Am 24.August 1992 mussten in Rostock-Lichtenhagen Menschen um ihr Leben fürchten: ein wütender Mob warf Brandsätze auf ein Haus, das „Sonnenblumenhaus“, in dem vietnamesische ehemalige DDR-Vertragsarbeiter:innen lebten. In den Tagen zuvor hatte sich die Aggression bereits gegen Rom:nja und gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAst) für Mecklenburg-Vorpommern gerichtet. Es wurden rassistische Parolen gerufen, die Situation geriet außer Kontrolle, bis die Hausbewohner:innen in der Nacht evakuiert wurden. Wie durch ein Wunder haben alle Angegriffenen überlebt, aber die seelischen Erschütterungen wirken bis heute nach. An den Ausschreitungen beteiligt waren mehrere hundert, teilweise rechtsextreme Randalierer:innen und bis zu 3000 Zuschauer:innen, die unter Applaus ihrer Menschenverachtung Ausdruck gaben und den Gewaltexzess anheizten. Politik und Polizei zeigten sich angesichts der Dynamik heillos überfordert.
Im Mittelpunkt der Aufarbeitung stand zunächst die politische Schuldfrage, die Opferperspektive spielte über lange Zeit kaum eine Rolle. Verurteilt werden konnten nur wenige derjenigen, die Brandsätze geworfen und Menschen bedroht hatten. Die längste Freiheitsstrafe betrug drei Jahre. Auch heute noch sprechen viele der Opfer kaum über das Erlebte, die Verarbeitung dauert an. Und auch heute noch gibt es in Deutschland Rassismus und menschenfeindliche Gewalt.
- Ein umfangreiches Themen-Dossier des NDR mit diversen Audio- und Videobeiträgen liefert Hintergrundinformationen zu den Geschehnissen vor 30 Jahren.
- Die Aufarbeitungsgeschichte steht im Mittelpunkt des Deutschlandfunk-Beitrags »30 Jahre Rostock-Lichtenhagen – ein anderer Blick wird möglich«.
- Eine viertelstündige Chronik der Ereignisse gibt es im WDR-ZeitZeichen zu hören.