Im November 2020 wurde der 16. Kinder- und Jugendbericht, der sich auf über 600 Seiten mit Rahmenbedingungen, Strukturen und Inhalten der Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter befasst, vorgelegt. Aus Sicht der 16 Landeszentralen und die Bundeszentrale für politische Bildung stellt er ein wichtiges, wegweisendes Dokument für die politische Bildung in Deutschland dar und muss die Grundlage für künftige Diskussionen und Entscheidungen zur politischen Bildung bilden.1)
Der Bericht stellt klar, dass politische Bildung immer Bildung für die Demokratie ist und daher schon per Definition nicht „neutral“ sein kann. Wesensmerkmal und normativer Kern der politischen Bildung ist die Orientierung an demokratischen Werten. Ihr Ziel der Ausbildung kritischer, politischer Urteilskraft kann nur über die Einhaltung fachlicher Qualitätsstandards wie dem Beutelsbacher Konsens erreicht werden.
Von grundlegender Bedeutung und Tragweite ist die Feststellung, dass politische Bildung mehr ist als Extremismusprävention. In diesem Sinne haben auch die Zentralen der politischen Bildung gemeinsam öffentlich Stellung bezogen.
Der Bericht liefert eine stringente Nutzung und Unterscheidung zentraler Fachbegriffe, wie „politischer Bildung“ oder „Demokratiebildung“, wodurch künftig ein klarer begrifflicher Rahmen für Debatten zur politischen Bildung gesetzt wird. Er hält fest, dass politische Jugend- und Erwachsenenbildung und in der sozialen Arbeit durch entsprechende Professuren verankert sein muss, damit die Fachstandards der Profession in den verschiedenen Feldern wirksam werden können.
Der 16. Kinder- und Jugendbericht beschreibt wesentliche Herausforderungen und Potentiale der politischen Bildung in Deutschland. Die zentrale Botschaft dabei ist, dass „politische Bildung von Anfang an“ eine der entscheidenden Aufgaben demokratischer Gesellschaften ist. Politische Bildung muss – in unterschiedlicher Form – von der Kita, über die Schule, Berufsschule bis hin zur Erwachsenenbildung in allen sozialen Räumen, in denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten, präsent sein. Diese Grundhaltung wird künftig erhebliche Auswirkungen auf unser Bildungs- und Sozialsystem haben (müssen). Politische Bildung wird immer ganzheitlich als ein vielschichtiger Bildungsprozess gedacht, der neben dem Wissenserwerb auch Erfahrungen, Emotionen, praktisches Handeln und Beteiligung beinhaltet. Dabei sind inhaltliche Entwicklungen zu berücksichtigen, so die notwendige Verbindung von politischer Bildung mit kritischer Medienbildung.
Die Autor*innen zeigen Handlungsfelder auf, in denen politische Bildung künftig intensiver stattfinden muss. Sie sehen insbesondere in der Verschränkung von „klassischer“ politischer Bildung mit neuen Partnern ein erhebliches Entwicklungspotential. Hierzu gehören zum Beispiel Vereine junger Menschen mit Migrationsbiographie und People of Color. Zum anderen betrifft dies die Regelstrukturen der Kinder-und Jugendhilfe, der Familienberatung oder die geplante verlässliche Ganztagsgrundschule. Hierfür bedarf es einer durch eine Regelförderung abgesicherten vielfältigen Trägerlandschaft der politischen Bildung. Erst durch diese werden unterschiedliche Zugriffe auf Zielgruppen, Themen und Formate möglich.
Nicht zuletzt macht der Bericht durch die Vielzahl von Impulsen und Anregungen insgesamt deutlich, welche Bedeutung der professionellen politischen Bildung in unserer Demokratie zukommt. Der explizit formulierte Anspruch, dass alle jungen Menschen ein Recht auf politische Bildung haben findet daher die ungeteilte Zustimmung der Zentralen der politischen Bildung. Hieran werden sich künftige politische Entscheidungen messen lassen müssen.
1) Anmerkung der Redaktion: Hier wird die unkorrigierte Original-Fassung der Stellungnahme vom 19. Februar 2021 wiedergegeben.