Das Land Berlin befindet sich mitten im demografischen Wandel: Bis 2031 werden voraussichtlich knapp 40.000 Beschäftigte – jedes Jahr durchschnittlich etwa 4.000 Beschäftigte – altersbedingt aus dem Landesdienst ausscheiden. Das sind rund 30 Prozent.
Besonders groß sind der Bedarf und Handlungsdruck bei der Gewinnung von Fachkräften in so genannten Engpassberufen. Dazu zählen allen voran die drei Bereiche „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“, „Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik“ sowie „Naturwissenschaft, Geografie und Informatik“. Besonders hervorzuheben sind hier die Berufsgruppen der Lehrkräfte, des Verwaltungsdienstes, des Vollzugsdienstes der Polizei, der Erzieherinnen und Erzieher sowie der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Das geht aus dem Bericht über Engpassberufe in der Berliner Verwaltung hervor, den Finanzsenator Daniel Wesener heute vorgestellt hat.
Finanzsenator Wesener: „Das Land Berlin steht vor der großen Herausforderung, seinen hohen Personalbedarf angesichts des demografischen Wandels und der gestiegenen Anforderungen an die öffentliche Verwaltung auch zukünftig decken zu können. Umso wichtiger ist die Standortbestimmung mit dem aktuellen Bericht, der in dieser Form auch gänzlich neu ist. Zu wissen, wo es künftig knirschen und haken wird, hilft dabei, frühzeitig gegenzusteuern und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass das Land Berlin trotz der zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen die notwendige Power bei der Personalgewinnung und -bindung von Nachwuchs- und Fachkräften entfalten kann. Das belegen die kontinuierlich gestiegenen Beschäftigtenzahlen der vergangenen Jahre: von 112.324 im Jahr 2013 auf 130.418 im Jahr 2022.“
Dieser Erfolg beruht vor allem auf der eigenen Nachwuchsarbeit. Das Land Berlin ist größter Ausbildungsgeber der Region: Im unmittelbaren Landesdienst befinden sich durchschnittlich rund 10.000 Beschäftigte in der Ausbildung. Hinzu kommt, dass jungen Menschen bereits frühzeitig Orientierung beim beruflichen Einstieg geboten wird.
Ein Beleg hierfür ist die crossmediale Kampagne MACH WAS DU WILLST, ABER MACHS MIT UNS. Die Kampagne wurde im vergangenen Jahr innovativ zu einer Roadshow erweitert. Ein ausgebauter Elektro-Bus tourte als mobile Berufsberatung von September bis Oktober mit unterschiedlichen Veranstaltungsformaten durch Berlin. An diesen Erfolg soll 2023 mit der Fortsetzung der Tour angeknüpft werden.
Neben der frühzeitigen Ansprache und Bindung von Nachwuchskräften kommt es auf den Ausbau der Ausbildungskapazitäten an. Hierzu zählen sowohl verbesserte Rahmenbedingungen für die Praxisanleitung als auch verstärkte Kooperationen mit den Hochschulen bei dualen Studiengängen für Engpassberufe. Hinzu kommt die Erweiterung des Kreises der Bewerbenden durch gezielte Erleichterungen beim Quereinstieg und berufsgruppenspezifische Anreize wie zum Beispiel die Fachkräftezulage für Ärzt*innen, IT-Expert*innen und Ingenieur*innen.
„Dass sich so viele Menschen für einen Job in der Berliner Verwaltung entscheiden, hat Gründe: Das Land Berlin punktet mit sicherer Beschäftigung, guter Bezahlung, beruflichen Perspektiven und der besseren Vereinbarkeit von Familie Pflege und Beruf, aber auch mit der – unbezahlbaren – Möglichkeit, sich aktiv für das Gemeinwohl zu engagieren. An diese Stärken müssen wir anknüpfen, wenn wir die Leistungsfähigkeit der Verwaltung steigern wollen. Konkret heißt das: Die Attraktivität als Arbeitgeber kontinuierlich erhöhen, Quereinstiege erleichtern, Ausbildungskapazitäten weiter ausbauen und Nachwuchskräfte frühzeitig binden“, so Wesener.
Im Bereich Arbeitgeberattraktivität ist das Land Berlin bereits als Pionier unterwegs: Sei es der wichtige Aspekt der Chancengerechtigkeit und einem diskriminierungsfreien und wertschätzenden Umgang; sei es ein breites Angebot zeitgemäßer und flexibler Arbeitszeitmodelle. Zielstellung muss eine landesweite und behördenübergreifende Arbeitskultur sein, die veränderten Lebens- und Erwerbsmustern von Frauen und Männern gerecht wird und familiäre Verpflichtungen als Selbstverständnis sieht.
Die Personalgewinnung ist eines der wichtigsten Gegenwarts- und Zukunftsthemen und steht dementsprechend ganz oben auf der personalpolitischen Agenda. Umso bedeutsamer ist die mit dem aktuellen Bericht vorgenommene Analyse für die effiziente Steuerung und Verzahnung aller dezentralen und zentralen Maßnahmen und Kampagnen.
Der Bericht geht im ersten Teil auf wesentliche Begriffsdefinitionen ein. Beschrieben werden auch Einflussfaktoren auf die Fachkräftesituation (Demografie, Arbeitsmarktentwicklung, Personalfluktuation, Arbeitgeberattraktivität) und Rahmenbedingungen im Land Berlin (Beschäftigungsstruktur, Personalfluktuation, Arbeitgeberattraktivität). Im zweiten Teil werden die Analyseergebnisse vorgestellt. Diese basieren auf der Auswertung bereits vorliegender Daten zu Altersstrukturen und der Erhebung fachberufsspezifischer Personalkennzahlen.
Die Senatsverwaltungen und Bezirksämter wurden zu diesem Zweck im August 2021 aufgefordert, konkrete Kennzahlen für bestimmte Fachberufsgruppen zuzuliefern. Erforderlich waren:
• Erhebung des Ist-Personalbestand in ausgewählten Fachberufsgruppen (2021 bis 2027),
• Erhebung der Stellenbesetzungsquoten in ausgewählten Fachberufsgruppen für 2020.
Die empirischen Daten sind für die weitere Entwicklung und Priorisierung von Instrumenten der Personalgewinnung eine wichtige Grundlage. Zugleich ermöglichen diese Daten Aussagen zur Korrelation von unbesetzten Stellen und Engpass-Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt.