Studie: Fake-News-Aufklärung hat ungewollte Nebenwirkungen

Initiativen zur Bekämpfung von sogenannten »Fake News« wie Faktenchecks oder Medienkompetenz-Programme erhöhen zwar das Misstrauen gegenüber Falschinformationen. Sie mindern aber auch das Vertrauen in eine faktenbasierte, korrekte Berichterstattung. Dies zeigt ein von der Universität Zürich geleitetes Forschungsteam mit einer Serie von Umfrageexperimenten in Polen, Hongkong und den USA.

Klimakrise, COVID-19-Pandemie, Ukraine-Krieg, Nahost-Konflikt: die Anlässe, an denen sich die Verbreitung gezielter Falschinformationen festmachen lässt, scheinen sich in aktuell zu mehren.
Gleichzeitig geben die technischen Entwicklungen rund um das Thema Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen immer effektivere Mittel für die Gestaltung und Verbreitung von Fake News an die Hand. So erlebten Initiativen zur Überprüfung von Fakten einen Aufschwung. Nachrichtenanbieter wie dpa oder Tagesschau nahmen das »Fact Checking« in ihr Angebot auf und Kampagnen zur Medienkompetenz vermitteln der Öffentlichkeit, wie man korrekte Informationen von falschen unterscheidet.

Eine Studie der Universitäten Zürich, Kalifornien und Warschau zeigt nun, dass diese Bemühungen zur Bekämpfung von Falschinformationen einen ungewollten, paradoxen Effekt erzeugen: Sie führen zu einem generellen Misstrauen gegenüber Nachrichten, auch solchen von zuverlässigen Quellen.

Maßnahmen führen zu generellem Vertrauensverlust

In drei Online-Umfrageexperimenten mit insgesamt 6127 Teilnehmenden in Polen, Hongkong und den USA testeten die Forschenden unbeabsichtigte Nebeneffekte von drei aktuell verbreiteten Strategien im Kampf gegen Falschinformationen – Faktenchecks, Programme zur Förderung von Medienkompetenz und verstärkte Berichterstattung über Fake News – und verglichen sie mit drei alternativen Maßnahmen. Letztere zielen darauf ab, eine kritische, aber nicht übermäßig skeptische Auseinandersetzung mit Informationen zu fördern. Statt sich auf die Unterscheidung von wahren und falschen Nachrichten zu fokussieren, schulten sie etwa das Verständnis für politische Verzerrungen in der Berichterstattung.

Dabei zeigte sich, dass sowohl die traditionellen wie auch die alternativen Instrumente zur Entlarvung von Falschinformationen bei den Teilnehmenden ein generelles Gefühl des Zweifels hervorriefen – auch gegenüber faktenbasierten Informationen. Die adaptierten alternativen Strategien schnitten zwar leicht besser ab als die herkömmlichen, verbesserten aber die Fähigkeit, Fakten von Fiktion zu unterscheiden, nicht wesentlich.
Potenzieller Nutzen und Schaden sorgfältig abwägen

»Der öffentliche Diskurs über Fake News steigert nicht nur die erwünschte Skepsis gegenüber Falschinformationen, sondern untergräbt auch das Vertrauen in zuverlässige Nachrichtenquellen. Diese spielen in funktionierenden Demokratien jedoch eine zentrale Rolle«, resümiert Erstautorin Emma Hoes. Die potenziellen Vorteile, die sich aus den Maßnahmen gegen Falschinformationen ergeben, müssen laut der UZH-Politologin sorgfältig gegen die Nachteile einer generellen Skepsis abgewogen werden: »Denn gerade in westlichen demokratischen Gesellschaften sind zuverlässige, faktenbasierte Nachrichten zum Glück immer noch wesentlich häufiger als Falschinformationen.«

Hoes und ihre Forschungskolleg:innen plädieren deshalb dafür, den Umgang mit Fehlinformationen tiefgreifend zu überarbeiten und differenzierte Strategien zu entwickeln. »Ziel ist es, die Öffentlichkeit darin zu schulen, Falschinformationen mit kritischem Blick zu erkennen, und zugleich das Vertrauen in Medien, die der Wahrhaftigkeit verpflichtet sind, zu erhalten.«

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