Doku über das Spannungsfeld Rassismus–Identifikation im Fußball

Im Jahr 2024 ist eine multikulturelle Nationalmannschaft selbstverständlich. Zur Zeit des sogenannten »Sommermärchens« 2006, des letzten großen Fußball-Turniers in Deutschland, sah das noch ganz anders aus. Welche Entwicklung hat sich in diesem Zeitraum vollzogen? Und welche Rolle kann eine vielfältige Nationalmannschaft im Einwanderungsland Deutschland haben? Diesen Fragen geht Autor und Regisseur Philipp Awounou in der WDR-Dokumentation »Einigkeit und Recht und Vielfalt – Die Nationalmannschaft zwischen Rassismus und Identifikation« nach in der ARD Mediathek abrufbar ist.

Philipp Awounou sieht in seinem Film ein Angebot vor dem Hintergrund einer extrem komplexen Debatte: »Wir bilden verschiedene Perspektiven und Interpretationen ab, die das Ergebnis einer langen und intensiven Recherche sind. Die Dokumentation erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Vollständigkeit, aber sie soll einen Anstoß zum Dialog bieten – insbesondere in Zeiten, in denen dieser Dialog, gerade zu dem Themenkomplex Rassismus und Identifikation, zunehmend abbricht und verroht.«

In der Dokumentation blickt Ex-Fußballprofi Gerald Asamoah auf seine ersten Jahre im deutschen Profifußball und den Rassismus, den er in deutschen Fußballstadien erfahren hat: »Die haben mich unter der Gürtellinie beschimpft, gewisse Wörter, die ich am liebsten gar nicht sagen würde. Auch das N-Wort ist tausendmal gefallen. Das war einfach Normalität.« Auch Shkodran Mustafi, Weltmeister 2014, erinnert sich, wie er und seine Mannschaftskollegen unter Beobachtung standen: »Wer singt die Nationalhymne mit? Wer singt sie nicht? Ist man integriert, ist man nicht integriert? Ist man dankbar dafür, für Deutschland spielen zu dürfen oder nicht?«

Nationalspieler Jonathan Tah hofft darauf, dass die Vielfalt der deutschen Mannschaft die Zuschauer inspiriert: »Wir sind eine Mannschaft, und im Sommer spielen wir ein Turnier, auf dem wir gemeinsam für Deutschland erfolgreich sein wollen. Und ja, wir sind Müller, aber wir sind auch Tah und Gündoğan. Und wir verfolgen alle zusammen ein Ziel.«

Kontroverse um Öffentlichkeitsarbeit des WDR

Flankierend zur Ausstrahlung der Dokumentation hatte der WDR die Ergebnisse einer eigens in Auftrag gegebenen Umfrage veröffentlicht, laut derer sich jede fünfte Person mehr Spieler mit weißer Hautfarbe in der Nationalmannschaft wünscht. Hiermit zog der Sender unter anderem die Kritik auf sich, eine von vornherein rassistische Fragestellung formuliert zu haben. WDR-Sportchef Karl Valks entgegnete daraufhin, dass Regisseur Philipp Awounou im Zuge seiner Dreharbeiten mit der Aussage konfrontiert worden sei, dass zu wenige »echte«, hellhäutige Deutsche auf dem Fußballplatz stehen. »Das wollten wir bewusst nicht anekdotisch wiedergeben, sondern auf fundierte Daten stützen. Daher haben wir mit unseren Kollegen von Infratest Dimap die Umfrage in Auftrag gegeben«, so Valks.

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