Das Liz Mohn Center der Bertelsmann Stiftung hat zum zweiten Mal in einer repräsentativen Umfrage die Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erhoben. Das Ergebnis der diesjährigen Befragung: Die Mehrheit der jungen Menschen in Deutschland blickt optimistischer in die Zukunft als 2022. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind bereit, sich für die Gesellschaft zu engagieren. In der Gruppe der Menschen mit niedrigem bis mittlerem (angestrebtem) Bildungsabschluss schwindet allerdings zunehmend der Rückhalt für die Demokratie.
Die Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland im Alter von 12 bis 18 Jahren blickt optimistischer in die persönliche Zukunft als noch vor einem Jahr. 52 Prozent geben an, dass ihre persönliche Zukunft in drei Jahren besser sein wird als jetzt (2022 waren es noch 43 Prozent). 20 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen schauen positiv auf die Zukunft Deutschlands, aber rund 38 Prozent der Befragten sind kritisch, was die Entwicklung angeht und befürchten, dass Deutschland in drei Jahren schlechter dasteht. Das sind die zentralen Erkenntnisse der diesjährigen repräsentativen Jugendbefragung »Einstellungen und Sorgen der jungen Generation Deutschlands« des Liz Mohn Centers der Bertelsmann Stiftung.
Für 85 Prozent der jungen Menschen ist es wichtig, Verantwortung zu übernehmen und 73 Prozent möchten einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, in der sie leben. Im vergangenen Jahr lagen diese Werte bei 80 Prozent (Verantwortung übernehmen) und 69 Prozent (Beitrag für die Gesellschaft).
Allerdings scheint politisches Engagement eher wenig attraktiv für die Jugend zu sein. Es besteht unter den Befragten wenig Interesse daran, ihren Beitrag für die Gesellschaft über die Mitgliedschaft in einer politischen Partei zu leisten. Nur 20 Prozent ist dies »eher wichtig« bis »sehr wichtig«. Zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) gaben an, kein Interesse daran zu haben, sich in einer politischen Partei zu engagieren. »Die Parteien bleiben aufgefordert, für Kinder und Jugendliche attraktivere Rahmenbedingungen für ein Engagement zu schaffen. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, Jugendliche benötigen attraktive Optionen, um sich zu engagieren«, sagt Jörg Habich, Geschäftsführer des Liz Mohn Centers zu den Ergebnissen.
Unterstützung für Demokratie sinkt mit dem Niveau des (angestrebten) Bildungsabschlusses
Die empirische Untersuchung macht auch deutlich, dass die Demokratie nicht in allen gesellschaftlichen Schichten über eine mehrheitliche Zustimmung verfügt. Es zeichnet sich ein Gefälle ab, wonach die Demokratie eine stabile Unterstützung bei höher gebildeten Kindern und Jugendlichen hat, in den mittleren und niedrigen Bildungsschichten jedoch an Zustimmung verliert. So stimmen über drei Viertel (77 Prozent) der höher Gebildeten einer Bewertung von Demokratie als guter Regierungsform zu. Damit wächst der Anteil in dieser Gruppe im Vergleich zu 2022 um sieben Prozentpunkte an. Die Befragten mit (angestrebtem) mittlerem Schulabschluss bewerteten die Demokratie jedoch nur noch zu 55 Prozent als gut. In der Gruppe der Befragten mit (angestrebtem) niedrigerem Bildungsstand rutscht die Zustimmung zur Demokratie im Vergleich zum Vorjahr um ganze 15 Prozentpunkte ab und liegt aktuell bei lediglich 40 Prozent. Die Demokratie verliert damit in dieser Gruppe zunehmend an Rückhalt.
Mehrheit sieht eigene Interessen von der Politik übergangen
Die Jugendlichen kritisieren auch das Desinteresse der Politik an ihren Meinungen und Einstellungen. Eine Mehrheit von 64 Prozent der Befragten stimmt der Aussage zu, dass Politiker:innen die Meinung junger Menschen nicht ernst nähmen. Über die Hälfte (51 Prozent) der Befragten meint, Politiker:innen nähmen das Thema Klimaschutz nicht ernst genug. Fast jeder Zweite (47 Prozent) stimmt der Aussage zu, dass die ältere Generation zu viel Einfluss auf Politik habe.
Die jungen Menschen in Deutschland wollen Dinge gestalten und sich von den anstehenden Krisen und Herausforderungen nicht abschrecken lassen, obwohl die damit einhergehenden Sorgen wie vor einem Krieg in Deutschland (81 Prozent), dem Scheitern des eigenen Bildungswegs (78 Prozent) oder dem Klimawandel (77 Prozent) groß sind. Hoffnung prägt aber auch hier die Sichtweise der jungen Menschen, wenn über die Hälfte der Befragten die persönliche Freiheit durch den Krieg mehr zu schätzen weiß (55 Prozent) und darüber nachdenkt, wie man zu einer besseren Welt beitragen kann (52 Prozent). »Diese Potentiale gilt es zu nutzen, indem die entsprechenden Angebote gemacht werden«, sagt Habich.