Behandlung/ Betreuung

In der Jugendstrafanstalt Berlin gibt es verschiedene Betreuungsbereiche. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Haftdauer und die Haftart. Weitere Differenzierungen erfolgen bei den pädagogischen und therapeutischen Konzepten sowie bei dem Klientel und deren Problematiken.

Haus 1 - Sozialpädagogische Abteilung

Gemeinsam in Wohngruppen leben

Die jungen Gefangenen lernen durch die Unterbringung in Wohngruppen ihre sozialen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und zu verändern. Dies wird unterstützt durch

  • Einzel- und Gruppengespräche
  • Freizeit- und Sportaktivitäten
  • soziales Kompetenztraining und
  • ergänzende Angebote.

Lernerfolge und Stabilisierung im Sozialverhalten führen zu einer Unterbringung in höheren Stufen (stufenorientierter Wohngruppenvollzug).

In der höchsten Stufe können Vollzugslockerungen gewährt werden, um auf ein Leben außerhalb des Vollzuges vorzubereiten. Hierzu gehört auch der Einsatz als Freigänger und die Verlegung in den offenen Vollzug.

Haus 3 - Strafhaftbereich für "Junge Erwachsene"

Junge Strafgefangene die zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, sowie Jugendstrafgefangene die auf Grund eines richterlichen Beschlusses analog des Strafvollzugsgesetzes zu behandeln sind, können hier untergebracht werden sofern sie den Eignungskriterien entsprechen. Unter Anderem muss der voraussichtliche Entlassungszeitpunkt vor dem Erreichen des 27. Lebensjahres liegen, eine Eignung für den Wohnbereichsvollzug und ein erhöhter sozialpädagogischer Betreuungs- und Behandlungsbedarf festgestellt worden sein.

Die „Jungen Erwachsenen“ können gemeinsam mit den Jugendlichen alle schulischen, beruflichen bzw. berufsvorbereitenden Qualifizierungsmaßnahmen nutzen, wie auch spezielle behandlungsorientierte Freizeitangebote. Über die Nutzungsmöglichkeit aller Angebote des Beratungszentrums hinaus, gibt es Haus-interne Resozialisierungskurse und eine erweiterte Ausstattung für die „Jungen Erwachsenen“:

  • Interaktives Elternprogramm mit Babysimulatoren zum Einüben kindeswohl-förderlichen Umgangs incl. zwei Hafträumen, die zu Vater-Kind-Bereichen umgestaltet worden sind (die Teilnahme kann insbesondere auch geeigneten Jugendstrafgefangenen ermöglicht werden)
  • diverse wechselnde Behandlungsangebote zum Erlernen sozial verträglicher Kompetenzen, zur Auseinandersetzung mit Deeskalationsstrategien oder zur Suchtprävention
  • enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden der Agentur für Arbeit sowie des unterstützend entlassungsvorbereitenden Übergangsmanagements incl. dessen externer Nachsorge
  • übergreifende Zusammenarbeit mit der Einweisungsabteilung der JVA-Moabit sowie dem Offenen Vollzug Berlin, der bei Eignung der jungen Erwachsenen der aufnehmende Bereich ist.
  • ein großzügig ausgestatteter Fitnessraum und ein erweitertes Sportangebot durch Bedienstete
  • eine Bücherei mit einem gut sortierten, stetig wachsenden fremdsprachlichen Angebot
  • ansprechend wohnlich ausgestattete Aufenthaltsräume auf den Wohnbereichen
  • erweiterte Haftraumausstattung möglich: elektr. Rasierer und Zahnbürste, DVD-Player …
  • Freizeitgestaltung: Kochen, Backen, Billard, Dart, Kicker, Tischtennis, Gesellschaftsspiele
  • Schulungs-/ Gruppenräume für Freizeit- und Behandlungsangebote externer Mitarbeitende

Haus 4 - Sozialtherapeutische Abteilung

Haus 4

Die sozialtherapeutische Abteilung arbeitet nach einem spezifischen, integrativen sozialtherapeutischen Behandlungskonzept, das gezielt an den individuellen kriminogenen Risikofaktoren ansetzt und auf die Reduzierung der Rückfallrisiken ausgerichtet ist. Aufgenommen werden Gewalt- und Sexualstraftäter mit einem hohen Rückfallrisiko.

Das multiprofessionelle Team besteht aus Psychologen*innen/ Psychotherapeuten*innen, Sozialarbeiter*innen und Wohngruppen-Betreuer*innen. Neben einer intensiven Wohngruppenarbeit finden insbesondere einzeltherapeutische (psychologische/psychotherapeutische) Gespräche und gruppentherapeutische Maßnahmen
(z.B. Reasoning & Rehabilitation Programm R&R, Forensisches Therapieprogramm für junge Straftäter FORTIS, deliktspezifische Gruppenbehandlungsprogramme für Gewalt- und Sexualstraftäter) statt. Ergänzt werden die Behandlungsmaßnahmen durch schulische und berufliche Bildung/Ausbildung bzw. Arbeit.

Ebenso finden im Haus neben Kunsttherapie, tiergestützter Therapie auch umfangreiche Freizeitaktivitäten (Sport, Kochen, Backen…) statt.

Die Freizeitangebote der Anstalt können zusätzlich genutzt werden.

Haus 5 - Kurzstraferbereich

Haus 5

Als Methode kommen zum Einsatz: Einzelfallhilfe, soziale Trainingskurse und Gruppenarbeit, Arbeitshefte, Sport- und Freizeitgruppen, Vollzugslockerungen (u.a. Tagesausgänge und Freigänge) sowie Urlaub.

Zur Steigerung und Stabilisierung der sozialen Integrationskompetenz wurde ein Verhaltensfeedback- und Stufensystem entwickelt, an dem alle Mitarbeiter mitwirken. Die Aufenthaltsdauer ist in drei Teilstufen mit aufeinander abgestimmten Lernzielen gegliedert. Damit wird ein grober Orientierungsrahmen geschaffen.

Der zweite Schritt besteht in einem Verhaltensbeurteilungssystem. Dazu erhält der Inhaftierte ein tägliches bzw. wöchentliches Verhaltensfeedback im Freizeit- und Arbeitsbereich. Die Verhaltensleistung wird in einem Punktwert ausgedrückt, der wiederum die Grundlage für den Aufstieg in die nächsthöhere Stufe bildet.

Neben der erzieherischen Aufgabestellung sind die Mitarbeiter mit zahlreichen Sicherungs-, Verwaltungs- und Berichtsaufgaben (z.B. Vollzugsplanfortschreibung, Stellungnahmen) betraut.

Wie in allen Bereichen erhalten die Gefangenen auch in der Kurzstraferabteilung Hilfe und Unterstützung bei persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Problemen sowie Beratung und praktische Hilfe bei allgemeinen Behördenangelegenheiten (z.B. Arbeitsamt, Sozial- und Jugendamt usw.).

Gruppenangebote

Das Soziale Training ist ein fester Bestandteil der sozialpädagogisch orientierten Behandlungskonzeption. Es besteht im Haus 5 aus folgenden Gruppenangeboten:

  • Sucht und Abhängigkeit
  • kreative Entlassungsvorbereitung
  • Sport
  • Bewerbungstraining
  • Konflikte im Alltag
  • Geld und Schulden
  • Vorbereitung auf Vollzugslockerungen

Haus 6 und Haus 9 - Untersuchungshaftbereich

1. Phase

In der Aufnahmephase erfolgt zunächst die Problemanalyse und Hilfestellung für den Insassen, damit er die Chance hat, sich innerhalb des Anstaltsbereiches zurecht zu finden. Die Findungsphase dauert in der Regel eine Woche.

2. Phase

In der zweiten Phase steht zunächst die anamnestische Arbeit im Vordergrund und die Klärung der möglichen Arbeitswünsche innerhalb der Anstalt. Methodisch kommt hier die Einzelfallhilfe zum Einsatz, darüber hinaus auch Kleingruppenarbeit und Gruppenarbeit. Die Insassen haben die Möglichkeit, am sozialpädagogisch orientierten Programm teilzunehmen:

  • Vorbereitung auf die Hauptverhandlung
  • Anti-Gewalttraining
  • Entlassungsvorbereitung
  • sportliche Aktivitäten innerhalb der Anstalt

3. Phase

Die dritte Phase ist der Zeitraum, in dem sich Insassen auf ihren Haupttermin vorbereiten. Diese Phase ist zweigliedrig angelegt, da Insassen auf ihre mögliche Entlassung vorbereitet werden müssen und zum anderen müssen sich die Insassen damit auseinandersetzen, dass sie über einen gewissen Zeitpunkt in der Jugendstrafanstalt Berlin verbleiben müssen.

Haus 7 - Einweisungs- und Diagnostikabteilung

Die zentrale Aufgabe der Einweisungs- und Diagnostikabteilung ist die Erstellung eines Vollzugs- und Eingliederungsplans (§ 11 JStVollzG Bln), der die individuellen Ziele während der Inhaftierung skizziert. Er zeigt dem Jugendstrafgefangenen bereits zu Beginn der Haftzeit die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen auf, beispielsweise hinsichtlich schulischer Bildung, beruflicher Qualifizierung, Verhaltensänderung und sozialer Kompetenzen.
Zuvor wird in einem diagnostischen Verfahren der Förder- und Erziehungsbedarf ermittelt (§ 10 JStVollzG Bln). Dazu werden in Gesprächen mit dem Jugendstrafgefangenen Informationen zur Persönlichkeit und zu den Lebensumständen, zu den Ursachen und Hintergründen der Straftat(en) sowie zu sonstigen Gesichtspunkten, deren Kenntnis für eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung und die Eingliederung nach der Entlassung notwendig erscheint, erhoben. Zudem werden Fremdinformationen (u. a. Urteile, Berichte der Jugendgerichts- und Bewährungshilfe, etwaige Gutachten) ausgewertet.
In einer Konferenz unter Mitwirkung der an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten wird über den Förder- und Erziehungsbedarf beraten und über den Vollzugsplan entschieden, was auch die Entscheidung über die Unterbringung im offenen oder geschlossenen Vollzug, die Gewährung von Lockerungen sowie über die Zuweisung in einen Behandlungsbereich (sozialpädagogische Betreuung, Sozialtherapeutische Abteilung, Drogenfachabteilung) umfasst. Dem Jugendstrafgefangenen wird der Vollzugsplan in der Konferenz eröffnet und erläutert.

Haus 8 - Drogenfachbereich

Bei der Klientel der Drogenfachabteilung handelt es sich um männliche Jugendliche und Heranwachsende, zu deren Gesamtproblematik der Konsum von Drogen und die damit verbundene Suchtmittelabhängigkeit zählen. Das Stufenkonzept der Drogenfachabteilung basiert auf den gewonnenen fachlichen Erkenntnissen von nunmehr über 30 Jahren systematischer Drogenarbeit im Jugendstrafvollzug Berlin, orientiert sich an der gängigen Praxis drogentherapeutischer Einrichtungen und beinhaltet insbesondere verhaltenstherapeutische Elemente.

Behandlungsziele

• Drogenfreiheit und Entwicklung einer langfristigen Abstinenzmotivation
• Schaffen einer Einsicht in die Abhängigkeitsproblematik
• Stärkung sozialer Kompetenzen, wie z.B. Umgang mit Konflikten, Erhöhung der Frustrationstoleranz, Übernahme von Eigenverantwortung, Förderung der Selbstständigkeit
• Auseinandersetzung mit der delinquenten Entwicklung
• Schaffen einer Tagesstruktur
• Entwicklung einer beruflichen/schulischen Perspektive
• Vorbereitung einer optimalen Entlassungssituation

Behandlungsmethoden

• Verhaltenstherapeutisch ausgerichtetes Stufenkonzept, das Anreize für ein positives Sozialverhalten und für die Abstinenz bietet
• Engmaschige Abstinenzkontrollen

• Beschäftigung und Qualifizierung in den hauseigenen Arbeitsbetrieben – Arbeitstraining, Grundbildungskurs

• Wohngruppenarbeit
• Sozialpädagogische und psychologische Einzelgespräche
• Biographiearbeit
• Beziehungsarbeit
• Vollzugslockerungen wie z.B. Tagesausgänge und Freigang

• Angehörigenarbeit

Gruppenangebote

• Therapiemotivationsgruppe
• Suchtgruppe “Grundkurs Sucht”
• Externe Drogenberatung – LogIn

• Denkzeit-Training
• Politische Bildungsreihe – Violence-Prevention-Network
• Prävention und Deradikalisierung – Violence-Prevention-Network

• Kunsttherapie
• „Mit Maschen- überraschen“- Häkeln von Mützen und Schals für obdachlose Menschen
• Pen -&- Paper – Rollenspiel

• Sportgruppen im hauseigenen Fitnessraum
• Sportgruppen Fußballplatz/Sporthalle

Offener Vollzug

Die offene Vollzugsform dient der Entlassungsvorbereitung. Ziel ist es, den jungen Gefangenen schrittweise wieder in die Gesellschaft einzugliedern.

Der Sicherheitsaspekt im offenen Vollzug wird insbesondere durch Betreuung und pädagogische Maßnahmen gewährleistet. Die jungen Gefangenen stehen im engen Kontakt mit unserem 12-köpfigen Betreuerteam.

In Gruppengesprächen werden die neuen Erfahrungen in der Arbeitswelt und in privaten Kontakten außerhalb der Mauern besprochen. Ebenso werden Konfliktsituationen und Geschehnisse im Vollzugsalltag thematisiert.