Verschwörungsideologien und antisemitische Narrative haben im Zuge der Corona-Pandemie starken Zulauf erhalten. Als Reaktion darauf haben die Universität zu Köln, die TH Köln und die Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit kostenloses Bildungs- und Unterrichtsmaterial zur kritischen Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld entwickelt. Dieses entstand in Zusammenarbeit mit dreizehn Schulen und wurde dort im Unterricht getestet.
»Im Zuge der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verbreiteten sich rasant Verschwörungsnarrative, die mitunter antisemitisch aufgeladen waren«, sagt Professorin Dr. Birgit Jagusch von der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln. »Diese sind besonders in den Sozialen Medien wirksam. Zeitgleich verbrachten Kinder und Jugendliche aufgrund der Schließung von Schulen und Freizeiteinrichtungen mehr Zeit im digitalen Raum. Die Vermutung lag daher nahe, dass besonders in den Schulen digitale politische Bildungsmaterialien benötigt werden.«
Um diese Annahme zu konkretisieren, führten die Projektpartner zunächst eine empirische Bedarfsanalyse an dreizehn weiterführenden Schulen in Köln und Bonn durch. »Mit einer Mischung aus teilstandardisierten Fragebögen und qualitativen Interviews haben wir untersucht, wie an Schulen mit Verschwörungserzählungen und Antisemitismus umgegangen wird und welche Bedarfe, Wünsche und Herausforderungen bestehen«, sagt Professorin Dr. Gudrun Hentges von der Universität zu Köln. Dabei sei deutlich geworden, dass Fake News aus dem verschwörungsideologischen Milieu sowie auf aktuelle Ereignisse bezogene antisemitische Verschwörungserzählungen im schulischen Umfeld genauso präsent sind wie in jedem anderen gesellschaftlichen Umfeld; die fachliche Einordnung den Lehrkräften jedoch häufig nicht leichtfalle.
Digitale Materialien für alle Schulformen
Auf Basis dieser Erhebung entstanden anschließend Bildungsmaterialien, die sich in sechs Modulen mit dem Themenfeld befassen und kostenlos zur Verfügung stehen. Dabei wählten die Forschenden einen Prozess, in dem die Prototypen der Materialien in mehreren Phasen mit Akteur:innen der schulischen Bildung überarbeitet und verfeinert wurden. Daran beteiligt waren neben Lehrkräften und Schüler:innen Kölner Schulen auch Mitarbeitende aus dem Zentrum für Lehrer*innenbildung und den Zentren für praktische Lehrerausbildung (ZfsL).
»Die Lehrinhalte sind ab Klasse 9 und für alle Schulformen geeignet. Zu jedem Modul gibt es Texte, Arbeitsblätter, Präsentationen und Stundenverlaufspläne«, sagt Jagusch. »Je nach Anforderungsniveau sind unterschiedliche Frage- und Aufgabenstellungen beigefügt. Die Einheiten orientieren sich am Umfang einer Schulstunde, sind aber auch in der non-formalen Bildung einsetzbar.«
Von der individuellen Betroffenheit zur Handlungsempfehlung
Die sechs Module nähern sich dem komplexen Themengebiet niedrigschwellig und bauen aufeinander auf. So stellt Modul 1 die Frage »Was hat das alles mit mir zu tun?« und ermöglicht einen persönlichen Einstieg. Modul 2 behandelt zentrale Merkmale von Verschwörungstheorien. »Am Ende unserer Unterrichtsreihe geht es in Modul 5 um das Spannungsfeld zwischen legitimer Kritik und Verschwörungsdenken. Abschließend werden Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Verschwörungstheorien thematisiert und praktische Empfehlungen aufgezeigt, wenn man mit solchen Äußerungen konfrontiert wird«, so Hentges.
Obwohl sich die Module aufeinander beziehen, ist es auch möglich, nur einzelne Elemente herauszugreifen oder die Module den jeweils spezifischen Bedarfen anzupassen. Die gesamten Materialien sind, wenn nicht anders gekennzeichnet, als freie und offene Bildungsmaterialien (OER /Open Educational Resources) konzipiert. Das bedeutet, dass die Materialien geteilt, genutzt und an die jeweils spezifischen Bedarfe angepasst werden können.
Weitere Informationen und alle Downloads unter www.th-koeln.de/dipolbas-bildung