Friedhofsflächen entwickeln

Staudenbeet Friedhof
Pflanzaktion mit dem Verein Urbanität und Vielfalt

Das Straßen- und Grünflächenamt strebt an, eine vielfältige und möglichst ökologische Nutzung auf sogenannten “Friedhofsüberhangflächen” zu etablieren und dabei gleichzeitig diesen besonderen Ort für Besucherinnen und Besucher aufzuwerten.

Was sind Friedhofsüberhangflächen? Das sind Flächen auf dem Friedhof, die vorerst nicht für Bestattungen verwendet werden.

Warum eignen sich die Flächen so gut für die Förderung der Artenvielfalt?
Friedhofsüberhangflächen sollen laut Flächenentwicklungsplan (FEP) einer neuen Nutzung mit geringem Pflegeaufwand zugeführt werden, und zwar vorwiegend als “Grünfläche / Wald”. Da Friedhöfe besonders schützenswerte Orte sind, bietet sich eine schonende Form der Nutzung an. Mit ihren vorhandenen Strukturen und der Aussicht auf ein respektvolles Verhalten der Besuchenden eignen sich die Flächen besonders gut dafür, um die Artenvielfalt zu steigern.

Mehr Infos zum Thema gibt es hier bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz: Friedhöfe als Hotspots biologischer Vielfalt

Wie findet das Straßen- und Grünflächenamt geeignete Maßnahmen? Potenziale der Flächen werden analysiert, Flora und Fauna untersucht, sowie Möglichkeiten zur Aufwertung der Friedhofsflächen ermittelt. Auf Grundlage der Ergebnisse werden angepasste Maßnahmen ergriffen. So entstehen dann zum Beispiel Wildbienenhabitate und Zauneidechsenquartiere oder es werden Brutvogelnisthilfen sowie Fledermauskästen installiert. Auf einigen Teilflächen findet auch Beweidung statt. Insekten- und wildbienenfreundliche Neupflanzungen und Ansaaten gehören ebenso zu den breit gefächerten Maßnahmen wie die Umgestaltung der Flächen zu Orten, an denen Natur für Besucherinnen und Besucher erlebbar wird.

Skizze für Wildbienenhabitat auf dem Friedhof Baumschulenweg

Wildbienenhabitat

Im nordöstlichen Bereich des Alten Teils des Friedhofs Baumschulenweg an der Kiefholzstraße, nahe der Abteilungen D3 und D4, entsteht auf 700 Quadratmetern ein multifunktionales Wildbienenhabitat, das die verschiedenen Lebensräume und Ansprüche der Wildbienen berücksichtigt.

Die Umsetzung des Projektes hat Ende des Jahres 2022 begonnen und soll Ende 2023 abgeschlossen werden. Angelehnt an Kraterbeete, die ihren Ursprung in Regionen mit langen Hitzeperioden und feuchten Wintern haben, werden hügelförmige Rundbeete und im Zentrum eine Mulde als Regenwasserretentionsfläche angelegt. Dadurch entstehen unterschiedliche Temperatur- und Feuchtigkeitszonen, womit verschiedene darauf abgestimmte Pflanzen von Obstgehölzen über trockenheitsverträgliche Wildblumen bis feuchtigkeitsliebende Stauden einen passenden Standort finden. Für das Wildbienenhabitat hat der Verein Urbanität und Vielfalt in Abstimmung mit der Koordinierungsstelle Florenschutz zwölf bedrohte oder seltene Arten aus dem Lebensraum Trockenrasen angezogen und mit Freiwilligen des Projektes insgesamt 1500 Pflanzen im Herbst 2022 gepflanzt.

Neben den Pflanzflächen werden Flächen mit unterschiedlichen Materialien angelegt, so dass die vielfältigen Nistmöglichkeiten von Erde, Holz, Steinen über Stängel bis sonstigen Hohlräumen abgedeckt werden können. Von der Herstellung verschiedener Strukturen profitieren auch andere Tierarten wie Vögel, Fledermäuse, Reptilien oder weitere Insekten. Gleichermaßen wertet das Habitat die Friedhofsfläche optisch auf und bietet der Bevölkerung ein besonderes Besuchs- und Erholungserlebnis.

Wege und Bänke auf dem Friedhof Oberschöneweide

Naturerlebnis fördern

Auf dem Friedhof Oberschöneweide wurden die Friedhofsüberhangflächen untersucht und geprüft, wie sich dort die Artenvielfalt erhalten oder erweitern lässt. Daraus haben sich viele, verschiedene Maßnahmen ergeben, die nicht nur eine naturverträgliche Form der Nachnutzung sind, sondern auch gleichzeitig die stillgelegten Flächen auf dem Friedhof für die Besucherinnen und Besucher aufwerten.

Neuanlage & Neupflanzungen
Es wurden unter anderem insekten- und wildbienenfreundliche Staudenbeete und Blühgehölze (z.B. einzelne, freistehende Hecken) angepflanzt. Auch Vogelschutz- und Nährgehölze sowie ein Eidechsenhabitat mit insektenfreundlichen, niedrigen Wildstauden und Sandfläche für Eiablage sind auf dem Friedhof Oberschöneweide entstanden. Das Straßen- und Grünflächenamt hat dabei darauf geachtet, dass standortgerechte und trockenheitsverträgliche Pflanzen ausgewählt werden. Im Jahr 2023 entsteht zudem eine Kräuterspirale, die Insekten und Reptilien als Lebensraum dient. Geplant, aber noch nicht realisiert, ist eine Sitzmauer mit bepflanzter Natursteinschotterböschung.

Maßnahmen zur Förderung des Naturerlebnisses und zur Erholungsnutzung
Platten- und Rasenwege wurden zur Besucherlenkung angelegt und
Senioren- und Liegebänke aufgestellt. Obstwiesen, parkähnliche Bereiche und Zonen mit ungestört wachsender Bepflanzung sollen Natur ganzjährig erlebbar machen. Dazu wurden Frühjahrs- und Sommerblüher angelegt, fruchttragende Pflanzen, Pflanzen mit Herbstfärbung sowie Immergrüne für den Winter. Weitere Elemente auf dem Friedhof, die nicht nur das Naturerlebnis, sondern auch die Artenvielfalt fördern, sind unter anderem Wildblumen, Insektenhotel, Eidechsenhabitat, Futterhäuschen, Nisthilfen, Benjeshecke, Hochstubben und Totholz. Es ist beabsichtigt, einen Naturlehr- oder Umweltbildungspfad zu realisieren.

Naturnahe Pflege & Flächenentwicklung Die Friedhofsüberhangsflächen auf dem Friedhof Oberschöneweide werden naturnah gepflegt. Dazu werden die folgenden Instrumente und Maßnahmen angewendet:
  • Extensive Pflege der Stauden- und Gehölzflächen
  • Differenzierte Pflege der Grünflächen: tierfreundliche, einschürige Mahd in alternierenden Streifen mit Überwinterungsinseln (zwei Schnitte pro Jahr im Spätsommer/Herbst), sukzessive Abmagerung durch Aufnahme des Mahdgutes;
  • Intensive Mahd der Platten- und Rasenwege
  • Erhaltung der Spontanvegetation, wie z.B. von Brennnessel als Schmetterlingshabitat oder Nachtkerze als Futterpflanze für Nachtfalter
  • Belassen von Totholz (große Stammrollen, Benjeshecken, Wurzelstubben) und – sofern es mit der Verkehrssicherungspflicht vereinbar ist – auch Hochstubben
  • Entwicklung eines naturnahen Gehölzbestandes mit Saumstruktur
  • Ungestörte Waldentwicklung einer ehemaligen Abteilung (“freie Wildnis”)
Schaf grast auf dem Friedhof Baumschulenweg

Beweidung - Hier wird gemä(ää)ht!

Eine kleine Schafherde hat im November 2022 einige Überhangflächen auf dem Friedhof Baumschulenweg „gemäht“. Das Pilotprojekt lief fünf Wochen lang und wurde von Friedhofsbesucherinnen und –besuchern sowie den Nutzungsberechtigten der Grabstellen sehr gut angenommen. Mit diesem „Pilotprojekt“ versucht das Straßen- und Grünflächenamt, eine vielfältige und möglichst ökologische Nutzung im Friedhofsumfeld zu etablieren und dabei diesen besonderen Ort für Besucherinnen und Besucher aufzuwerten.

Beweidung ist eine traditionelle Form der Landschaftspflege und trägt gleichzeitig zum Naturschutz sowie zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Schafe „mähen“ die Wiese mosaikförmig, langsam und leise. Dadurch werden Tiere, die in der Wiese ihren Lebensraum haben, kaum gestört oder gefährdet – zu ihnen gehören unter anderem Grashüpfer, Bienen, Schnecken, Blindschleichen oder auch Brandmäuse. Von der höhengestaffelten Wiese profitieren auch verschiedene Vogelarten, allen voran das Rotkehlchen oder der Steinkauz. Für die Pflanzenwelt ist die Beweidung ebenfalls von Vorteil. Beispielsweise bleiben Samen im Fell der Schafe hängen und verbreiten sich so auf weiteren Flächen. Pflanzen, die den Weidetieren nicht schmecken, werden „freigefressen“, niedrigwachsende Arten bekommen mehr Licht.

Eine Fortführung oder auch Erweiterung des Projekts im Jahr 2023 wird angestrebt, ein konkreter Zeitraum steht noch nicht fest. Sind ausreichend finanzielle Mittel verfügbar, könnten sogar bald auf weiteren Friedhöfen Schafe grasen.

Damit Mensch und Tier gut miteinander auskommen, bittet das Straßen- und Grünflächenamt folgende Hinweise zu beachten:
- Tiere nicht füttern
- Hunde fernhalten
- Elektrozaun nicht anfassen

Mehr zum Thema:
Beweidung im Erpetal
Naturnahe Pflege

Verschiedene Maßnahmen auf den städtischen Friedhöfen in Treptow-Köpenick

  • Plattenwege auf dem Friedhof Oberschöneweide

    Plattenwege zur Besucherlenkung auf dem Friedhof Oberschöneweide

  • Plattenwege auf dem Friedhof Oberschöneweide

    Staudenbeet mit Plattenweg auf dem Friedhof Oberschöneweide

  • Eidechsenhabitat mit Sandstreifen für die Eiablage auf dem Friedhof Oberschöneweide

    Eidechsenhabitat mit Sandstreifen für die Eiablage auf dem Friedhof Oberschöneweide

  • Obswiese auf dem Friedhof Oberschöneweide

    Obstwiese auf dem Friedhof Oberschöneweide

  • Wildbienenhabitat auf dem Friedhof Baumschulenweg

    Wildbienenhabitat auf dem Friedhof Baumschulenweg

  • Schafherde grast auf Friedhof Baumschulenweg

    Beweidung auf dem Friedhof Baumschulenweg