Sinus-Jugendstudie: Der Ernst des Lebens beginnt jetzt früher

Seit 2007 fühlt das Sinus-Institut alle vier Jahre den jungen Menschen im Alter von 14 bis 17 Jahren auf den Zahn: Wie leben und erleben sie ihren Alltag, was bewegt sie und was erhoffen sie sich für ihre Zukunft?
Die gestern vorgestellte 2020er Ausgabe der Sinus-Jugendstudie zeigt, dass die junge Generation insgesamt ernster geworden ist – ernsthafter einerseits, besorgter andererseits. Das betrifft den Umgang mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie und mehr noch die für sie offensichtliche Bedrohung durch die globale Klimakrise. Bei beiden Themen und im Allgemeinen fühlt sich die junge Generation nicht ernst genommen und repräsentiert.
Dabei hat ihr Politikbild durchaus ermutigende Seiten: Es gilt als schön, den Menschen zu helfen und sich für andere einzusetzen. Schön ist, wenn sich Menschen zusammenschließen und etwas für die Gemeinschaft tun. Schön sind Solidarität, Fairness und Gerechtigkeit, Demokratie und Meinungsfreiheit. Das passt spiegelbildlich zu den gesellschaftlichen Befürchtungen der jungen Generation: Viele Befragte beklagen eine „Jeder-für-sich“-Mentalität und den fehlenden Zusammenhalt in der Gesellschaft. Sie haben Angst vor zunehmender Polarisierung, Hass und Aggression – die insbesondere bildungsferne Jugendliche in ihren Lebenswelten oft erleben. Damit einhergehend nimmt die ehemals so jugendtypische hedonistische Mentalität weiter ab: Feiern gehen, Fun und Action verlieren an Bedeutung. Die Werte Leistung und Selbstverantwortung stehen bei den Jugendlichen hoch im Kurs, auch wenn gleichzeitig die Skepsis gegenüber dem neoliberalen Wettbewerbsparadigma zugenommen hat. Die Folge ist, dass Zeit für sich selbst haben oder „chillen“, wie es Jugendliche bezeichnen, immer wichtiger werden. In der Mehrzahl der jugendlichen Lebenswelten sind heute gute, abgesicherte Lebensverhältnisse wichtiger als Status, Erfolg und Aufstieg. Ein dominanter Zukunftswunsch vieler Jugendlicher ist es, in der Mitte der Gesellschaft anzukommen, materielle Wünsche und Ziele werden relativiert.

Die Studie unter dem Titel „Wie ticken Jugendliche“ ist als gedrucktes Buch in der Schriftenreihe (Band-Nr. 10531, Bereitstellungspauschale 4,50 €) der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb erschienen. Sie steht auch als ePub kostenfrei zum Download bereit: https://www.bpb.de/311857