Zum Internationalen Protesttag der Menschen mit Behinderungen

Pressemitteilung vom 05.05.2021

Beauftragter für Menschen mit Behinderung in Treptow-Köpenick, Stefan Schaul, zum Internationalen Protesttag der Menschen mit Behinderungen:

“Zum zweiten Mal verbringen wir den „Internationalen Protesttag der Menschen mit Behinderungen“ (UN-BRK) in der Pandemie. Das bedeutet, dass wir wieder keinen Protestzug in der Innenstadt machen können.
Für viele Menschen war und ist dies immer ein Höhepunkt des Jahres gewesen, um auf Missstände bei der Umsetzung des “Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen” aufmerksam zu machen und immer und immer wieder auf mehr Fortschritten zu bestehen.
Das ist auch dringend nötig, denn in Berlin wird Inklusion noch immer nicht systemisch gedacht und umgesetzt.

Das Bundesgesetz “Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen” ist gut und richtig und fortschrittlich.

Aber:
Im Land Berlin krankt es noch sehr an einer konsequenten Umsetzung.
Das macht sich insbesondere dann bemerkbar, wenn man durch die UN-BRK zwar weitgehende Rechte zugesichert bekommt, diese dann aber, durch seit 12 Jahren nicht angepasste Landesnormen, wieder unerreichbar werden.
Das macht sich aber auch bemerkbar, wenn die Umsetzung der UN-BRK ohne eine wirksame Beteiligung von Menschen mit Behinderungen vonstattengeht und die Wünsche und Erfordernisse der Betroffenen nicht systematisch zusammengetragen, gebündelt und umgesetzt werden.

In Kürze soll nach vielen, vielen Jahren endlich das neue Landesgleichberechtigungsgesetz verabschiedet werden.
Derzeit krankt es noch daran, dass es als Umsetzungsgesetz für die UN-BRK in Berlin, in wesentlichen Bereichen hinter den Anforderungen der UN-BRK zurückbleibt.

Solange diese Umsetzungsdefizite auch 12 Jahre nach Inkrafttreten des “Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen” noch bewusst in den Gesetzestext eingearbeitet werden, obwohl schon bessere Varianten vorlagen, solange ist auch der Protest erforderlich – mindestens.

Immer wieder wird den Menschen mit Behinderungen und uns Interessenvertretenden gesagt, dass schon viel erreicht wurde. Das ist sicherlich richtig.
Aber gemessen an den Vorgaben des “Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen” und der bereits verstrichenen Zeit, liegt auch Berlin noch weit hinter dem angestrebten Ziel einer inklusiven Gesellschaft zurück.
Solange Menschen mit Behinderungen (natürlich aber auch andere Personengruppen) individuell und strukturell diskriminiert werden, solange ist das demokratische Selbstverständnis unserer Gesellschaft gefährdet – denn Demokratie nimmt alle mit. Ohne Unterschied.”

Stefan Schaul
Beauftragter für Menschen mit Behinderungen in Treptow-Köpenick