Wir fragen das Bezirksamt:
- Wie ist der aktuelle Zeitplan des Bezirksamtes für die Umsetzung des mit der Drucksache DS/0154/VI geforderten Projekts für die temporäre Abschaffung privater Parkplätze im Graefekiez?
- Wie ist der Zeitplan für eine Beteiligung der Anwohner:innen und Gewerbetreibenden sowie der Betroffenen rund um den Kiez?
- In welcher Weise sollen diese vor der konkreten Entscheidung über erste Maßnahmen informiert und beteiligt werden?
- Gibt es die Möglichkeit für die Betroffenen vor der Umsetzung von Maßnahmen eine Stellungnahme abzugeben?
- Inwiefern soll es eine Unterscheidung zwischen der Beforschung der Einwohner:innen und der Beteiligung durch das Bezirksamt geben?
- Für welchen Charakter des Projekts hat sich das Bezirksamt entschieden: Soll es ein Modellprojekt, ein Feldversuch, ein wissenschaftliches Experiment oder eine Intervention sein, oder alles auf einmal, wie es die Formulierungen des BVV-Beschlusses nahelegen?
- Legt sich das Bezirksamt darauf fest, dass alle ergriffenen Maßnahmen nach der Durchführung des Projektes wieder zurückgenommen werden?
- Wer soll andernfalls anhand welcher Kriterien über die Weiterführung von einzelnen ergriffenen Maßnahmen entscheiden?
- Welche rechtlichen Grundlagen hält das Bezirksamt für die Einrichtung von Parkverboten für alle privaten Autos und gleichzeitiger Schaffung von Parkraum für Car-Sharing-Angebote im Rahmen des Projekts für geeignet und welche rechtlichen Schritte wie Umwidmungen müssen gegebenenfalls vorher unternommen werden?
- Inwiefern ist die vorgesehene Ausweisung aller Straßen im Graefekiez zu Spielstraßen im Rahmen des Projekts aus der Sicht des Bezirksamts mit der Maßgabe vereinbar, dass das Befahren der Straßen grundsätzlich weiterhin möglich bleiben soll?
- Welche Geschwindigkeitsbegrenzung soll auf den Spielstraßen gelten und inwiefern rechnet das Bezirksamt mit Einhaltung dieser Regeln?
- Wie beurteilt das Bezirksamt mögliche Gefahren auf den Spielstraßen durch Verstöße gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung und inwiefern plant es Maßnahmen um darauf zu reagieren?
- Wie soll der durch die Wegnahme der Parkplätze zusätzlich gewonnene öffentliche Raum genutzt werden und welche Akteur*innen sollen daran beteiligt werden?
- Hält das Bezirksamt die Ausweisung aller Straßen des Graefekiezes als Spielstraßen für den Zeitraum des Projekts für sinnvoll?
- Welche Effekte erwartet das Bezirksamt durch das Projekt in Bezug auf den Verkehr und den Parkdruck in den umliegenden Kiezen?
- Welche Gespräche hat das Bezirksamt bezirksübergreifend mit dem Nachbarbezirk Neukölln geführt bzw. sind Gespräche geplant, um das Experiment zu kommunizieren, damit die Verkehrssituation im benachbarten Neuköllner Kiez frühestmöglich planerisch bedacht und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können?
- Welche Effekte erwartet das Bezirksamt im Falle einer möglichen Verstetigung des Projekts auf Mietspiegel und Gentrifizierungstendenzen, durch die Aufwertung des öffentlichen Raums im Graefekiez?
- Wie soll der durch das Rausnehmen von parkenden Autos zusätzlich gewonnene öffentliche Raum bespielt werden und von wem?
- Inwiefern bemüht sich das Bezirksamt um die Richtigstellung der falschen Behauptung, das Experiment sei „nicht behindertengerecht, weil die Bedürfnisse und der notwendige Zugang zu individuellen Mobilitätslösungen von kranken, beeinträchtigten und behinderten Personen nicht berücksichtigt werden“, wie sie im gestarteten Einwohner:innen-Antrag formuliert wird? (Im BVV-Beschluss heißt es: „Die Parkplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen sollen erhalten bleiben“.)
- Sieht das Bezirksamt einen Widerspruch zwischen dem Ziel eines flächendeckenden Verkehrsberuhigungskonzepts und dem räumlich beschränkten Experiment im Graefekiez?
- Welche Planungen und Vereinbarungen gibt es bislang für die wissenschaftliche Begleitung?
- Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse oder andere Vorteile erwartet das Bezirksamt als Ergebnis des Experiments?
- Inwiefern wird aus Sicht des Bezirksamt mit der Durchführung des Experiments in Interessen und Rechte der Anwohner:innen eingegriffen und wie wird das Bezirksamt gegebenenfalls eine Abwägung dieser mit anderen noch zu definierenden Interessen an dem Experiment vornehmen?
Beschluss: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10383
Unser ÄA: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10528
EA: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10453
Einwohnerantrag: https://img1.wsimg.com/blobby/go/cfb627ce-35f8-4cd7-ac33-6c501f387c45/downloads/Einwohnerantrag%20Graefekiez%20bleibt.pdf?ver=1668186111261
BVV 30.11.2022
Mündlich beantwortet: Bezirksstadträtin Annika Gerold
Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:
- Wie ist der aktuelle Zeitplan des Bezirksamtes für die Umsetzung des mit der Drucksache DS/0154/VI geforderten Projekts für die temporäre Abschaffung privater Parkplätze im Graefekiez?
- Wie ist der Zeitplan für eine Beteiligung der Anwohner:innen und Gewerbetreibenden sowie der Betroffenen rund um den Kiez?
Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:
Das Bezirksamt befindet sich aufgrund des genannten Beschlusses der BVV noch in der Grundlagenermittlung, die voraussichtlich bis Anfang 2023 andauern wird. Hierbei steht vor allem die Klärung rechtlicher Fragen im Vordergrund, um einen Verkehrsversuch in Zusammenarbeit mit der obersten Straßenverkehrsbehörde durchzuführen, da diese für Verkehrsversuche zuständig ist.
Im Anschluss an die Grundlagenermittlung wird das Bezirksamt das Projektgebiet und Zeitplan für das Beteiligungsverfahren veröffentlichen. Ein seriöser Zeitplan für die weiteren Schritte ist derzeit noch nicht darstellbar, da es weiterer Abstimmungen zwischen Bezirksamt, dem Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz bedarf.
- In welcher Weise sollen diese vor der konkreten Entscheidung über erste Maßnahmen informiert und beteiligt werden?
Dies ist Teil der Grundlagenermittlung in Zusammenarbeit mit dem WZB. Die Formulierung des Beteiligungskonzepts ist Teil der Rahmenbedingungen des Verkehrsversuches und wird durch das WZB in Absprache mit dem Bezirk erbracht. Vor konkreten Entscheidungen ist eine öffentliche Information durch das Bezirksamt geplant. Die Frage, in welcher Weise genau die Beteiligung durchgeführt wird, ist Teil eines noch zu erarbeitenden Beteiligungskonzepts.
- Gibt es die Möglichkeit für die Betroffenen vor der Umsetzung von Maßnahmen eine Stellungnahme abzugeben?
Die Möglichkeit Stellungnahmen einzureichen, wird in das Beteiligungskonzepts integriert werden.
- Inwiefern soll es eine Unterscheidung zwischen der Beforschung der Einwohner:innen und der Beteiligung durch das Bezirksamt geben?
Das WZB soll zusätzlich, zum noch zu formulierenden Beteiligungskonzept, entsprechend des Beschlusses die Erforschung von Auffassungen, zum Verkehrsversuch und dem Mobilitätsverhalten der Einwohner*innen übernehmen. Dies soll auf Basis einer repräsentativen Umfrage im Kiez, durch Fokusgruppen mit ausgewählten Gruppen von Gewerbetreibenden, sowie unter Berücksichtigung von Diversitätsmerkmalen erfolgen. Zusätzlich sollen Straßenbefragungen sowie während des Versuches zwei Bürger*innen Konferenzen organisiert werden. Parallel wird der Modal Split, also in der Verkehrsstatistik die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsträger, kurz die Verkehrsmittelwahl, vor, während und nach dem Versuch gemessen, so dass die subjektiven und objektiven Veränderungen erfasst und dokumentiert sind. Die Ergebnisse werden dem Bezirksamt kontinuierlich vom WZB zur Verfügung gestellt. Sämtliche Erhebungsdaten, Auswertungen und Schlussfolgerungen sind für den Bezirk sowie für die Öffentlichkeit zugänglich. Es ist angedacht, dass vom Bezirksamt vor und während des Versuches ggf. weitere Wünsche und Hinweise für die Begleitforschung formuliert werden können und in das Erhebungsdesign einfließen. Das Bezirksamt selbst wird keine wissenschaftliche Untersuchung unternehmen.
- Für welchen Charakter des Projekts hat sich das Bezirksamt entschieden: Soll es ein Modellprojekt, ein Feldversuch, ein wissenschaftliches Experiment oder eine Intervention sein, oder alles auf einmal, wie es die Formulierungen des BVV-Beschlusses nahelegen?
Wie unter 1. erläutert wird derzeit geprüft ob ein Verkehrsversuch nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der StVO durchgeführt werden kann. Demnach folgt das Bezirksamt in Begleitung durch das WZB derzeit dem Ansatz eines wissenschaftlichen Experiments.
- Legt sich das Bezirksamt darauf fest, dass alle ergriffenen Maßnahmen nach der Durchführung des Projektes wieder zurückgenommen werden?
- Wer soll andernfalls anhand welcher Kriterien über die Weiterführung von einzelnen ergriffenen Maßnahmen entscheiden?
Fragen 7 und 8 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:
Das Bezirksamt sieht derzeit vor, flankierend zum Verkehrsexperiment verkehrssichernde und verkehrsregelnde Infrastrukturen umzusetzen: Fahrradbügel, Querungsanlagen insbesondere an Knotenpunkten, Sharing-Angebote und Lieferzonen für Gewerbe und Anwohnende. Weiterhin wird es Stellplätze für mobilitätseingeschränkte Personen geben. Möglicherweise werden auch Entsiegelungsmaßnahmen durchgeführt. Diese Maßnahmen sind auch an anderen Orten im Bezirk auf Grundlage von Beschlusslagen der BVV vorgesehen und würden daher nicht zurückgebaut.
Die Frage des Freihaltens von ungenutzten Stellplätzen wird Gegenstand der Beteiligung sein.
- Welche rechtlichen Grundlagen hält das Bezirksamt für die Einrichtung von Parkverboten für alle privaten Autos und gleichzeitiger Schaffung von Parkraum für Car-Sharing-Angebote im Rahmen des Projekts für geeignet und welche rechtlichen Schritte wie Umwidmungen müssen gegebenenfalls vorher unternommen werden?
Genehmigungsgrundlage für die Schaffung von Carsharing-Angeboten sind die StVO und das Berliner Straßengesetz. Hier gibt es bereits eine bestehende Verwaltungspraxis, nach der eine verkehrsrechtliche Anordnung in Verbindung mit einer Sondernutzungsgenehmigung erfolgt.
- Inwiefern ist die vorgesehene Ausweisung aller Straßen im Graefekiez zu Spielstraßen im Rahmen des Projekts aus der Sicht des Bezirksamts mit der Maßgabe vereinbar, dass das Befahren der Straßen grundsätzlich weiterhin möglich bleiben soll?
In Bezug auf das Zitat aus der DS 0154/VI, dass das Befahren grundsätzlich weiterhin möglich sein soll, wird seitens des Bezirksamtes angenommen, dass die Antragsteller*innen sich auf verkehrsberuhigte Bereiche (umgangssprachlich Spielstraßen) bezogen. Spielstraßen mit einem allgemeinen Durchfahrtsverbot (Zeichen 250 StVO in Verbindung mit Zusatzzeichen 1010-10 StVO „spielende Kinder“) sind im Graefekiez, über das derzeit vorhandene Maß der temporären Spielstraße in der Böckhstraße derzeit nicht vorgesehen. Ggfs. wird das Bezirksamt vor den Schulstandorten im Graefekiez temporäre Schulstraßen im Rahmen der Schulwegsicherheitsinitiative aber nicht im Rahmen des Verkehrsexperiments anordnen.
- Welche Geschwindigkeitsbegrenzung soll auf den Spielstraßen gelten und inwiefern rechnet das Bezirksamt mit Einhaltung dieser Regeln?
Wie unter 10. beschrieben gilt in einer Spielstraße ein dauerhaftes oder ein temporäres Durchfahrtsverbot.
Für den Fall, dass mit der Frage ein Verkehrsberuhigter Bereich (Zeichen 325.1 StVO) gemeint ist, gilt hier, dass Schrittgeschwindigkeit einzuhalten ist. Die weiteren Verhaltensregeln ergeben sich aus der Straßenverkehrsordnung mit den einschlägigen Bestimmungen zum Verhalten in verkehrsberuhigten Bereichen. Dazu gehören u.a., dass der Fußverkehr durch Autos weder gefährdet noch behindert werden darf und das Parken nur in gekennzeichneten Flächen erlaubt ist. Die Straßen dürfen in Gänze für den Fußverkehr genutzt werden. Spielende Kinder sind überall erlaubt. Ob die aktuelle Straßengestaltung im Graefekiez dies ermöglicht, würde ich mal Vorsichtig als „fraglich“ bezeichnen.
- Wie beurteilt das Bezirksamt mögliche Gefahren auf den Spielstraßen durch Verstöße gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung und inwiefern plant es Maßnahmen um darauf zu reagieren?
Unter der erneuten Annahme, dass mit der Frage ein verkehrsberuhigter Bereich gemeint ist, müssten diese Bereiche mit geeigneten Maßnahmen gegen Geschwindigkeitsüberschreitungen baulich gesichert werden. Die bauliche Sicherung liegt in der Zuständigkeit des Bezirksamtes, die Kontrolle der Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen liegt der Zuständigkeit der Berliner Polizei.
- Wie soll der durch die Wegnahme der Parkplätze zusätzlich gewonnene öffentliche Raum genutzt werden und welche Akteur*innen sollen daran beteiligt werden?
Dies ist Gegenstand des Beteiligungsverfahrens.
- Hält das Bezirksamt die Ausweisung aller Straßen des Graefekiezes als Spielstraßen für den Zeitraum des Projekts für sinnvoll?
Sollte auch hier ein verkehrsberuhigter Bereich gemeint sein, dann möchte ich darauf hinweisen, dass die Straßen im Graefekiez bereits heute in weiten Teilen als verkehrsberuhigter Bereich angeordnet sind. Eine Verbesserung der tatsächlichen Situation im Sinne der Antwort auf Frage 11 hält das Bezirksamt für sinnvoll. Eine Ausweisung aller Straßen als Spielstraßen wie unter 10. genannt ist durch das Bezirksamt nicht geplant.
- Welche Effekte erwartet das Bezirksamt durch das Projekt in Bezug auf den Verkehr und den Parkdruck in den umliegenden Kiezen?
Das BA erwartet drei Effekte unter der Annahme, dass zusätzliche Stellplätze für Sharing-Angebote und ggfs. Parkplätzen im Parkhaus Herrmannplatz geschaffen werden:
- Umstieg auf andere Verkehrsträger, Veränderung des Modal Split
- Parken im Parkhaus am Herrmannplatz statt im öffentlichen Raum
- weitere Verlagerungseffekte des ruhenden Verkehrs
- Welche Gespräche hat das Bezirksamt bezirksübergreifend mit dem Nachbarbezirk Neukölln geführt bzw. sind Gespräche geplant, um das Experiment zu kommunizieren, damit die Verkehrssituation im benachbarten Neuköllner Kiez frühestmöglich planerisch bedacht und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können?
Im Rahmen einer Besprechung mit dem für Verkehr zuständigen Stadtrat und Mitarbeitenden des SGA Neukölln zum Thema verkehrsberuhigende Maßnahmen im Reuterkiez wurde Seitens des Bezirksamtes auch der Beschluss der BVV zum Graefekiez angesprochen.
- Welche Effekte erwartet das Bezirksamt im Falle einer möglichen Verstetigung des Projekts auf Mietspiegel und Gentrifizierungstendenzen, durch die Aufwertung des öffentlichen Raums im Graefekiez?
Ziel des Experiments ist es, den öffentlichen Raum allen, und zwar unabhängig vom Einkommen, und nicht wenigen zur Verfügung zur stellen. Dem Bezirksamt sind keine wissenschaftlichen Studien bekannt, die einen Zusammenhang zwischen Gentrifzierung und Verkehrsberuhigung nachweisen. Bekannt ist hingegen die Wichtigkeit des öffentlichen Raums gerade Menschen mit geringen Einkommen. Außerdem bekannt ist dem Bezirksamt, dass die Wahrscheinlichkeit für privaten KfZ-Besitz mit dem Einkommen steigt. Oder provokant gesagt: Wer in Berlin Auto fährt, ist selten arm.
- Wie soll der durch das Rausnehmen von parkenden Autos zusätzlich gewonnene öffentliche Raum bespielt werden und von wem?
Dies ist Gegenstand des Beteiligungsverfahrens.
- Inwiefern bemüht sich das Bezirksamt um die Richtigstellung der falschen Behauptung, das Experiment sei „nicht behindertengerecht, weil die Bedürfnisse und der notwendige Zugang zu individuellen Mobilitätslösungen von kranken, beeinträchtigten und behinderten Personen nicht berücksichtigt werden“, wie sie im gestarteten Einwohner:innen-Antrag formuliert wird? (Im BVV-Beschluss heißt es: „Die Parkplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen sollen erhalten bleiben“.)
Ich möchte dieser falschen Behauptung entschieden widersprechen. Parkplätze für Menschen mit Behinderung bleiben selbstverständlich erhalten.
- Sieht das Bezirksamt einen Widerspruch zwischen dem Ziel eines flächendeckenden Verkehrsberuhigungskonzepts und dem räumlich beschränkten Experiment im Graefekiez?
Das Bezirksamt reagiert umfassend auf die von der BVV beschlossenen Kiezblock-Anträge mit dem Konzept der flächendeckenden Verkehrsberuhigung und der geplanten Unterbindung des Durchgangsverkehrs.
Im Graefekiez greift das BA einen deutlich über den Ansatz des Kiezblocks hinausgehenden Beschluss der BVV auf. Im Fokus steht hier eine gerechtere Flächenverteilung im Kiez. Vergleichbare Beschlusslagen hinsichtlich der Umnutzung von öffentlichen Stellflächen durch die BVV für andere Kieze gibt es derzeit nicht.
- Welche Planungen und Vereinbarungen gibt es bislang für die wissenschaftliche Begleitung?
Im Rahmen der Grundlagenermittlung gibt es Gespräche zwischen WZB und dem Bezirksamt, die am Ende in einer Vereinbarung festgehalten werden. Mögliche Inhalte habe ich bereits unter 5. genannt.
- Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse oder andere Vorteile erwartet das Bezirksamt als Ergebnis des Experiments?
Das Bezirksamt erwartet folgende Erkenntnisse:
- Inwieweit das derzeitige Straßenrecht geeignet ist, andere Flächennutzungen auf öffentlichen Stellplätzen zu ermöglichen.
- Ob und wie sich der Entzug von Parkständen auf die Verkehrssicherheit auswirken.
- Welche Vorstellungen es seitens der Anwohnenden zur anderweitigen Nutzung von Parkständen vorliegen.
- Inwiefern wird aus Sicht des Bezirksamt mit der Durchführung des Experiments in Interessen und Rechte der Anwohner:innen eingegriffen und wie wird das Bezirksamt gegebenenfalls eine Abwägung dieser mit anderen noch zu definierenden Interessen an dem Experiment vornehmen?
Gegenstand des Verkehrsexperiments ist es auch, Rechtsgüter (unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit) neu zu gewichten. Es geht um die Abwägungen zwischen der Möglichkeit für KfZ-Besitzer*innen, ihre privaten Kfz praktisch kostenlos im öffentlichen Straßenland abstellen zu dürfen mit den Verbesserungen bei der Verkehrssicherheit, insbesondere für schwächere Verkehrsteilnehmende, sowie der Möglichkeit, Parkflächen für Fahrräder zu schaffen, Sharing-Angebote auszudehnen, den Aufenthalt in öffentlichen Räumen zu verbessern sowie Flächen für Maßnahmen der Klimaanpassung zu qualifizieren.