07/2023-CHARKIW – Bereit für den Wiederaufbau: Gast aus Charkiw besucht Steglitz-Zehlendorf

Gehört zum Pflichtprogramm aller Besucher aus Charkiw: Valerii Ponomarenko von der Stadtverwaltung Charkiw besucht den Charkiw-Park in Steglitz (20. Juli 2023)

Charkiw / Juli 2023

Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg hatte es wenige Tage vorher im Henry-Ford-Bau der Freien Universität Berlin (FU) öffentlich angekündigt: Demnächst würden zwei Vertreter aus der Stadtverwaltung Charkiw nach Steglitz-Zehlendorf kommen, um sich aus erster Hand über Möglichkeiten des raschen Wiederaufbaus von Sportstätten bzw. Sporthallen zu informieren. Die Auftaktveranstaltung zur neuen „Charkiw-Berlin-Brücke“ zwischen FU und Karasin-Universität fand am 7. Juli 2023 statt, nur eine gute Woche später kam Valerii Ponomarenko aus Charkiw tatsächlich in Steglitz-Zehlendorf an. Unser Gast leitet die Abteilung für materiell-technische Versorgung und Entwicklung der Sportinfrastruktur der Verwaltung für Körperkultur und Sport des Departements für Familie, Jugend und Sport des Rates der Stadt Charkiw. Der zweite ursprünglich angekündigte Gast, Viktorija Rostowska, Leiterin der Abteilung für außerschulische und berufstechnische Bildung des Departements für Bildung des Rates der Stadt Charkiw, musste leider kurzfristig absagen.

19. Juli 2023: Grünflächenamt und Sportstättenplaner stehen dem Gast aus Charkiw Rede und Antwort

19. Juli 2023: Besichtigung einer Baseball-Sportanlage und einer Typensporthalle

Zweifellos steht Baseball im Schatten anderer Sportarten und ist in der medialen Sportberichterstattung wenig präsent. Zumindest in Zehlendorf ist es ein bisschen anders: Dank einer weitläufigen Sportanlage an der Sachtlebenstraße ist das Schlagballspiel rund um Pitcher, Catcher und Läufer hier heimisch geworden. Dass Steglitz und Zehlendorf früher auf dem Gebiet der US-amerikanischen Besatzungszone lagen und sich viele Militärangehörige mit ihren Familien hier niedergelassen hatten, spielt für die relative Popularität dieser Sportart in unserem Bezirk sicher eine Rolle.

Als ersten Programmpunkt seiner zweitägigen Besichtigungstour inspizierte Valerii Ponomarenko die Baseball-Sportanlage, die Ende August 2023 den Baseballvereinen zur Nutzung übergeben werden soll. Nach Abschluss der Planungsphase in den Jahren 2019 und 2020 erfolgten die Entwässerungs- und Sportplatzbauarbeiten, seit Herbst 2021 läuft die Bauausführung. Vor Ort gaben Landschaftsarchitekt und Sportstättenplaner Ulf Elsner, sowie Annette King vom Fachbereich Grünflächen des bezirklichen Straßen- und Grünflächenamtes, unserem Gast ausführlich Auskunft über die einzelnen Bauabschnitte des sich über mehrere Jahre erstreckenden Projekts. Im Auftrag des Sportamtes unseres Bezirks tritt das Grünflächenamt als Bauherrin des Projekts auf und bewirtschaftet die Finanzmittel. Für Planung und Durchführung zeichnet eine in Osnabrück ansässige Sportstätten-Planungsfirma verantwortlich. Mittelfristig ist es das Ziel, das Sportgelände bundesligatauglich zu machen.

Da geht's lang! - Valerii Ponomarenko aus Charkiw am 19. Juli 2023 beim Besuch der Baseball-Sportanlage in Zehlendorf; links Ulf Elsner (Sportstättenplaner)

Bitte recht freundlich! Valerii Ponomarenko am 19. Juli 2023 auf der Baseball-Sportanlage, zusammen mit Ulf Elsner (links, Sportstättenplaner), daneben Christian Urlaub (bezirklicher Partnerschaftsbeauftragter) und Annette King (rechts, Vertreterin des Grünflächenamtes)

Charkiw unterhält eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Cincinnati (Ohio) in den Vereinigten Staaten. Wie es der Zufall will, plant auch Charkiw mit fachmännischer Unterstützung der amerikanischen Partner die Anlage eines Baseball-Sportfeldes. Aufgrund dieser Koinzidenz war der Besuch von Valerii Ponomarenko sehr nützlich. Unsere Partnerstadt gilt als „Sporthauptstadt“ der Ukraine. Dass die Stadt auch große, überregional bedeutsame Sportereignisse ausrichten kann, konnte die Welt bei der Austragung der Fußball-Europameisterschaft 2012 beobachten. Das 2008 und 2009 komplett renovierte Metalist-Stadion war Austragungsort für drei Vorrundenspiele.

19. Juli 2023: Besichtigung der Dreifeld-Typensporthalle auf dem Gelände der Grundschule am Stadtpark Steglitz

In der ukrainischen Sprache gilt „schockiert“ als Synonym für „begeistert“. In diesem Sinne zeigte sich Valerii Ponomarenko bei der Besichtigung der Dreifeld-Typensporthalle auf dem Gelände der Grundschule am Stadtpark Steglitz aufrichtig „schockiert“. Im August 2021 als dritte Typensporthalle ihrer Art in Berlin feierlich eingeweiht, steht sie seither dem Schul- und Vereinssport als attraktiver, hochmoderner Ort für sportliche Aktivitäten zur Verfügung. Errichtet wurde sie federführend durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Am 23. August 2021 veröffentlichte das Bezirksamt eine Pressemitteilung, in der sich auch die damalige Bezirksbürgermeisterin und aktuelle Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur und Sport, Cerstin Richter-Kotowski, zitieren ließ. Ihre ökologische Gebäudedämmung und die Verwendung nachhaltiger Materialien machen die Schule, neben der raschen Bauzeit von nur anderthalb Jahren, zu einem wirklichen Vorzeigeobjekt – natürlich auch für ausländische Besucher mit entsprechenden Bedarfen.

Außenansicht der neuen Dreifeld-Typensporthalle auf dem Gelände der Grundschule am Stadtpark Steglitz

Außenansicht des Schulcontainers auf dem Gelände der Mercator-Grundschule

20. Juli 2023: Besichtigung hochwertiger Schulcontainer

Wo Krieg herrscht und die kritische Infrastruktur immer wieder Ziel von feindlichen Attacken ist, herrscht regelmäßig Bedarf an raschen Lösungen des Wiederaufbaus. Trotz des Krieges müssen Kinder und Jugendliche weiter beschult werden. Auch in Steglitz-Zehlendorf kennen wir die Ausgangslage, dass bei rasch steigenden Schülerzahlen zusätzliche Unterrichtsräume geschafft werden müssen. Als probates Mittel haben sich hier Schulcontainer erwiesen, die entweder ebenerdig, aber auch mehrstöckig aufgestellt werden können. Zwei besonders gelungene Exemplare stehen auf dem Gelände der Mercator-Grundschule und der Giesensdorfer Grundschule, die im Rahmen der Berliner Schulbauoffensive errichtet wurden.

Zumindest von der Optik her stehen sie Schulbauten in Massivbauweise in nichts nach und werden von Schülerinnen und Schülern gerne angenommen. Valerii Ponomarenko zeigte sich von den Containerbauten recht angetan. Der große Vorteil der Container ist die kurze Dauer ihres Aufbaus: Inklusive der vorbereitenden Arbeiten steht das Gebäude innerhalb von anderthalb Jahren für den Unterrichtsbetrieb zur Verfügung. Das Aufstellen der einzelnen Module, die im Baukastensystem aneinander (oder auch übereinander) geschichtet werden, nimmt dabei nur wenige Tage in Anspruch.

20. Juli 2023: Gespräch unter Fachleuten auf dem Gelände der Mercator-Grundschule - v.l.n.r. Marko Dezelak (Fachbereichsleiter Hochbauservice), Schulleiterin Katrin Radjabali, Sabine Mahlich (Gruppenleiterin Hochbauservice), Lyudmyla Bezborodova (Dolmetscherin), Valerii Ponomarenko (Gast aus Charkiw)

20. Juli 2023: Fassade in Himmelblau - Schulcontainer auf dem Gelände der Giesensdorfer Grundschule

Der ebenerdige Container auf dem Mercator-Schulhof wird für die Hort-Nachmittagsbetreuung genutzt, sein zweigeschossiges Pendant auf dem Giesensdorfer Schulgelände für den regulären Unterrichtsbetrieb. Im November 2018 war mit dem Abriss der ehemaligen MUR (= Mobile Unterrichtsräume) auf dem Mercator-Gelände begonnen worden, die aufgrund statischer Mängel untragbar geworden war. Sie wurde durch einen hochwertigen, Ende September 2020 fertiggestellten Containerneubau ersetzt.

Mit seiner himmelblauen Putzfassade verblüffend „massiv“ sieht der Giesensdorfer Container aus. Auf den im Dezember 2019 gelegten Fundamenten wurde anstelle einer früheren MUR in wenigen Monaten ein Containerbau errichtet. Was der Gast aus Charkiw sicher gern gehört haben dürfte: Aus der Ukraine stammende Schülerinnen und Schüler seien besonders wissbegierig und lernten auffällig schnell, wusste Katrin Radjabali zu berichten, die Schulleiterin der Mercator-Grundschule.

20. Juli 2023: Besuch der Ernst-Reuter-Sportanlage in Zehlendorf

Als Bauherrin beider Container war das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf verantwortlich. Deshalb war es gut und sinnvoll, dass zwei Fachleute des Bezirksamtes den Termin mit Valerii Ponomarenko begleitet haben:Sabine Mahlich, Gruppenleiterin im Hochbauservice, und Marko Dezelak, Fachbereichsleiter im Hochbauservice, konnten alle Fragen des ukrainischen Gastes fachkundig beantworten.

Das Besuchsprogramm schloss mit einem Rundgang über das Ernst-Reuter-Sportfeld in Zehlendorf ab. Besonderes Interesse des Gastes fand das Hockeystadion auf dem Gelände. Es dient dem Berliner Hockey-Club e.V. (BHC) als Spielstätte.

19. Juli 2023: Valerii Ponomarenko aus Charkiw besucht Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg

Rund 90 Schulen und Kitas seien in Charkiw seit Kriegsausbruch entweder zerstört oder beschädigt worden, wurde Valerii Ponomarenko während seines Aufenthalts nicht müde zu betonen. In Charkiw hat gedanklich die Nachkriegszeit bereits begonnen. Mit Blick auf die kommenden städtebaulichen Herausforderungen kann man nicht früh genug damit beginnen, sich konkret mit den Wiederaufbaumaßnahmen zu befassen. Gerade in Zeiten, in denen es dem Freund nicht so gut geht, stehen Städtepartnerschaften auf dem Prüfstand. Hier zeigt sich, ob die Städtepartnerschaften nur dem Buchstaben nach existieren, oder ob sie sturmerprobt und lebendig sind.

Valerii Ponomarenko reiste zurück nach Charkiw in dem Wissen, dass neue Freundschaften entstanden sind und Steglitz-Zehlendorf solidarisch an der Seite der Partnerstadt steht: während des Krieges und erst recht nach Beendigung des Krieges.

Slawa Ukrajini!