EHEMALIGES STRAFGEFÄGNIS PLÖTZENSEE, HEUTE JUSTIZVOLLZUGSANSTALT PLÖTZENSEE UND JUGENDSTRAFANSTALT BERLIN

Geländeplan der Strafanstalt Plötzensee mit neuer, ausführlicher Legende, aus: Die Strafanstalt Plötzensee, Berlin 1935

Geländeplan der Strafanstalt Plötzensee mit neuer, ausführlicher Legende, aus: Die Strafanstalt Plötzensee, Berlin 1935

  • 1869 – 1879

    Fertigstellung und Inbetriebnahme der baugleichen Gefängnishäuser I und II, von Verwaltungsgebäude, Küchen- und Waschhaus, Krankenhaus, Betriebsgelände sowie einigen Beamtenwohnungen außerhalb der Gefängnismauer, etwas später Bau der Gefängnishäuser III und IV sowie der Arbeitsbaracken

  • nach 1945

    Das gesamte Strafgefängnis wird zu einer Jugendstrafanstalt

  • 1987/88

    Trennung des Gebäudekomplexes in die Justizvollzugsanstalt Plötzensee und die Jugendstrafanstalt Berlin

Das Strafgefängnis Plötzensee war die größte Gefängnisanlage in Preußen mit Platz für 1.400 bis 1.500 männliche Häftlinge aus der Stadt Berlin und den umliegenden Verwaltungsbezirken. Mit dem Bau mehrerer eigenständiger Gefängnishäuser konnten unterschiedliche Formen des Strafvollzugs umgesetzt werden: Die Häftlinge verbüßten hier Kurzzeit-, Gefängnis oder Zuchthausstrafen in Gemeinschaftshaft, Isolierhaft und in gemischten Systemen oder waren in Untersuchungshaft.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Justiz und damit auch die Justizvollzugsanstalten Teil des Terrorapparats. Ab Februar 1933 setzten die Nationalsozialisten wesentliche Grundrechte außer Kraft, um ihre Herrschaft zu sichern. Massenhaft wurden politische Gegner in sogenannte „Schutzhaft“ genommen, in Gefängnisse, Lager und Folterstätten verschleppt und auch in Plötzensee inhaftiert.

Das Strafgefängnis wurde ab 1934 zur Drehscheibe für Gefangenenverlegungen aus Einrichtungen in ganz Preußen. Von
hier aus erfolgten große Häftlingstransporte in neu eingerichtete Strafarbeitslager, zum Beispiel im Emsland und in Norwegen, oder in frühe Konzentrationslager wie in das KZ Sonnenburg bei Küstrin. Im Justizsystem beginnt Mitte der 1930er Jahre ein Prozess der weiteren Radikalisierung, denn mit dem „Gewohnheitsverbrechergesetz“ von 01.01.1934 kommt es zu einem Wechsel vom Tat- zum Täterstrafrecht. Das Gesetz wird zu einem Instrument der willkürlichen „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“. Spätestens bei Kriegsbeginn 1939 ist mit der „Verordnung gegen Volksschädlinge“ ein Instrument geschaffen, mit dem als „gemeinschaftsfremd“ ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen kriminalisiert werden, um sie letztendlich auch physisch zu vernichten.

Das Strafgefängnis Plötzensee war eine zentrale Hinrichtungsstätte der NS-Justiz. Die größte Gruppe der mehr als 2.800 hier Ermordeten waren Männer und Frauen aus Deutschland und allen Teilen des besetzten Europas, die wegen Widerstandshandlungen gegen das nationalsozialistische Regime verurteilt wurden, darunter die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, Angehörige des Widerstandsnetzwerks Rote Kapelle und des tschechischen Widerstands.

„Aus der Geschichte erwächst daher heute die Verpflichtung für die Justiz und den Justizvollzug, die Grundrechte von Gefangenen in besonderem Maße zu wahren.“
Dr. Uwe Meyer-Odewald, Anstaltsleiter 2016 – 2024

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