Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das
Bezirksamt hat sich beim Senat für eine öffentliche Kampagne zur Einführung des
kommunalen Wahlrechts eingesetzt. Hierbei hat es darauf hingewiesen, dass
politische Partizipation die Identifikation mit der Stadt, in der man lebt,
verstärkt und deshalb auch diejenigen, die sich nicht einbürgern lassen können
oder wollen, zumindest in sie direkt betreffenden kommunalen Angelegenheiten
mitbestimmen können sollten. Bislang ist es nur EU-Bürgern möglich, an
Kommunalwahlen teilzunehmen, dem hohen Anteil der Berlinerinnen und Berliner
ohne Staatsangehörigkeit eines EU-Landes hingegen bleibt dies verwehrt.
Frau Senatorin Dr.
Knake-Werner ist auf die Initiative des Bezirksamtes wie folgt eingegangen.
„Vielen
Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie mich darum bitten, die Beschlussvorlage der
Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung, die das Ziel einer öffentlichen
Kampagne zur Einführung des kommunalen Wahlrechts hat, in mein politisches
Handlungsspektrum einzubeziehen. Ich darf Ihnen dazu mitteilen, dass die
Verbesserung der Partizipationsmöglichkeiten von nicht EU-Bürgern ein zentrales
Anliegen der Integrationspolitik des Berliner Senats darstellt.
Der Senat hat in dem vom ihm am
03.07.2007 beschlossenen Integrationskonzept für Berlin im Leitprojekt 6 C
deutlich gemacht, dass Integration auch durch Partizipation geschaffen wird,
wozu der Zugang zu politischen Entscheidungen im kommunalen Bereich gehört. Das
Land Berlin hatte daher zusammen mit dem Land Rheinland-Pfalz im September 2007
eine Initiative zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für nicht
EU-Bürgerinnen und –Bürger gestartet. Gemeinsam hatten die Länder einen
entsprechenden Gesetzentwurf beim Bundesrat eingebracht, der durch die Änderung
des Grundgesetzes ein kommunales Wahlrecht für den o. g. Personenkreis vorsah
(BR-Drs. 623/07). Die beratenden Ausschüsse des Bundesrates hatten jedoch dem
Plenum im Oktober 2007 empfohlen, diesen Gesetzesantrag nicht in den Deutschen
Bundestag einzubringen (BR-Drs. 623/1/07). Aufgrund der bekannten politischen
Mehrheiten wäre eine erneute Bundesratsinitiative zum jetzigen Zeitpunkt wenig
erfolgversprechend.“
Das Bezirksamt sieht hiermit den Beschluss der BVV als
erledigt an.
20.02.2008 - Bezirksverordnetenversammlung
Ö 12.13 - überwiesen
Das Bezirksamt wird gebeten, die Kampagne für ein kommunales Wahlrecht für Migrantinnen und Migranten, die seit fünf Jahren legal in Deutschland leben, bei den zuständigen Stellen zu unterstützen
Das Bezirksamt wird gebeten, die Kampagne für ein kommunales Wahlrecht für Migrantinnen und Migranten, die seit fünf Jahren legal in Deutschland leben, bei den zuständigen Stellen zu unterstützen.
Hier, wo ich lebe, will ich wählen!
Des Weiteren wird das Bezirksamt gebeten, sich beim Senat für eine öffentliche Kampagne zur notwendigen Einführung des kommunalen Wahlrechts einzusetzen, wie sie im Berliner Integrationskonzept, begleitend zur Bundesratsinitiative für 2007, vorgesehen war.
Der Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung wird einstimmig zugestimmt.
10.03.2008 - Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung
Ö 3 - vertagt
Dieser Tagesordnungspunkt wird vertagt
Dieser Tagesordnungspunkt wird
vertagt.
28.04.2008 - Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung
Ö 3 - vertagt
Frau Schumacher führt aus, dass die Einführung des kommunalen Wahlrechts
für Migrantinnen und Migranten ein wichtiger Bestandteil der Integration ist
Frau Schumacher führt aus, dass die Einführung des kommunalen
Wahlrechts für Migrantinnen und Migranten ein wichtiger Bestandteil der
Integration ist. Migranten stellen einen großen Teil der Neuköllner
Bevölkerung. Frau Schumann sieht Demokratiehemmnisse in der Tatsache, dass
dieser Bevölkerungsteil nicht wahlberechtigt ist. Durch die Zustimmung zu dem
Antrag soll die Kampagne „Hier, wo ich lebe, will ich wählen“
verschiedener Wohlfahrtsverbände und Großstädte unterstützt werden. Weiterhin
soll eineKampagne des Berliner Senats
herbeigeführt werden, mit der diese Thematik in das öffentliche Bewusstsein
gerückt wird. Ziel ist es, den in Neukölln lebenden Migranten ein positives
Signal zu senden und ihnen Hoffnung auf den Erhalt des kommunalen Wahlrechts zu
machen.
Herr Albrecht führt
aus, dass die SPD bereits seit längerem die Einführung eines kommunalen
Wahlrechts für Nicht-EU-Bürger unterstützt. Menschen, die sich dauerhaft in
Berlin aufhalten, sollten durch Wahlrecht mitbestimmen dürfen.Einen ersten Vorstoß in dieser Richtung gab
es bereits vor ungefähr zehn Jahren, allerdings scheiterte dieser an den
Bestimmungen des Grundgesetzes. Die Hürden für die Einführung dieses Wahlrechts
sind hoch und können nur durch eine Änderung des Grundgesetzes überwunden
werden. Die Neuköllner BVV ist kein Gesetzgeber und damit können diese Hürden
hier nicht genommen werden. Herr Albrecht sieht auch Klärungsbedarf, welcher
Aufenthaltsstatus für den Erhalt des Wahlrechts vorhanden sein soll.
Herr Liecke sieht die
rechtliche Anbringung dieser Thematik im Verfassungsrecht. Die Fraktion der CDU
möchte zunächst die Klärung der rechtlichen Fragen, etwa zum notwendigen
Aufenthaltsstatus für den Erhalt des Wahlrechts, abwarten. Er erachtet es nicht
für sinnvoll, den Menschen Hoffnung auf kommunales Wahlrecht durch den
Beschluss des Antrags zu machen, bevor in den juristischen Fragen keine Klärung
herbeigeführt ist.
Herr Wittke
problematisiert die Unterscheidung, ob passives oder auch aktives Wahlrecht
verliehen werden soll. Das Wahlrecht kann von jedermann, der die
Voraussetzungen erfüllt, durch das Instrument der Staatsbürgerschaft erlangt
werden.Er hat große Bedenken gegen
diesen Antrag, dem er nicht zustimmen kann.
Herr Rühlmann führt
aus, dass es in seiner Partei keine Mehrheit für diesen Antrag gibt. Seiner
Meinung nach sollten grundsätzliche Regelungen zum Einwanderungsland
Deutschland herbeigeführt werden.
Herr Mengelkoch steht
der Thematik sehr ambivalent gegenüber. Einerseits besteht die Gefahr, dass
Gruppierungen mit rechtsorientierter islamischer Gesinnung besonders unter
jugendlichen bildungsfernen Migranten großen Zuspruch finden, andererseits ist
es erstrebenswert, beispielsweise alleinerziehende arabische Mütter in die
kommunale politische Willensbildung mit einzubeziehen. Herr Mengelkoch
berichtet, dass der Neuköllner Migrationsbeirat in seiner Sitzung am 8.
September über diese Thematik beraten wird.
Herr Posselt spricht sich dagegen aus, das eventuelle Wahlverhalten
einzelner als Argumentation heranzuziehen. Er hält eine rechtliche Prüfung
ebenfalls für notwendig, sieht aber durch die Zustimmung zu dem Antrag ein
positives Signal für die Mitbestimmung der migrantischen Mitbürger.
Frau Schumacher führt aus, dass mindestens sieben EU-Staaten bereits
kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer eingeführt haben. Sie sieht keine
Gefahr durch eventuelle Wahltendenzen zu extremistischen Parteien. Diese
Exotenparteien haben stets wenig Stimmen erhalten. Sie gibt zu bedenken, dass
der Antrag nicht die rechtlichen Details zur Einführung des Wahlrechts zu
klären vermag, vielmehr soll damit eine Willenserklärung an die Migrantinnen
und Migranten in Neukölln abgegeben werden. Es handelt sich um die
Unterstützung einer bereits laufenden Kampagne, nicht um die Vorlage eines
Gesetzestextes. Sie spricht sich dafür aus, den Antrag bis zur Sitzung des
Migrationsbeirates am 8. September zurückzustellen, um das Votum dieses
Gremiums in die Beratungen einzbeziehen zu können.
Der Antrag wird zur Sitzung am 8. September zurückgestellt. Es wird
geprüft, ob dieser Tagesordnungspunkt in gemeinsamer Sitzung mit dem
Migrationsbeirat beraten werden kann.
20.10.2008 - Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung
Ö 3 - ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen
Der Ausschuss hat seine Entscheidung über den Antrag bis zum Vorliegen
des entsprechenden Votums des Migrationsbeirates zurückgestellt
Der Ausschuss hat seine Entscheidung
über den Antrag bis zum Vorliegen des entsprechenden Votums des
Migrationsbeirates zurückgestellt. Dieser ist in seiner Sitzung am 08.09.2008
mit 11 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen übereingekommen, der BVV
zu empfehlen, die bereits laufende Kampagne zur Unterstützung der
Bundesratsinitiative für die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für
Drittstaatsangehörige zu unterstützen.
Die Fraktionen der SPD, Grünen und
Linken sprechen sich für ein kommunales Wahlrecht für seit vielen Jahren hier
lebende Migrantinnen und Migranten aus. Dies würde nicht nur zur Integration
und zur Stärkung der lokalen Demokratie beitragen, sondern gleichzeitig die
Ungleichbehandlung von EU- und anderen Ausländern beheben.
Die Fraktion der FDP hält die
Begründung des Antrages für nicht schlüssig und befürchtet zudem eine
ungewollte Veränderung der politischen Landschaft. Der Antrag wird daher
abgelehnt.
Die Fraktion der CDU spricht sich
ebenfalls gegen den Antrag aus. Vor Einführung eines kommunalen Wahlrechts für
Migrantinnen und Migranten sollte zunächst die Prüfung der Grundgesetzänderung
abgewartet werden. Unabhängig davon wird darauf verwiesen, dass hier lange
lebende Ausländer die Möglichkeit der Einbürgerung und damit dann auch das
aktive und passive Wahlrecht haben.
Die Fraktion der Grauen stimmt der
Intention des Antrages zu, hält ihn aber letztendlich für verfrüht. Die von den
Grünen angesprochene Beteiligung an lokalen Entscheidungsprozessen würde nach
Ansicht der Grauen aufgrund der massiven Sprachprobleme und der Unkenntnis über
lokale Zusammenhänge nicht funktionieren. In Bezug auf die Türken als größte
Ausländergruppe pflichten die Grauen der FDP bei, dass Deutsche in der Türkei
auch kein Wahlrecht haben.
Dem Antrag wird mit 7 Ja-Stimmen, 6
Nein-Stimmen und 2 Enthaltungenz u g e
s t i m m t .
03.12.2008 - Bezirksverordnetenversammlung
Ö 9.3 - ohne Änderungen in der BVV beschlossen
Der Ausschuss empfiehlt der Bezirksverordnetenversammlung die Annahme
des Antrages in folgender Fassung:
Der Ausschuss empfiehlt der
Bezirksverordnetenversammlung die Annahme des Antrages in folgender
Fassung:
Das Bezirksamt wird gebeten, die
Kampagne für ein kommunales Wahlrecht für Migrantinnen und Migranten, die seit
fünf Jahren legal in Deutschland leben, bei den zuständigen Stellen zu
unterstützen.
Hier, wo ich lebe, will ich wählen!
Des Weiteren wird das Bezirksamt
gebeten, sich beim Senat für eine öffentliche Kampagne zur notwendigen
Einführung des kommunalen Wahlrechts einzusetzen, wie sie im Berliner
Integrationskonzept, begleitend zur Bundesratsinitiative für 2007, vorgesehen
war.
Es erfolgen Redebeiträge von Herrn BV Sturm, Herrn BV
Koglin und Herrn BV Sturm.
Der Beschlussempfehlung wird mit Stimmen der SPD, Grünen
und LINKEN bei Gegenstimmen der CDU und FDP und bei Enthaltung der GRAUEN
zugestimmt.
25.03.2009 - Bezirksverordnetenversammlung
Ö 16.1 - mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen