Auf dem Grabfeld U2 des Friedhofs Altglienicke wurden 1.360 Opfer nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen ohne Nennung der Namen beigesetzt. Bei diesen Toten handelt es sich überwiegend um Opfer aus verschiedenen Konzentrationslagern und Tötungsanstalten (Patientenmorde im Rahmen des sogenannten „Euthanasie“-Programms). Die Verstorbenen gehörten unterschiedlichen Nationalitäten an – allein über 400 Verstorbene aus Polen.
Um die Anonymität dieser Opfer aufzuheben, lobte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Ende 2018 einen Wettbewerb zur Neugestaltung der Grabfläche aus. Auf Empfehlung des Preisgerichts wurde dieser Auftrag der Arbeitsgemeinschaft „Erinnerungsort Altglienicke“ – gebildet aus struber_gruber mit outside < landschaftsarchitektur – übertragen. Namentlich sind das die Künstlerin Katharina Struber und der Architekt Klaus Gruber, die den künstlerischen Teil des Gesamtentwurfs konzipiert haben, und der für den landschaftsarchitektonischen Teil verantwortliche Thomas Leidinger.
Das Herzstück des künstlerischen Gesamtkonzepts von struber_gruber ist eine grüne Glaswand, welche die Namen und Lebensdaten der dort begrabenen Opfer der NS-Gewaltherrschaft in einer besonderen Form zeigt: alle Daten wurden individuell mit der Hand geschrieben.
Dazu wurden im Jahr 2020 Menschen gesucht, die Namen und Lebensdaten der Opfer auf ein Blatt Papier schreiben. Dieser persönliche Schriftzug wurde im Anschluss von den Gestaltern in eine dauerhafte Materialität und Form auf die Glaswand übertragen.
Zahlreiche Institutionen und Schulen unterstützen diesen Prozess. U. a. nutzten viele Namenspatinnen und –paten am Montag, dem 27. Januar 2020, dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, im Rathaus Köpenick die Möglichkeit, einen dieser Namen zu schreiben.
Die Neugestaltung
Die Gestaltung des Erinnerungsortes ist ähnlich wie bei Grab und Grabstein zweiteilig angelegt: Die Urnengrabstelle der Opfer wurde bepflanzt und mit einem Schriftband als gemeinsames Gräberfeld eingefasst. Auf drei Emailletafeln wird mehrsprachig über die historischen Hintergründe informiert. Ein L-förmiges Element vor der Friedhofsmauer bildet einen Aufenthaltsbereich – den Ort der Namen. Die Beschriftung dieser dunkelgrünen Glaswand ist im Beteiligungsprozess entstanden und zeigt nun die Namen und Lebensdaten der Verstorbenen individuell handgeschrieben. Dies wurde durch die Beteiligung vieler heute lebender Menschen ermöglicht.