Dokumentation portraitiert Angehörige der NSU-Mordopfer

Wer in Nürnberg die Liegnitzer Straße entlangfährt, sieht viele Bäume rechts und links der Straße und kommt auch an einem Blumenstand vorbei. Wenn man dort anhält, kann man an einem Baum das Erinnerungszeichen an Enver Şimşek entdecken. Der Blumenhändler wurde an diesem Ort von Rechtsterroristen regelrecht hingerichtet – das erste Opfer der NSU-Mordserie. Seine Familie war mit der Trauer um ihren Ehemann und Vater beschäftigt, zur Ruhe kommen durfte sie aber nicht. Die Polizei legte der Witwe Adile Şimşek das Foto einer Frau vor: die angebliche Geliebte mit den angeblichen Kindern ihres Mannes. Die Wohnung der Familie wurde durchsucht. Die Ermittlungsbehörden gingen für lange Zeit von Mafia-Verstrickungen des Mord-Opfers aus und machten ihren falschen Verdacht auch öffentlich. Keine Ruhe zu trauern, kein Verständnis für den Schmerz, keine Unterstützung von der Polizei und von Seiten des Staates.

Nachdem mit Halit Yozgat das letzte Opfer der NSU-Mordserie ermordet worden war, sagte ein Zeuge aus, es hätte sich ein großer, rothaariger Mann am Tatort, einem Internetshop, aufgehalten. Dieser Mann habe am Tresen bezahlt, hinter dem die Leiche von Halit Yozgat gelegen habe. Bei seiner späteren Vernehmung sagt dieser Mann, Andreas Temme, aus, die Leiche nicht gesehen zu haben. Andreas Temme arbeitete damals beim Verfassungsschutz. Die Hoffnung der Familien, dass der Prozess den NSU als Komplex begreifen und aufklären würde, hat sich nicht erfüllt. Gerechtigkeit hat es in ihren Augen nicht gegeben: so mussten sie erleben, wie Neo-Nazis im Gerichtssaal das Urteil beklatschten und bei der Freilassung des NSU-Unterstützers André Eminger in Jubel ausbrachen.

Wie geht es den Angehörigen der Opfer heute? Wie haben der Schmerz und die Erlebnisse sie verändert? Die Filmemacherin Aysun Bademsoy hat mit ihnen gesprochen, denn sie kamen bis dahin in der Öffentlichkeit viel zu selten zu Wort. Die Interviews werden mit Berichten von Anwält*innen, Politiker*innen und Aktvist*innen gerahmt, die ihre Einschätzung und ihr Wissen teilen.

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