Das Land Berlin kann in den Jahren 2022 und 2023 mit zusätzlichen Einnahmen rechnen. Das geht aus den regionalisierten Ergebnissen der aktuellen Steuerschätzung hervor, die seit diesem Freitag vorliegen. Allerdings stehen den Zuwächsen beim Steueraufkommen erhebliche neue Belastungen und schwer abwägbare Risiken gegenüber.
Nach den Berechnungen werden für Berlin Steuereinnahmen von rund 26,7 Milliarden Euro im Jahr 2022 und von rund 27,5 Milliarden Euro im Jahr 2023 erwartet. Gegenüber dem Haushaltsentwurf ergibt sich damit ein rechnerisches Mehraufkommen von rund 541 Millionen Euro im Jahr 2022 und rund 789 Millionen Euro im Jahr 2023.
Finanzsenator Daniel Wesener: „Das Ergebnis der aktuellen Steuerschätzung ist etwas besser als die Vorhersage im November, und das deutet zumindest auf eine erfreuliche Tendenz. Aber wir sollten uns nicht täuschen lassen. Der Ukraine-Krieg, die Folgen der Pandemie und anhaltende Lieferketten-Probleme bleiben Risiken mit erheblichen Folgewirkungen für die öffentlichen Haushalte. Hinzu kommt die Inflation mit steigenden Preisen. Dadurch nimmt der Staat zwar auch mehr ein. Er hat aber zugleich höhere Ausgaben. Noch nie waren die Unsicherheiten so hoch, wie zum Zeitpunkt dieser Steuerschätzung.“
So wird der Haushalt 2022/2023 stärker belastet durch die Kosten für die Unterbringung und Integration der Geflüchteten aus der Ukraine. Im Jahr 2022 werden sie für das Land voraussichtlich 260 Millionen Euro betragen, im Jahr 2023 belaufen sie sich auf voraussichtlich 230 Millionen Euro. Erhebliche Mehrkosten ergeben sich außerdem aus den gestiegenen Energiepreisen, insbesondere für die Beheizung der öffentlichen Gebäude in Berlin (70 bzw. 260 Millionen Euro 2022/2023).
Darüber hinaus wurden auf Bundesebene diverse steuerliche Erleichterungen beschlossen oder in Aussicht gestellt, unter anderem die Energiepreispauschale oder die sogenannte Superabschreibung. Deren Auswirkungen auf die Länderhaushalte sind noch nicht absehbar, dürften aber in jedem Fall mit erheblichen Mindereinnahmen verbunden sein. Nach Berücksichtigung der Mehrkosten ergibt sich für Berlin ein rechnerisches Mehraufkommen von rund 211 Millionen Euro im Jahr 2022 und von rund 299 Millionen Euro im Jahr 2023.
Finanzsenator Wesener: „Die höheren Steuereinnahmen bedeuten nicht automatisch, dass sich Berlin auch mehr leisten kann. Im zweiten Halbjahr dürften die Folgen von Krieg und Inflation noch stärker auf die Einnahmen der öffentlichen Hand durchschlagen. Deshalb gilt unverändert: Berlin muss haushaltspolitisch Maß halten und seine Mehrausgaben begrenzen.“
Grundlagen der Steuerschätzung:
Grundlage der Steuerschätzung war die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung 2022. Nach dieser wird ein reales BIP-Wachstum von 2,2% in diesem Jahr und 2,5% im Jahr 2023 erwartet. In nominaler Betrachtung entspricht dies einem BIP-Wachstum von 6,3% (2022) und 5,2% (2023).
Für Berlin wurden die zum Zeitpunkt der Mai-Steuerschätzung 2022 absehbaren Steuerrechtsänderungen berücksichtigt, die teilweise in diesen Tagen in Bundestag und Bundesrat beraten werden. Dies betrifft vor allem die kurz vor dem Abschluss der Gesetzgebungsverfahren stehenden Vorhaben (4. Corona-Steuerhilfegesetz, 2. Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung, Steuerentlastungsgesetz 2022), die geschätzten Auswirkungen der Anhebung des steuerlichen Existenzminimums und der Abmilderung der kalten Progression sowie die Zusage des Bundes, den Ländern im Jahr 2022 einen Umsatzsteuerfestbetrag in Höhe von 2 Mrd. € im Zusammenhang mit der Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Insgesamt wirken sich die Rechtsänderungen für Berlin mit rund -489 Mio. € im Jahr 2022 und mit -569 Mio. € im Jahr 2023 aus.