Die Wahlen im Jahr 2024 haben erneut gezeigt, dass sich Grenzen des Sagbaren verschieben, menschenverachtende Ideologien und rechte Narrative zunehmen. Die Bedrohung von Demokratie und Menschenrechten wird immer deutlicher. Die Praxis der politischen Bildung und der Menschenrechtsbildung steht zwar nicht vor neuen, aber doch vor wachsenden Herausforderungen. Gleichzeitig gibt es Erfolge: Denn viele betroffene Menschen und zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen und verteidigen Demokratie und Menschenrechte.
Wir möchten zum Projektabschluss diese Herausforderungen und Erfolge näher in den Blick nehmen. Dazu haben wir İbrahim Arslan eingeladen. Er ist Überlebender des rassistischen Brandanschlags vom November 1992 in Mölln und ermutigt andere Betroffene zum Sprechen, geht als Zeitzeuge in Schulen und führt Workshops durch. Darüber hinaus hält İbrahim Arslan Kontakt zu zahlreichen anderen Betroffenen, etwa Angehörigen von Opfern des NSU und der Anschläge in Hanau und Halle.
Nach einem Impuls von İbrahim Arslan werden wir mit den Projektmitarbeitenden und einigen Critical Friends unseres Projekts den Blick auf weitere Themen der Transformation weiten wie Künstliche Intelligenz, Klimawandel und die Möglichkeiten inklusiver, dekolonialer und diskriminierungskritischer Bildungsarbeit. Wie müssen Strategien und Methoden der politischen Bildung und der Menschenrechtsbildung angepasst werden, um auch zukünftigen Herausforderungen und Transformationen gerecht zu werden?
Am Nachmittag werden verschiedene Workshops angeboten: Spezifische Herausforderungen für die politische Bildung in ländlichen Räumen werden thematisiert, sowie das Potenzial von Theater- und Körperarbeit für die Menschenrechtsbildung praktisch erforscht. In einem dritten Workshop werden neue Bildungsmaterialien zur Entstehungsgeschichte der Menschenrechte erprobt, die die Beteiligung von Personen aus dem Globalen Süden sichtbarer machen. Und schließlich wollen wir auch den Umgang mit Antisemitismus und Rassismus nach dem 7. Oktober 2023 in einem Workshop diskutieren.
Online-Abschluss-Veranstaltung des Projekts »Mit Menschenrechten Brücken bauen – Politische Bildung in Transformationsprozessen«
Programm
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ab 09.30 Uhr:
Einwahl in Zoom möglich
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10.00 Uhr:
Begrüßung
Josephine Akinyosoye und Sandra Reitz, Deutsches Institut für Menschenrechte -
10.10 Uhr:
Vorstellung des Awareness-Teams und des Awareness-Konzepts
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10.20 Uhr:
Impuls von Ibrahim Arslan im Gespräch mit Ceren Türkmen
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11.00 Uhr:
Reaktionen auf den Impuls (aus Panel und Publikum)
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11.30 Uhr:
Pause
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11.45 Uhr:
Panel-Diskussion zum Projektabschluss und Blick in die Zukunft- Josephine Akinyosoye, Projektteam, Deutsches Institut für Menschenrechte
- Simone Danz, Critical Friend und Professorin für inklusive Kinder- und Jugendhilfe an der Frankfurt University of Applied Sciences
- Thomas Gill, Critical Friend und Leiter der Berliner Landeszentrale für politische Bildung
- Judy Gummich, Critical Friend und u.a. Trainerin und Ausbilderin mit Fokus auf Menschenrechte, Inklusion und Diversity (angefragt)
- Sandra Reitz, Projektteam, Deutsches Institut für Menschenrechte
- Dîlan Terzi, Projektteam, Deutsches Institut für Menschenrechte (angefragt)
Moderation: Ceren Türkmen
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12.15 Uhr
Öffnung für Fragen und Kommentare der Teilnehmenden
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12.45 Uhr:
Mittagspause
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13.30 Uhr:
Workshop-Leitungen wählen sich ein
zur Rechtevergabe in Zoom und Erstellung der Breakout-Räume -
13.45 Uhr:
Workshops beginnen
a) Politische Bildung im ländlichen Raum (Cathleen Hoffmann, Miteinander e.V.):
In diesem Workshop werden spezifische Herausforderungen für die politische Bildung in ländlichen Räumen vorgestellt. Im Anschluss werden wir in den Austausch über Formate, Erfahrungen und Ideen gehen. Wir werden auch diskutieren, ob bzw. wie es Sinn macht, Menschenrechte in dieser Bildungsarbeit zu thematisieren. Dabei wird es abschließend auch einen Exkurs in das Themenfeld Rechtsextremismusprävention und die daraus resultierenden Besonderheiten im Rahmen der politischen Bildungsarbeit in ländlichen Räumen geben.b) Politische Bildung und Embodiment (Sebastian Fleary, Theaterpädagoge und Streetworker & Aki Krishnamurthy, Theater- und Tanzpädagogin):
Politische Bildungsarbeit bedient sich oft Methoden, die den verbalen oder verschriftlichen Austausch im Fokus haben. Auch wenn zunehmend Emotionen miteinbezogen werden, wird der Körper oft vernachlässigt – und dass obwohl unsere Körper eine zentrale Rolle bei der (Re-)Produktion & Transformation unterschiedlichster Machtverhältnisse und gesellschaftlicher Strukturen spielen. Gewaltverhältnisse und -erfahrungen, aber auch Überlebensstrategien sind transgenerational in unseren Körpern gespeichert. Gesellschaftliche Veränderungen müssen daher von und mit dem Körper gedacht werden.
In diesem Workshop möchten wir über einen kurzen praktischen Einstieg über das Potential von politischer Theaterarbeit und somatischen Ansätzen ins Gespräch kommen und dabei auch berücksichtigen, wie das Thema Menschenrechte/Menschenwürde damit in Verbindung steht.c) Bildungsmaterialien zur Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus einer nicht-eurozentristischen Perspektive (Arbeitstitel) (Imke Rath, Zwischentöne, Georg-Eckert-Institut für Schulbuchforschung)
Als eines der Ergebnisse des Projektes sind gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut und externen Partner*innen, Lehrmaterialien zur Geschichte der Menschenrechtserklärung entstanden, die vor allem postkoloniale Perspektiven berücksichtigen. Zukünftig sollen diese kostenfrei auf der Lehr- und Lernmittelplattform „Zwischentöne: Materialien für Vielfalt im Klassenzimmer“ bereitgestellt werden. Im Rahmen des zweisündigen Workshops werden die Materialien zunächst vorgestellt. Im Anschluss erproben die Teilnehmer*innen in Kleingruppen einzelne Übungen aus den Materialien, um abschließend die Materialien selbst sowie die Ergebnisse aus der Gruppenarbeit zu diskutieren.d) Antisemitismus, Rassismus und der Blick auf den Nahen Osten – Konstruktiver Umgang mit Spannungsfeldern in Bildung und Zivilgesellschaft (Arbeitstitel, Bildungsbausteine.org)
Debatten zwischen antisemitismus- und rassismuskritischen Ansätzen der politischen und Menschenrechtsbildung sind – seit Herbst 2023 noch einmal bedeutend verstärkt – von starken Polarisierungen und Vereindeutigungen geprägt. Gerade in der Arbeit z. B. zum Israel-Palästina-Konflikt oder dem Verhältnis von Shoah und Kolonialismus – also Themenfeldern, in denen Rassismus und Antisemitismus gleichzeitig wirken – gibt es unter Fachkräften viel Verunsicherung, wie beiden Phänomenen auf gleichwertige Weise begegnet werden kann.
In diesem Workshop wollen wir Ansätze aus dem seit Anfang 2023 laufenden Projekt „Zusammen_denken, zusammen handeln“ vorstellen und diskutieren, wie wir uns konstruktiv und verbündend mit den Spannungsfeldern von antisemitismus- und rassismuskritischer Bildung befassen können, statt (auch unbeabsichtigt) weiter zu Polarisierungen und Entweder-oder-Logiken beizutragen. Hierfür werden wir eine Methode aus dem Projekt vorstellen, die dabei unterstützen soll, sowohl Rassismus als auch Antisemitismus im Sprechen über den Israel-Palästina-Konflikt zu identifizieren und uns mit den Chancen und Herausforderungen verbindender Ansätze auch für die Menschenrechtsbildung befassen. -
15.45 Uhr:
Pause
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16.00 Uhr:
Berichte aus den Workshops (und Möglichkeiten zur weiteren Vernetzung)
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16.45 Uhr:
Ende der Veranstaltung