Studie: Junge Menschen wollen mehr digitale Beteiligungsmöglichkeiten

Die Partizipation am politischen Geschehen hat für junge Menschen in Deutschland einen hohen Stellenwert: 80 Prozent von ihnen ist es wichtig, Politik in Deutschland beeinflussen zu können. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung im Auftrag der Vodafone Stiftung erstellt hat. Im Rahmen der Studie wurden im Frühsommer vergangenen Jahres 14- bis 24-Jährige über ihr Informationsverhalten zu politischen Themen befragt. Ihren Willen, politisch etwas zu bewegen, setzen junge Menschen der Studie zufolge auf vielfältige Weise und häufig außerhalb formaler Verfahren um. So hat gut ein Viertel (28 Prozent) der jungen Menschen in den 12 Monaten vor der Umfrage an einer Online-Unterschriftenaktion teilgenommen und jeder Achte (13 Prozent) war auf einer Demonstration wie den „Fridays for Future“-Protesten.
Mit den bestehenden politischen Beteiligungsmöglichkeiten sind die Befragten zwar grundsätzlich zufrieden, sie sprechen sich aber für den Ausbau von digitalen Formaten, wie etwa bundesweiten Online-Bürgerentscheiden (77 Prozent), der Möglichkeit online zu wählen (66 Prozent) oder an Wahl- und Parteiprogrammen mitarbeiten zu können (66 Prozent), aus. Darüber hinaus fühlen sich junge Menschen von der Politik nicht ernst genommen: Fast drei Viertel (73 Prozent) von ihnen geben an, unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden damit zu sein, wie die Politik Anliegen und Interessen junger Menschen berücksichtigt.

Das Internet als Ort des politischen Austausches

Der großen Mehrheit junger Menschen ist es nicht nur wichtig, die Politik beeinflussen zu können, sondern auch sich über politische Themen zu informieren (78 Prozent) und darüber zu diskutieren (64 Prozent). Das Internet spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine Mehrheit (62 Prozent) beteiligt sich aktiv am öffentlichen Meinungsbildungsprozess, indem sie sich zu politischen Themen online äußern. Die meisten teilen oder liken hierzu Beiträge zu politischen Themen (42 Prozent). Ein Fünftel (20 Prozent) nimmt online Stellung, indem sie politische Posts kommentieren; 7 Prozent verfassen sogar eigene Beiträge.

Junge Menschen sehen Interessen in der Politik unterrepräsentiert

Drei von vier (73 Prozent) der 14-bis 24-Jährigen sehen die Angelegenheiten und Interessen junger Menschen in der aktuellen Politik nur unzureichend repräsentiert. Gut ein Viertel (28 Prozent) ist sogar sehr unzufrieden darüber, wie die Politik ihre Anliegen und Interessen aufgreift. Diese Kritik durchzieht alle Alters- und Bildungsgruppen und wird gleichermaßen von jungen Frauen wie jungen Männern geäußert. Obwohl junge Menschen insgesamt politisch sehr aktiv sind, gibt es auch eine größere Gruppe, die kaum Anteil am politischen Leben nimmt. 38 Prozent der Befragten geben an, ihre Meinung zu politischen Themen noch nie online geäußert zu haben. Die Werte sind für Jugendliche (43 Prozent), junge Frauen (41 Prozent) und denen mit einem niedrigen formalen Bildungshintergrund (45 Prozent) noch höher.

Online Beteiligungsformate hoch im Kurs

Mit bestehenden politischen Beteiligungsmöglichkeiten in Deutschland sind junge Menschen mehrheitlich zufrieden. Dennoch sprechen sie sich für den Ausbau von digitalen Beteiligungsformen aus. 85 Prozent haltenden Ausbau von Verfahren, in denen Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen und Meinungen online in den politischen Prozess einbringen können, für wichtig oder sogar sehr wichtig. 77 Prozent befürworten Online-Bürgerentscheide und knapp zwei Drittel (66 Prozent) die Möglichkeit online zu wählen. Ebenfalls zwei Drittel (66 Prozent) halten es für wichtig, online Wahl- oder Parteiprogramme mitgestalten zu können. Der Ausbau digitaler Beteiligungsmöglichkeiten könnte aktivierend wirken. Denn bei vergleichbaren analogen und digitalen Verfahren werden die digitalen von jungen Menschen eher genutzt. Ein gutes Viertel hat nach eigenen Angaben in den 12 Monaten vor der Befragung an Online-Unterschriftenaktionen (28 Prozent) oder Online-Petitionen (25 Prozent) teilgenommen, während nur ein Fünftel (20 Prozent) eine vergleichbare Offline-Möglichkeit nutzte.

Die Studie unter dem Titel „Jugend will bewegen. Politische Beteiligung junger Menschen in Deutschland“ steht unter folgendem Link zum Download bereit:
https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2020/06/Vodafone-Stiftung-Deutschland_Studie_Jugend-will-bewegen.pdf