In weiten Teilen der ehemaligen DDR waren auch westdeutsche Fernsehprogramme empfangbar. Es gab jedoch Regionen, die wegen ihrer geografischen Lage kein Westfernsehen empfangen konnten. Prof. Dr. Marc Oliver Rieger, Dr. Sven Hartmann (beide Universität Trier) und Prof. Dr. Lars Hornuf (Universität Bremen) haben nun einen genaueren Blick auf die Unterschiede zwischen den Regionen mit und ohne Westfernsehen geworfen. Sie haben festgestellt, dass das West-TV die Haltung gegenüber Menschen aus dem Ausland positiv beeinflusst hat.
Die positivere Einstellung gegenüber Fremden äußerte sich beispielsweise darin, dass Personen mit Zugang zu Westfernsehen häufiger für die Flüchtlingshilfe spendeten. Außerdem wählten die Menschen in Regionen mit Abdeckung durch Westfernsehen bei nationalen Wahlen von 1990 bis 2017 seltener rechtsgerichtete Parteien, die überwiegend ausländerfeindliche Haltungen propagieren.
Weniger fremdenfeindliche Aktionen
»Unsere Studie zeigt auch, dass in Regionen mit Westfernsehempfang weniger fremdenfeindliche Aktionen vorkamen. Diese Effekte sind auf der Grundlage unserer Forschungsergebnisse auch 28 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung noch sichtbar«, so die Wissenschaftler. Die Unterschiede zwischen Regionen mit und ohne Westfernsehen ließen sich dagegen nicht durch wirtschaftliche Umstände, durch Unterschiede zwischen städtischen und nicht-städtischen Regionen oder etwa durch eine »rechte Tradition« erklären.
Diese Wirkungen der Rezeption westlicher Fernsehprogramme weisen die Wissenschaftler unter anderem durch die Analyse von Umfragen nach, die vor und nach der Wiedervereinigung erhoben wurden. So werteten sie die vom Zentralinstitut für Jugendforschung vor der deutschen Wiedervereinigung durchgeführte Umfrage »Jugend und Rechtsextremismus 1990« mit einigen Fragen zur Einstellung gegenüber Ausländern aus. Außerdem zogen sie Daten aus dem Sozio-ökonomischen Panel für ihre Untersuchung heran.
Nachhaltige Wirkung
Die Forscher zeigen auch, dass Westfernsehen deutlich mehr ausländische Inhalte hatte als Ostfernsehen. Der Kontakt mit diesen internationalen Programminhalten konnte offenbar Fremdenfeindlichkeit verringern. Daher könne es von Vorteil sein, ausländische Programme original und lediglich synchronisiert auszustrahlen, anstatt sie nach eigenen Maßstäben neu zu gestalten. »Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich Fernsehen nachhaltig auf die Präferenzen der Zuschauer auswirken kann. Medieninhalte können somit nicht nur Fremdenfeindlichkeit reduzieren, sondern zum Beispiel auch die Einstellung zu demokratischen Werten beeinflussen«, schreiben Rieger, Hartmann und Hornuf.