Schäfchenzählen auf den Friedhöfen: Straßen- und Grünflächenamt startet Beweidung in Baumschulenweg und Oberschöneweide

Pressemitteilung vom 19.11.2024

„Sieben, acht, neun“, zählt Hannah Becker leise, als ein Schaf nach dem anderen aus der Tür des weißen Anhängers auf die Wiese springt und losprescht. Die Tiere bleiben schließlich stehen und schauen sich um. Brennnesseln, Löwenzahn und Gestrüpp durften sich in dem umzäunten, grünen Bereich auf dem Neuen Teil des Friedhofs Baumschulenweg ungestört ausbreiten. Die Schafe machen sich an die Arbeit: Drei Tiere knöpfen sich den Efeu an einem Baumstamm vor, der Rest der Herde beginnt am Bodenbewuchs zu rupfen. Die kleine Herde ist hier, um diese kontrolliert verwilderte Fläche zu „mähen“.

Für Bestattungen wird die Fläche, auf der die 16 Rauhwolligen Pommerschen Landschafe in den kommenden drei bis vier Wochen grasen werden, nicht mehr verwendet. Mit dem Einsatz der tierischen Rasenmäher etabliert das Straßen- und Grünflächenamt Treptow-Köpenick eine vielfältige und ökologische Nutzung für diese sogenannten „Friedhofsüberhangflächen“ und wertet dabei diesen besonderen Ort für Besucherinnen und Besucher auf. „Ich finde, das ist ein gutes Projekt. Die friedvolle Art von Schafen passt sehr gut zu einem Friedhof“, sagt Hannah Becker. Die Agrarwissenschaftlerin arbeitet für den landwirtschaftlichen Betrieb, den das Bezirksamt beauftragt hat, und ist dort für Beweidung zuständig. Sie wird zusammen mit ihrer Praktikantin täglich auf der Weidefläche vorbeischauen, um die Tiere mit Wasser zu versorgen und ihren Gesundheitszustand zu kontrollieren. Zu kalt wird den Schafen nicht: „Die haben mit ihrer dichten Wolle die beste Outdoor-Kleidung an, die man sich vorstellen kann“, sagt die 37-Jährige.

Mit Futter versorgen sich die Schafe bei ihrem „Mäh-Einsatz“ quasi selbst. Sie fressen dabei den Bewuchs mosaikartig, langsam und leise ab. Tiere, die in der Wiese ihren Lebensraum haben, werden so – im Gegensatz zum maschinellen Rasenmähen – kaum gestört oder gefährdet. Das kommt unter anderem Grashüpfern, Bienen, Schnecken, Blindschleichen oder auch Brandmäusen zugute. Von einer höhengestaffelten Wiese profitieren auch verschiedene Vogelarten, allen voran das Rotkehlchen oder der Steinkauz. Für die Pflanzenwelt ist die Beweidung ebenfalls von Vorteil: Pflanzen, die den Weidetieren nicht schmecken, werden „freigefressen“, niedrigwachsende Arten bekommen mehr Licht. Samen bleiben im Fell der Schafe hängen und verbreiten sich so auf weiteren Flächen.

Im November 2022 hatte das Straßen- und Grünflächenamt die Beweidung auf Friedhöfen erstmals getestet. Die Friedhofsbesucherinnen und –besucher sowie die Nutzungsberechtigten der Grabstellen auf dem Friedhof Baumschulenweg hatten das Pilotprojekt so gut angenommen, dass dank Sondermitteln im Herbst 2023 wieder Schafe zum Mähen zum Einsatz kommen konnten – dieses Mal auf den Friedhöfen Adlershof, Oberschöneweide und Baumschulenweg.

In diesem Jahr wurde der Auftrag für diese naturschutzfachliche Maßnahme wieder an den Landschaftspflegeverband Spandau e.V. vergeben. Zwei kleine Schafsherden sind im Einsatz.

Hannah Becker hat 16 Schafe gezählt. Sie schaltet den Strom am Zaun ein und macht sich bereit, die restlichen sechs Schafe im Anhänger auf dem Waldfriedhof Oberschöneweide abzuladen. Witze über das Schäfchenzählen findet sie übrigens immer noch lustig, sagt sie.

Damit Mensch und Tier gut miteinander auskommen, bittet das Straßen- und Grünflächenamt darum, dringend Folgendes zu beachten:

  • Schafe nicht füttern
  • Hunde anleinen und vom Zaun fernhalten
  • Elektrozaun nicht anfassen

Dr. Claudia Leistner, Bezirksstadträtin und Leiterin der Abteilung Stadtentwicklung, Straßen, Grünflächen und Umwelt:
„Die Beweidung mit Schafen auf unseren Friedhöfen ist etwas ganz Besonderes. Ich bekomme dazu viel positive Rückmeldung und freue mich, dass diese wirklich schöne Form der naturnahen Pflege auf den Friedhöfen umgesetzt werden kann. Wenn uns auch in Zukunft finanzielle Mittel für die Beweidung zur Verfügung stehen, wollen wir diese Maßnahmen etablieren.“

Weitere Informationen:
  • Schäfchenzählen auf den Friedhöfen - 2
  • Schäfchenzählen auf den Friedhöfen - 1
  • Schäfchenzählen auf den Friedhöfen - 3