat bereits alle Möglichkeiten zur Verbesserung der Personalsituation in den Schulen.“
Bildungssenatorin Katharina Günter-Wünsch: „Die Versorgung der Berliner Schülerinnen und Schüler mit gutem und verlässlichem Unterricht auf Höhe der Zeit erfordert eine ge-meinsame Kraftanstrengung. Der angekündigte Streik verschärft die Situation – zumal sich die Zielsetzung des Streiks außerhalb der Handlungsmöglichkeiten des Senats und vor allem außerhalb realistischer Umsetzung bewegt. Im Interesse der Schülerinnen und Schüler rufe ich die GEW auf, ihre Streikankündigung nochmals zu überdenken. Vielmehr lade ich die GEW ein, sich bei den ernsthaften Anstrengungen des Senats, die Situation an den Schulen kontinuierlich zu verbessern, einzubringen.“