Die tagesschau gibt es nun auch in Einfacher Sprache, also einer sprachlich vereinfachten Version der Standardsprache. Laut Angaben des NDR ist es bundesweit das erste tagesaktuelle Fernsehnachrichtenangebot dieser Art. Dieses Zusatzangebot richtet sich an Menschen mit Lese-, Lern- und/oder Hörschwierigkeiten, an Menschen mit geringen Deutschkenntnissen oder an Menschen, die sich zum Beispiel nach einem anstrengenden Arbeitstag kurz und einfach informieren wollen. Von montags bis freitags gibt es je eine Ausgabe, die die wichtigsten Themen des Tages zusammenfasst. Sie wird um 19 Uhr auf tagesschau24 ausgestrahlt und ist auch auf tagesschau.de zu finden.
Die Gründe für dieses neue Inklusionsangebot erläuterte NDR-Intendant Joachim Knuth folgendermaßen: »Wir haben den Auftrag, mit unseren Sendungen und Programmen allen Menschen in Deutschland ein Informationsangebot zu machen. Dazu gehören auch diejenigen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz, die komplizierten Texten nicht immer folgen können oder die deutsch nicht auf muttersprachlichem Niveau beherrschen. Mit der tagesschau in Einfacher Sprache vergrößern wir unser barrierefreies Angebot um tägliche Fernsehnachrichten. Es ist gut und wichtig, dass sich nun noch mehr Menschen bei der tagesschau fundiert über die Geschehnisse in Deutschland und der Welt informieren und somit auch am öffentlichen Diskurs teilhaben können.«
»Grundlage für die tagesschau in Einfacher Sprache sind unsere regulären tagesschau-Ausgaben«, so Marcus Bornheim, Erster Chefredakteur von ARD-aktuell. Die Themen seien die gleichen und die Sendung werde auch im tagesschau-Studio produziert. »Die Meldungen und Beiträge werden aber völlig neu formuliert. Die Texte setzen wenig Wissen voraus und werden langsamer gesprochen«, so Bornheim weiter.
Den Prozess der Neuformulierung beschreibt Sonja Wielow, Projektleiterin tagesschau in Einfacher Sprache, so: »Beim Texten in Einfacher Sprache geht es nicht nur ums Übersetzen, wie von einer Sprache in die andere. Wir berücksichtigen auch kulturelle oder bildungsbedingte Herausforderungen, vor denen Menschen unserer Zielgruppe häufig stehen. Viele beschäftigen sich nämlich nicht mehr mit Nachrichten, weil sie sie nicht verstehen können. Deshalb erklären wir den Hintergrund einer Nachricht, bevor wir zur eigentlichen Neuigkeit kommen. Etwa 17 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 18 und 64 Jahren lesen und schreiben laut LEO-Studie auf Vierte-Klasse-Niveau oder schlechter. Diese Menschen wollen wir für unser Angebot gewinnen.«
Isabel Rink von der das Projekt begleitenden Universität Hildesheim hob die Bedeutung von Angeboten in Einfacher Sprache hervor: »Sprache ist Teilhabe. Angebote in Einfacher Sprache sind eine Voraussetzung für den selbstbestimmten und chancengleichen Zugang zur Informationsgesellschaft. Nur wenn ich verstehe, kann ich auch mitreden und mitmachen – teilhaben an Diskursen. Viele Angebote liegen über den durchschnittlichen Wissensbeständen breiter Bevölkerungsteile. Hier werden Nachrichten zugänglich gemacht für alle Menschen.«