Verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Jahre haben das schon immer vielfältige Feld der politischen Bildung weiter diversifiziert.
Das liegt unter anderem daran, dass lange nur wenige Menschen mit internationaler Geschichte gesellschaftliche und berufliche Positionen innehatten, von denen aus sie Gesellschaft mitprägen und ihre Kritik an Diskriminierung und Ungerechtigkeit sichtbar und hörbar machen können. Dies hat sich geändert. So auch im Feld der politischen Bildung: Mehr und mehr Organisationen sind aktiv und sichtbar geworden, die die Perspektiven und Interessen marginalisierter Gruppen vertreten. Durch sie gewinnen Bildungsansätze wie z. B. Empowerment und Rassismuskritik an Bedeutung.
Gleichzeitig hat eine Vielzahl an gesellschaftlichen und politischen Krisen zu einer Politisierung vieler Lebensbereiche geführt. Darum reflektieren verschiedene pädagogische Felder vermehrt ihr Verhältnis zum Politischen. Auch darum erweitert politische Bildung den Umfang ihres Bezugsgegenstandes. Es entstehen so diskursive und praktische Schnittstellen zwischen politischer Bildung und benachbarten pädagogischen Konzepten und Bildungsbereichen, wie zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, religiösen Bildung oder Menschenrechtsbildung. Auch die Jugendarbeit thematisiert in Theorie und Praxis die politische Bildung als gesetzlichen Auftrag neu. Hierdurch gelangen weitere pädagogische Grundannahmen, Praxismodelle und Begriffsverständnisse in den Fachdiskurs politischer Bildung.
Zunächst rechtsradikale Gewalt auf den Straßen, dann rechtspopulistische Erfolge in den Parlamenten, haben den demokratischen Staat aufgeschreckt. Mittels Extremismusprävention und sogenannter Demokratieförderung versucht er, den Entwicklungen pädagogisch zu begegnen. Es sind neue Organisationen, Netzwerke und Strukturen entstanden, die nur wenig Kontakt zur „alten“ politischen Bildung haben, jedoch starke Überschneidungen mit ihren Zielen, Themen und Formaten aufweisen.
Die Pluralität politischer Bildung ist eine Stärke. Doch sie benötigt Dialog, Kooperation, Transfer und Reflexion über gemeinsame fachliche Überzeugungen in den verschiedenen Praxisfeldern und zwischen verschiedenen Akteuren. Dies zu fördern, haben wir uns zur Aufgabe gemacht. Diesem Motto folgt auch unsere Fachtagung „Zusammen:denken – Politische Bildung im Plural“. Sie thematisiert die Frage, wie politische Bildung der Vielfalt unterschiedlicher Praxisfelder, institutionalisierter Settings, gesellschaftspolitischer Herausforderungen und Bedarfe von Adressat*innen gerecht werden kann. Im Fokus stehen Modelle und Konzepte, die verschiedene wissenschaftliche und praktische Schnittstellen politischer Bildung verbinden wollen. Diese Modelle und Konzepte stellen einen Kontrast zu den häufigen Abgrenzungsdebatten dar, die den Fokus auf das Trennende legen. Die Fachtagung möchte daher einen Raum für Transfer und einen offenen und konstruktiven Dialog über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Ansätze, Verständnisse und Modelle politischer Bildung schaffen.