Abschnitt 5 - Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeit

§ 20

Ziel von Qualifizierung und Arbeit

Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeit haben insbesondere das Ziel, die Fähigkeiten der Gefangenen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu verbessern oder zu erhalten. Beschäftigung im Vollzug ist daher danach auszurichten, dass sie den Erfordernissen des Arbeitsmarktes Rechnung trägt.

§ 21

Arbeitstherapeutische Maßnahmen

Arbeitstherapeutische Maßnahmen dienen dazu, dass die Gefangenen Eigenschaften wie Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen und Konzentrationsfähigkeit einüben, um sie stufenweise an die Grundanforderungen des Arbeitslebens heranzuführen.

§ 22

Arbeitstraining

Arbeitstraining dient dazu, Gefangenen, die nicht in der Lage sind, einer regelmäßigen und erwerbsorientierten Beschäftigung nachzugehen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die eine Eingliederung in das leistungsorientierte Arbeitsleben fördern. Die in der Anstalt dafür vorgehaltenen Maßnahmen sind danach auszurichten, dass sie den Gefangenen für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen vermitteln.

§ 23

Schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen

(1) Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung und vorberufliche Qualifizierung im Vollzug (schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen) haben das Ziel, den Gefangenen die Fähigkeiten zur Eingliederung und zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln sowie vorhandene Fähigkeiten zu erhalten oder zu verbessern. Sie werden in der Regel als Vollzeitmaßnahme durchgeführt. Bei der Festlegung von Inhalten, Methoden und Organisationsformen der Qualifizierungsangebote werden die Bedürfnisse und Besonderheiten der jeweiligen Zielgruppe berücksichtigt.

(2) Berufliche Qualifizierungsmaßnahmen sind darauf auszurichten, den Gefangenen für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen zu vermitteln.

(3) Geeigneten Gefangenen soll die Teilnahme an einer schulischen oder beruflichen Aus- oder Weiterbildung ermöglicht werden, die zu einem anerkannten Abschluss führt.

(4) Die Vollzugs- und Eingliederungsplanung ist darauf auszurichten, dass die Gefangenen Qualifizierungsmaßnahmen während ihrer Haftzeit abschließen oder danach fortsetzen können. Können Maßnahmen während der Haftzeit nicht abgeschlossen werden, soll die Anstalt dafür Sorge tragen, dass die begonnene Qualifizierungsmaßnahme nach der Entlassung fortgesetzt werden kann. Sie kann hierbei mit außervollzuglichen Einrichtungen zusammenarbeiten.

(5) Nachweise über schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen dürfen keinen Hinweis auf die Inhaftierung enthalten.

§ 24

Arbeitspflicht

(1) Gefangene sind zur Teilnahme an arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder Arbeitstraining oder zu Arbeit verpflichtet, wenn und soweit sie dazu in der Lage sind. § 10 Absatz 2 bleibt unberührt. Bei der Zuweisung einer Beschäftigung sind Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen der Gefangenen zu berücksichtigen.

(2) Die Verpflichtung entfällt mit dem Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters und für weibliche Gefangene soweit das gesetzliche Beschäftigungsverbot zum Schutz erwerbstätiger werdender und stillender Mütter nach dem Mutterschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung besteht.

§ 25

Beschäftigungsbedingungen und Ablösung

(1) Nehmen die Gefangenen an Maßnahmen gemäß §§ 21 bis 23 teil oder üben sie eine Arbeit gemäß § 24 aus, so gelten die von der Anstalt festgelegten Beschäftigungsbedingungen. Für schwangere und stillende Gefangene sind die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes über die Gestaltung des Arbeitsplatzes entsprechend anzuwenden.

(2) Die Gefangenen können von den in Absatz 1 Satz 1 benannten Beschäftigungen abgelöst werden, wenn

  1. sie den Anforderungen nicht gewachsen sind,
  2. sie trotz Abmahnung wiederholt gegen die Beschäftigungsvorschriften verstoßen,
  3. dies zur Erfüllung der Vollzugs- und Eingliederungsplanung geboten ist oder
  4. dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.

(3) Vor Ablösung sind die Gefangenen anzuhören. Bei einer Gefährdung der Sicherheit der Anstalt kann dies auch nachgeholt werden. Werden Gefangene nach Absatz 2 Nummer 2 oder aufgrund ihres Verhaltens nach Absatz 2 Nummer 4 abgelöst, gelten sie als verschuldet ohne Beschäftigung.

§ 26

Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung

(1) Gefangenen, die zum Freigang gemäß § 42 Absatz 1 Nummer 4 zugelassen sind, soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses oder der Selbstbeschäftigung außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn die Beschäftigungsstelle geeignet ist und nicht überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen. § 44 gilt entsprechend.

(2) Das Entgelt ist der Anstalt zur Gutschrift für die Gefangenen zu überweisen. Die Anstalt kann in geeigneten Fällen hiervon Ausnahmen zulassen.

§ 27

Freistellung

(1) Haben die Gefangenen ein halbes Jahr lang gearbeitet, so können sie beanspruchen, zehn Arbeitstage von der Arbeit freigestellt zu werden. Zeiten, in denen die Gefangenen infolge Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert waren, werden auf das Halbjahr mit bis zu 15 Arbeitstagen angerechnet. Der Anspruch verfällt, wenn die Freistellung nicht innerhalb eines Jahres nach seiner Entstehung erfolgt ist.

(2) Auf die Zeit der Freistellung wird Langzeitausgang gemäß § 42 Absatz 1 Nummer 3 angerechnet, sofern er in die Arbeitszeit fällt. Gleiches gilt für einen Langzeitausgang nach § 43 Absatz 1, sofern er nicht wegen des Todes oder einer lebensgefährlichen Erkrankung naher Angehöriger erteilt worden ist.

(3) Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihr Arbeitsentgelt weiter.

(4) Urlaubsregelungen freier Beschäftigungsverhältnisse außerhalb der Anstalt bleiben unberührt.

(5) Für arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining sowie für schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend, sofern diese den Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erreichen.