Hier: Genehmigung zur Impfung gegen BTV-3
Allgemeinverfügung
1.
Alle Halterinnen und Halter von für die Blauzungenkrankheit empfänglichen Tierarten (Rinder, Schafe, Ziegen, Neuweltkameliden sowie gehaltene Wildwiederkäuer) dürfen ihre Tiere dieser Arten mit einem zugelassenen inaktivierten Impfstoff gegen die Blauzungenkrankheit -Serotyp 3 – oder, bis ein solcher verfügbar ist, mit einem immunologischen Tierarzneimittel, dessen Anwendung durch die Zweite Verordnung über bestimmte Impfstoffe zum Schutz vor der Blauzungenkrankheit (BTV-3-ImpfgestattungsV) gestattet wurde, durch Tierärztinnen und -ärzte impfen lassen. Hierbei sind die Angaben des
Impfstoffherstellers in Verbindung mit denen des Friedrich-Löffler-Instituts zu beachten.
2.
Wer als Tierhalterin oder -halter von der Genehmigung nach Ziffer 1 Gebrauch macht, hat dem zuständigen Bezirksamt jede Impfung gegen die Blauzungenkrankheit innerhalb von sieben Tagen nach deren Durchführung unter Angabe nachfolgender Daten mitzuteilen:
1. Registriernummer der Tierhaltung
2. Datums der Impfung
3. verwendeter Impfstoffs
4. bei Rindern: Ohrmarkennummer eines jeden geimpften Tieres
5. bei Schafen und Ziegen: Anzahl der geimpften Tiere
6. bei anderen empfänglichen Tieren: Anzahl der geimpften Tiere sowie ggfs. der Einzeltierkennzeichnung
Die Mitteilung erfolgt schriftlich an das Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin, Veterinär- und Lebensmittelaufsicht, Salvador-Allende-Str. 80B, 12559 Berlin oder per E-Mail an vetleb@ba-tk.berlin.de
Begründung
I.
Bei der Blauzungenkrankheit handelt es sich um eine Erkrankung bei Wiederkäuern und Kameliden, welche durch das Virus der Blauzungenkrankheit (BTV) verursacht wird. Das Virus existiert in 24 verschiedenen, klassischen Serotypen. Es wird nicht direkt von Tier zu Tier übertragen, sondern über kleine, blutsaugende Mücken (Gnitzen). Seit Oktober 2023 sind in Deutschland vermehrt Infektionen mit dem Virus der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 (BTV-3) aufgetreten, mittlerweile sind sämtliche Bundesländer betroffen. BTV-3 verursacht
insbesondere bei Schafen teilweise schwere Symptome und führt häufig zum Tod der Tiere. Bei Rindern wird sehr oft ein massiver Rückgang der Milchleistung registriert.
Das Friedrich-Löffler-Institut sieht momentan eine schnelle Ausbreitung des Virus, wie es bereits im Rahmen des Seuchengeschehens der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 (BTV-8) von 2006 bis 2009 zu beobachten war. BTV-8 breitete sich in Deutschland sehr schnell
flächendeckend aus, und erst die Zulassung eines Impfstoffes im Jahr 2008 und die Einführung einer Pflichtimpfung führten zu einem deutlichen Rückgang der Ausbrüche und schließlich zur Eradikation des Virus. Zum Schutz empfänglicher Tiere vor einer Infektion mit dem Virus der Blauzungenkrankheit kommt daher der Impfung eine besondere Bedeutung zu.
II.
Das Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin ist gemäß § 4 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (Allgemeines Zuständigkeitsgesetz – AZG) in der Fassung vom 22. Juli 1996 (GVBl. S. 472), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10.07.2024 (GVBl. S. 465, 473) i.V.m. § 2 Abs. 4
S. 1 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz – ASOG Bln) in der Fassung vom 11. Oktober 2006 (GVBl. S. 930), zuletzt geändert durch § 2 des Gesetzes vom 27.06.2024 (GVBl. S.
427) i.V.m. Nr. 16a Absatz 4 des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben (ZustKatOrd) zuständig für den Erlass dieser Allgemeinverfügung.
Von einer Anhörung konnte auf der Grundlage des § 1 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung (VwVfG BE) vom 21. April 2016 (GVBl. S. 218), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10.07.2024 (GVBl. S. 465,473) i. V. m § 28 Abs.
2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 344) geändert worden ist abgesehen werden. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass bei der vorliegenden Sachlage die Anhörung der Betroffenen nicht zu einer anderen Beurteilung der Dinge führen würde.
Zu Ziffer 1:
Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung aufgeführte Genehmigung der Impfung ist § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung gemeinschaftlicher und
unionsrechtlicher Vorschriften über Maßnahmen zur Bekämpfung, Überwachung und Beobachtung der Blauzungenkrankheit (EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungsverordnung) vom 30. Juni 2015 (BGBl. S. 1098), die zuletzt durch Artikel 5 der Verordnung vom 3. Mai 2016 (BGBl. I S. 1057) geändert worden ist. Demnach dürfen empfängliche Tiere gegen die Blauzungenkrankheit nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde und nur mit inaktiviertem Impfstoff geimpft werden. Die Genehmigung ist unter Berücksichtigung einer Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts zu erteilen.
Das Friedrich-Loeffler-Institut hat am 12. April 2024 das Risiko einer saisonalen Übertragung der Blauzungenkrankheit ab Mai als hoch eingeschätzt.Die Impfung mit inaktivierten Impfstoffen hat sich in der Vergangenheit als die effektivste, sicherste und auch einzige Möglichkeit zum wirksamen Schutz von Tieren gegen Infektion mit BTV herausgestellt. Derzeit ist in der Union jedoch kein zugelassener Impfstoff gegen BTV-3 verfügbar.
Am 6. Juni 2024 hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Zweite Verordnung über bestimmte Impfstoffe zum Schutz vor der Blauzungenkrankheit (BTV-3-ImpfgestattungsV) (BGBl. 2024 I Nr. 181) erlassen. Die Verordnung ist am 7. Juni 2024 in
Kraft getreten und gestattet die Anwendung der dort benannten Impfstoffe, die sich noch im Zulassungsverfahren befinden, solange kein Impfstoff in der Europäischen Union (EU) zugelassen ist. Ermächtigungsgrundlage für die BTV-3-ImpfgestattungsV ist Artikel 110
Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/6. Nach klinischen Beobachtungen geimpfter Herden und deren serologischen Untersuchungen
empfiehlt das Friedrich-Loeffler-Institut auch bei Schafen eine Zweifache Grundimmunisierung bei allen der 3 drei erlaubten BTV-3 Impfstoffe.
Das nach § 4 Absatz 1 EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungsverordnung eröffnete Ermessen für die Entscheidung über eine Genehmigung der Impfung hat das Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin nach § 1 Abs. 1 VwVfG BE i. V. m. § 40 VwVfG pflichtgemäß
ausgeübt. Die Impfung liegt sowohl im privaten Interesse der betroffenen Tierhalter an der Gesundheit ihres Tierbestandes als auch im öffentlichen Interesse an der Vermeidung und Eindämmung der Blauzungenkrankheit und ist als Maßnahme zur präventiven Tierseuchenbekämpfung geeignet und erforderlich. Die Möglichkeit der Beeinträchtigung von Grundrechten der Tierhalterinnen und – halter ist nicht ersichtlich, da die Impfung in der
freien Entscheidung der jeweiligen tierhaltenden Person liegt. Die mit einer Impfung verbundene Unsicherheit in Bezug auf den Nachweis der Virusfreiheit stellt im Hinblick auf die absehbare Einschleppung von BTV durch den Gnitzenflug ein vertretbares Risiko dar.
Zu Ziffer 2:
Ermächtigungsgrundlage für diese Regelung ist § 4 Absatz 2 EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungsverordnung, wonach der Tierhalter jede Impfung gegen die Blauzungenkrankheit innerhalb von sieben Tagen nach der Durchführung der Impfung unter Angabe der Registriernummer seines Betriebes, des Datums der Impfung und des verwendeten Impfstoffes der zuständigen Behörde mitzuteilen hat. Die Anordnung, die
Ohrmarkennummern der Rinder mitzuteilen, dient dem Nachweis der ordnungsgemäßen Impfung im Rahmen des Verbringens von Rindern.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch beim Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin, Veterinär-und Lebensmittelaufsicht, Salvador-Allende-Str. 80 B, 12559 Berlin Widerspruch eingelegt werden.
Berlin, den 28.08.2024