Im öffentlichen Raum angesiedelte Versammlungen, auf denen die gesellschaftliche Gestaltung der Stadt öffentlich debattiert wird, stellen ein Kernelement der urbanen Demokratie dar. Beginnend mit der Agora der antiken Polis über die Barrikaden und Clubs der revolutionären Pariser Kommune vor genau 150 Jahren bis hin zum Human Mikrophone der weltweiten Occupy-Bewegung oder dem Refugee Camp auf dem Kreuzberger Oranienplatz haben öffentliche Versammlungen immer wieder zentrale Fragen des Städtischen basisdemokratisch verhandelt.
bq. Wir müssen nicht nur darauf insistieren, dass es materielle Voraussetzungen für öffentliche Versammlungen und Reden gibt, wir müssen auch die Frage stellen, wie diese Versammlungen und Reden die Materialität des öffentlichen Raums umgestalten, wie sie den öffentlichen Charakter dieser materiellen Umgebung hervorbringen und reproduzieren.“ (Judith Butler)
In diesem Sinne fragen wir nach den Voraussetzungen für solche Versammlungen, nach ihren Orten, Regeln und Wirkungen. Wer ist dort sichtbar und hörbar, wer eher nicht, wie werden Entscheidungen getroffen? Welche Rolle spielen städtische Institutionen, unter welchen Bedingungen und in welchen Formen entwickeln sich Versammlungen im öffentlichen Raum zu politischen Akten, die die Stadt verändern? Unsere Anlaufstelle ist der ‚Place International‘ in Hellersdorf, eine frühere Brache, die Künstler:innen gemeinsam mit langjährigen und neu angekommenen Anwohner:innen zu einem Ort der Begegnung und Versammlung entwickelt haben.
Über die Veranstaltungsreihe
In Städten wie Berlin wird nach Möglichkeiten und Grenzen des gemeinsamen Gestaltens der öffentlichen Räume, des kollektiven Konsums (Wohnen, Mobilität …) und der gesellschaftlichen und ökologischen Ressourcen gefragt: Wie lässt sich Stadt in ihrer Pluralität, Diversität und Dynamik als gemeinsamer Raum verstehen und gestalten? Wie können für alle Bewohner*:innen gleiche Rechte auf Teilhabe hergestellt werden?
bq. Ist mit dem realen Kommunismus alles, was gemein ist, verlorengegangen? Auf dieses ‚gemein‘ muss man zurückkommen: ‚gemein‘ in dem Sinne, was uns allen gleich ist, was wir alle teilen, was banal ist. Aber auch, was uns gemeinsam ist, was wir zusammen haben. Und was heißt eigentlich heute gemeinsam sein? (Jean-Luc Nancy in einem Interview 2007)
Gemeinsam mit Akteur*:innen aus Berlin, die fundamentale stadtgesellschaftliche Transformationen mit Blick auf neue Formen eines Miteinanders und einer allgemeinen Daseinsfürsorge erproben, wollen wir solche Fragen öffentlich ausloten. Wir gehen ihnen in einer Reihe von zunächst vier Veranstaltungen und einer daraus resultierenden digitalen Publikation unter den Schlagworten Straße, Versammlung, Eigentum und Umwelt nach.