Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung öffnet seine Türen

Das heute für das Publikum eröffnete Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung ist Deutschlands erster und einziger Lern- und Erinnerungsort, der Zwangsmigrationen in Geschichte und Gegenwart ins Zentrum stellt. Auf mehr als 5.000 m² wartet das Haus mit einer Ständigen Ausstellung, wechselnden Sonderausstellungen, einer Bibliothek mit Zeitzeugenarchiv sowie Bildungsangeboten und Veranstaltungen auf.

Vor allem in Kriegen und bewaffneten Konflikten müssen Menschen fliehen oder werden vertrieben. Fern ihrer Heimat bauen sie unter meist widrigen Umständen ein neues Leben auf. Was sind die Ursachen für diese leidvolle, bis heute millionenfache Erfahrung? Was bedeutet Zwangsmigration für die Betroffenen? Warum trifft es besonders Frauen, Kinder und alte Menschen? Und wieso ist die Erinnerung an Vertreibungen oft umstritten? Um diese und viele andere Fragen geht es im neuen Dokumentationszentrum.

Direktorin Dr. Gundula Bavendamm erklärt den Ansatz der über viele Jahre gewachsenen, neuen Kultureinrichtung in der Hauptstadt: „Im Dokumentationszentrum geht es um Flucht und Vertreibung der Deutschen, aber auch um die vielen anderen Menschen, die Zwangsmigration erleben mussten und bis heute erleben. Im Geist der Versöhnung schließen wir damit eine Lücke in der deutschen Erinnerungskultur. Wir sagen: Vertreibungen sind ein Unrecht und benennen die Verursacher des Leids. Unsere Empathie gilt allen Flüchtlingen und Vertriebenen. Historische und politische Phänomene werden sachlich und auf dem Boden der Wissenschaft erklärt. Auf diese Weise wirken wir Polarisierungen, aber auch Relativierungen entgegen. Das neue Haus versteht sich als ein Diskussionsangebot für alle Interessierten.“

Die Ausstellung schildert eine europäische Geschichte der Zwangsmigrationen vom 20. Jahrhundert bis in unsere Zeit. Im Mittelpunkt stehen Flucht und Vertreibung von rund 14 Millionen Deutschen im historischen Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Politik. Im ersten Obergeschoss tauchen Besucherinnen und Besucher in eine europäische Geschichte der Zwangsmigrationen ein. Sechs Themeninseln dienen als Einführung und Überblick. Sie können in beliebiger Reihenfolge entdeckt werden. Großformatige Exponate und Objektinstallationen an jeder Insel wecken die Neugier. Im zweiten Obergeschoss geht es vertiefend um Flucht und Vertreibung der Deutschen. Ein chronologischer Rundgang führt das Publikum durch drei Bereiche. Projektionen an den Wänden lassen einzelnen Personen oder Familien hervortreten und schaffen eine besondere Atmosphäre.

Bibliothek und Zeitzeugenarchiv
In einer Bibliothek sowie einem Zeitzeugenarchiv im ersten Obergeschoss können Interessierte an 40 Einzel- und Gruppenarbeitsplätzen forschen, lesen und stöbern: in den Sammlungen der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, aber auch in anderen Beständen und Datenbanken zur Familienforschung (z.B. Lastenausgleichsarchiv, Archion, Ancestry).

Bildungsangebote und Veranstaltungen
Als Lern- und Erinnerungsort richtet sich das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung speziell an Schulklassen, Jugendgruppen und Erwachsene. Führungen, Workshops mit thematischen und regionalen Schwerpunkten sowie Fortbildungen für Lehrkräfte stehen auf dem Programm. Im Veranstaltungssaal im Erdgeschoss finden ab Herbst 2021 Veranstaltungen wie Lesungen, Filmvorführungen, Vorträge und Diskussionen statt.

Inklusion und Partizipation
Alle öffentlichen Bereiche sind barrierefrei. Ein taktiles Bodenleitsystem, Tastmodelle sowie Kennzeichnungen in Braille-Schrift erleichtern die Orientierung für alle. In der Ständigen Ausstellung gibt es neun Erklärfilme in leichter Sprache und Gebärdensprache sowie zwölf Zwei-Sinne-Objekte. Führungen finden auch in einfacher Sprache und für Menschen mit Sehbehinderung sowie in Gebärdensprache statt.