Reparaturcafés sind den meisten Menschen ein Begriff, als Orte des gemeinsamen Reparierens. Doch was passiert in einem Demokratiecafé? An der Hochschule München wurde dieses Konzept im Rahmen des Forschungsprojekts RePair Democracy entwickelt und soll nun zu einem deutschlandweiten Netzwerk für Demokratie im Quartier wachsen.
»Mobilität ist oft ein Thema, meist gibt es zu viel Platz für Autos und zu wenig Grün im Stadtviertel«, berichtet Robert Jende, Initiator des Netzwerks für Demokratiecafés über die Anliegen der Teilnehmenden an Demokratiecafés. Auch das Interesse an generationsübergreifendem Zusammenleben ist groß und Demokratie selbst häufig ein Anliegen, im Sinn von konkreter Beteiligung am Geschehen im eigenen Quartier.
RePair Democracy war ein Teilprojekt des Forschungsverbunds ForDemocracy, bestehend aus elf Forschungsgruppen an acht bayerischen Hochschulen, und startete im August 2018. RePair Democracy untersuchte dabei über vier Jahre soziale Innovationen als Experimentierfeld der Demokratie. »Im ersten Schritt erforschten wir demokratische Mikropraktiken in Repaircafés und offenen Werkstätten. Mit dem Wissen um kollaborative Demokratieverständnisse entwickelten wir im zweiten Schritt unser Konzept der Demokratiecafés«, so Projektleiter Prof. Dr. Gerald Beck.
Nachbarschaftsanliegen statt defekter Geräte
Die Idee dahinter: Anstatt ein defektes Gerät mit in ein Repaircafé zu nehmen und es mit dem passenden Reparateur und gemeinschaftlich genutztem Werkzeug wieder in Stand zu setzen, bringen die Menschen ihre Anliegen aus der Nachbarschaft ins Demokratiecafé und suchen gemeinsam einen Weg, diese umzusetzen. »Dabei fungiert das Demokratiecafé als Anlaufstelle, um den unmittelbaren Lebensraum gemeinsam zu gestalten und in anderer Form an Demokratie teilzuhaben als nur über Wahlen«, so Jende. Mit Demokratiecafés schafft das Projekt niederschwellig neue Orte der Demokratie, losgelöst von Herkunft, Besitz, Religionszugehörigkeit, Alter oder Wahlerlaubnis. Neben München ist Berlin die einzige weitere Stadt, in der es bereits Demokratiecafés gibt – aktuell sechs an der Zahl.
Praxisanleitung zur Demokratie
Damit ein Demokratiecafé gelingen kann, gibt es ein Toolkit für interessierte Initiatorinnen und Initiatoren: eine schriftliche Praxisanleitung auf der frisch gelaunchten Internetseite des Netzwerks. Mit dieser Vernetzung sollen auch die Strukturen weiterentwickelt werden und die einzelnen Demokratiecafés deutschlandweit von- und miteinander lernen.
»Und alles das ist aus unserer Forschung entstanden. Aus einem Projekt, das eigentlich im Dezember 2022 zu Ende ging, aber in seiner konkreten Umsetzung, die wir als Hochschule München auch weiterhin begleiten, jetzt erst Fahrt aufnimmt«, freut sich Beck. Und Jende ergänzt: »Mithilfe unserer Idee der Demokratiecafés kann Demokratie wieder stärker bottom up passieren und die Co-Kreation zwischen Bürgerinnen und Bürgern zum Kern der Demokratie werden.«