Mit »Briefe aus der Hölle« hat der Regisseur Andreas Weiser ein Hörspiel geschaffen, das auf Augenzeugenberichten von Mitgliedern des jüdischen »Sonderkommandos Auschwitz« basiert und damit ein besonders erschütternden Kapitel des Holocaust dokumentiert. Das Werk wurde nun mit dem Robert-Geisendörfer-Preis ausgezeichnet. Im Juni dieses Jahres hat die Produktion von hr2-kultur im Mittelpunkt einer Veranstaltung der Berliner Landeszentrale für politische Bildung gestanden.
Salmen Gradowski, Lejb Langfuss, Herman Strasfogel, Salmen Lewenthal, Marcel Najari und Abraham Levite waren Juden und hatten im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau die schreckliche Aufgabe, ihre eigenen Leute in die Gaskammern zu führen und die Leichen zu verbrennen. Ihre Beschreibungen der Qualen, des Mordens und der Entmenschlichung vergruben sie in kleinen Gefäßen auf dem KZ-Gelände. Ihre zwischen 1945 und 1980 gefundenen »Briefe aus der Hölle« hat der Historiker Pavel Polian im gleichnamigen, über 600 Seiten starken Buch gesammelt. Mit ihren detaillierten Berichten hatten diese sechs Männer Zeugnis abgelegt, um sich ihre Identität und Menschenwürde zurückzuerobern. Dieser Intention folgend hat der Musiker und Autor Andreas Weiser eine Auswahl der Dokumente für das Hörspiel getroffen und in eine zeitliche Reihenfolge montiert.
Andreas Weiser habe »mit seiner Radiokunst ein akustisches Mahnmal geschaffen«, heißt es in der Mitteilung der Jury, und damit »die leiseste und zugleich eindringlichste Begründung für das so oft proklamierte ‘Nie wieder!’« gegeben. Weil der Autor gerade in Brasilien an einem Film arbeitet, nahm die verantwortliche Redakteurin Cordula Huth den Preis zusammen mit seiner Ehefrau, der Sprecherin Nina Ernst, beim MDR in Leipzig entgegen. Sie übermittelte auch eine Grußbotschaft des Autors, in der er den Wunsch ausdrückt, dass »dieses Stück, dieser akustische Stolperstein, einmal vor dem gesamten, voll versammelten Bundestag bei einer seiner jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltungen zum Holocaust in voller Länge vorgespielt werden würde.«
»Briefe aus der Hölle« ist noch bis zum 9. November 2022 in der ARD Audiothek verfügbar.