Abschnitt 10 - Vergütung, Gelder der Gefangenen und Haftkostenbeitrag

Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe in Berlin (Berliner Strafvollzugsgesetz – StVollzG Bln) vom 4. April 2016

§ 61

Vergütung

(1) Die Gefangenen erhalten eine Vergütung in Form von

  1. Arbeitsentgelt für die Teilnahme an arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder am Arbeitstraining nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 11 oder für Arbeit nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 oder
  2. Ausbildungsbeihilfe für die Teilnahme an schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10.

(2) Der Bemessung der Vergütung sind 9 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363), das zuletzt durch Artikel 28 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung; die Vergütung kann nach einem Stundensatz bemessen werden.

(3) Die Vergütung kann je nach Art der Maßnahme und Leistung der Gefangenen gestuft werden. Sie beträgt mindestens 75 Prozent der Eckvergütung. Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, die Vergütungsstufen durch Rechtsverordnung zu bestimmen.

(4) Soweit Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten sind, kann von dem Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein Betrag einbehalten werden, der dem Anteil der Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie diese Vergütung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer erhielten.

(5) Die Höhe der Vergütung ist den Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.

(6) Gefangene, die an einer Maßnahme nach § 23 teilnehmen, erhalten hierfür nur eine Ausbildungsbeihilfe, soweit kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt besteht, die außerhalb des Vollzugs aus solchem Anlass gewährt werden.

§ 62

Vergütungsfortzahlung

Nehmen Gefangene an Maßnahmen nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 9 oder § 3 Absatz 7 Satz 2 teil, die während ihrer regulären Beschäftigungszeit stattfinden und nach § 10 Absatz 2 für zwingend erforderlich erachtet wurden, so wird ihnen als finanzieller Ausgleich für diesen Zeitraum eine Fortzahlung der Vergütung nach § 61 Absatz 1 gewährt.

§ 63

Zusätzliche Anerkennung und Ausgleichsentschädigung

(1) Haben Gefangene jeweils drei Monate lang zusammenhängend eine Tätigkeit nach §§ 21 bis 24 ausgeübt, so erhalten sie auf Antrag als zusätzliche Anerkennung über die Vergütung nach §§ 61 und 62 und die Freistellung nach § 27 hinaus eine weitere Freistellung von zwei Beschäftigungstagen unter Fortzahlung der Vergütung entsprechend § 27 Absatz 3. Die Gefangenen erhalten auf Antrag die Freistellung in Form von Langzeitausgang, sofern die Voraussetzungen nach § 42 Absatz 2 und 3 vorliegen.

(2) Anstatt die weiteren Freistellungstage nach Absatz 1 zu nehmen, können die Gefangenen auch beantragen, dass diese durch gleichwertige Vergütung entsprechend § 27 Absatz 3, die ihrem Hausgeldkonto gutzuschreiben ist, abgegolten werden.

(3) Nehmen die Gefangenen die zusätzliche Anerkennung nach Absatz 1 oder 2 nicht innerhalb eines Jahres nach Vorliegen der Voraussetzungen in Anspruch, so wird der Entlassungszeitpunkt vorbehaltlich des Absatzes 4 um die Freistellungstage nach Absatz 1 Satz 1 vorverlegt. Durch Zeiten, in denen die Gefangenen ohne ihr Verschulden durch Krankheit, Lockerungen, Freistellung oder sonstige nicht von ihnen zu vertretende Gründe an der Tätigkeit nach §§ 21 bis 24 gehindert sind, wird die Frist nach Absatz 1 Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als drei Monaten bleiben unberücksichtigt.

(4) Eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach Absatz 3 Satz 1 ist ausgeschlossen,

  1. bei Gefangenen, die eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen oder bei denen Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten und ein Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist,
  2. bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,
  3. wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse der Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,
  4. wenn nach § 456a Absatz 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird oder
  5. wenn Gefangene im Gnadenwege aus der Haft entlassen werden.

(5) Soweit eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach Absatz 4 ausgeschlossen ist, erhalten Gefangene bei ihrer Entlassung eine Ausgleichsentschädigung von zusätzlich 15 Prozent der ihnen für den Zeitraum, der Grundlage für die Gewährung der Freistellungstage gewesen ist, nach §§ 61 und 62 gezahlten Vergütung. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung. Vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich. Gefangenen, bei denen eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach Absatz 4 Nummer 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung abweichend von Satz 2 bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren Freiheitsstrafe zum Eigengeld nach § 64 gutgeschrieben, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen werden. § 57 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs gilt entsprechend.

(6) Bei der Verlegung in ein anderes Land, nach dessen Landesrecht weder erworbene Freistellungstage nach Absatz 1 noch die Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach Absatz 3 Satz 1 gewährt werden können, hat die Anstalt die gleichwertige Vergütung nach Absatz 2 zu gewähren. Bei der Verlegung in ein anderes Land, das nach seinem Landesrecht keine gleichwertige Vergütung im Sinne von Absatz 2 vorsieht, ist ein Antrag auf Abgeltung der Freistellungstage nach Absatz 2 spätestens am Tag der Verlegung zu stellen.

§ 64

Eigengeld

(1) Das Eigengeld besteht aus den Beträgen, die die Gefangenen bei Strafantritt in die Anstalt mitbringen und die sie während der Haftzeit erhalten, sowie den Teilen der Vergütung, die nicht als Hausgeld, Eingliederungsgeld oder Haftkostenbeitrag in Anspruch genommen werden.

(2) Die Gefangenen können über das Eigengeld verfügen. § 59 Absatz 2 und §§ 67 und 68 bleiben unberührt.

§ 65

Taschengeld

(1) Bedürftigen Gefangenen wird Taschengeld gewährt. Bedürftig sind Gefangene, soweit ihnen aus Hausgeld (§ 67) und Eigengeld (§ 64) monatlich ein Betrag bis zur Höhe des Taschengelds nach Absatz 3 voraussichtlich nicht zur Verfügung steht. Es bleiben bis zur Höhe des Taschengeldbetrages unberücksichtigt Arbeitsentgelt für die Teilnahme an arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder am Arbeitstraining nach § 61 Absatz 1 Nummer 1, nicht verbrauchtes Taschengeld sowie zweckgebundene Einzahlungen nach § 68 Absatz 1 Satz 1.

(2) Die Anstalt kann anordnen, dass Gefangene für die Dauer von bis zu drei Monaten als nicht bedürftig gelten, wenn ihnen ein Betrag nach Absatz 1 Satz 2 deshalb nicht zur Verfügung steht, weil sie einer ihnen zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung nach §§ 21 bis 24 nicht nachgehen oder von einer ausgeübten Beschäftigung im Sinne von § 25 Absatz 3 Satz 3 verschuldet abgelöst wurden.

(3) Das Taschengeld beträgt 14 Prozent der Eckvergütung nach § 61 Absatz 2 Satz 1. Es wird zu Beginn des Monats im Voraus gewährt. Gehen den Gefangenen im Laufe des Monats nach Absatz 1 zu berücksichtigende Gelder zu, so wird zum Ausgleich ein Betrag bis zur Höhe des gewährten Taschengeldes einbehalten.

(4) Die Gefangenen dürfen über das Taschengeld im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes verfügen. Es wird dem Hausgeldkonto gutgeschrieben.

§ 66

Konten, Bargeld

(1) Gelder der Gefangenen werden auf Hausgeld-, Eigengeld- und Eingliederungsgeldkonten in der Anstalt geführt.

(2) Der Besitz von Bargeld in der Anstalt ist den Gefangenen nicht gestattet. Im offenen Vollzug kann eine abweichende Regelung getroffen werden.

(3) Geld in Fremdwährung wird in der Regel in der Zahlstelle verwahrt oder zur Habe genommen.

§ 67

Hausgeld

(1) Das Hausgeld wird aus drei Siebteln der nach §§ 61 und 62 geregelten Vergütung gebildet.

(2) Für Gefangene, die aus einem freien Beschäftigungsverhältnis, aus einer Selbstbeschäftigung oder anderweitig regelmäßige Einkünfte haben, wird daraus ein angemessenes monatliches Hausgeld festgesetzt.

(3) Für Gefangene, die über Eigengeld nach § 64 verfügen und keine hinreichende Vergütung nach diesem Gesetz erhalten, gilt Absatz 2 entsprechend.

(4) Die Gefangenen dürfen über das Hausgeld im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes verfügen. Der Anspruch auf Auszahlung ist nicht übertragbar.

§ 68

Zweckgebundene Einzahlungen, Eingliederungsgeld

(1) Für Maßnahmen der Eingliederung, insbesondere Kosten der Gesundheitsfürsorge und der Aus- und Fortbildung, und für Maßnahmen der Pflege sozialer Beziehungen, insbesondere Telefonkosten und Fahrtkosten anlässlich von Lockerungen, kann zweckgebunden Geld eingezahlt werden. Das Geld darf nur für den jeweiligen Zweck verwendet werden. Der Anspruch auf Auszahlung ist nicht übertragbar.

(2) Die Gefangenen dürfen für Zwecke der Eingliederung ein Guthaben in angemessener Höhe bilden (Eingliederungsgeld) und auch bereits vor der Entlassung darüber verfügen. Der Anspruch auf Auszahlung ist nicht übertragbar. Bei der Verlegung in ein anderes Land, nach dessen Landesrecht gebildetes Eingliederungsgeld nicht anerkannt werden kann, wird das Eingliederungsgeld vorbehaltlich des Satzes 4 dem Eigengeldkonto gutgeschrieben. Sofern das aufnehmende Land die Bildung eines Überbrückungsgeldes im Sinne des § 51 des Strafvollzugsgesetzes vorsieht, können die Gefangenen bis spätestens zum Tag ihrer Verlegung erklären, dass ihr Eingliederungsgeld vom aufnehmenden Land als Überbrückungsgeld behandelt werden soll; geben die Gefangenen bis zu ihrer Verlegung diese Erklärung nicht ab, so wird das gebildete Eingliederungsgeld ihrem Eigengeldkonto gutgeschrieben.

§ 69

Haftkostenbeitrag

(1) Die Anstalt erhebt von Gefangenen, die sich in einem freien Beschäftigungsverhältnis befinden, sich selbst beschäftigen oder über anderweitige regelmäßige Einkünfte verfügen, für diese Zeit einen Haftkostenbeitrag. Vergütungen und zusätzliche Anerkennungen nach den §§ 61 bis 63 bleiben unberücksichtigt. Von Gefangenen, die sich selbst beschäftigen, kann der Haftkostenbeitrag monatlich im Voraus ganz oder teilweise gefordert werden. Den Gefangenen muss täglich ein Tagessatz gemäß § 61 Absatz 2 Satz 2 verbleiben. Von der Geltendmachung des Anspruchs ist abzusehen, soweit die Wiedereingliederung der Gefangenen hierdurch gefährdet würde.

(2) Der Haftkostenbeitrag wird in Höhe des Betrages erhoben, der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung stellt den Durchschnittsbetrag für jedes Kalenderjahr nach den am 1. Oktober des vorhergehenden Jahres geltenden Bewertungen der Sachbezüge fest. Bei Selbstverpflegung entfallen die für die Verpflegung vorgesehenen Beträge. Für den Wert der Unterkunft ist die festgesetzte Belegungsfähigkeit maßgebend.