Feinstaubwerte sind für eine Abschätzung der Folgen von weniger Verkehr auf die Luftqualität weniger geeignet als beispielsweise NO2. Um die Hintergründe zu erläutern haben wir einige Messwerte für Feinstaub (PM10) sowie für die rußartigen Bestandteile im Feinstaub ausgewertet und die Entwicklung vor und während des Corona-Shutdown verglichen.
Während der Corona-Beschränkungen nahm der Kfz-Verkehr in Berlin um 20-30 % ab. In den Feinstaubwerten an verschiedenen Messpunkten an Hauptverkehrsstraßen, in verkehrsarmen Wohngebieten der Berliner Innenstadt und am Stadtrand ist der Effekt dieser Corona-bedingten Verkehrsabnahme von 20-30 % tatsächlich kaum zu sehen.
Das hat zwei Gründe:
a) Das Wetter: Während der Shutdown-Periode seit Mitte März gab es wiederholt Hochdruckwetterlagen, mit weniger Wind und weniger vertikalem Luftaustausch, so dass erhöhte Feinstaubwerte großräumig und weit über Berlin hinaus beobachtet wurden. Dies zeigen die vom Umweltbundesamt veröffentlichten Karten der Verteilung der Feinstaubbelastung in Deutschland, zum Beispiel für den 28. März 2020 (siehe Bild 1) mit einer wetterbedingt höheren Feinstaubbelastung in weiten Teilen Süd- und Ostdeutschlands. Im Vergleich zu einem Zeitraum vor den Coronabeschränkungen stiegen die Feinstaubwerte weiträumig an, in Berlin sowohl am Stadtrand, als auch in Wohngebieten und an Hauptverkehrsstraßen (siehe Bild 3).
b) Die Kfz-Emissionen: Der Anteil des Kfz-Verkehrs an der Feinstaubbelastung ist seit Jahren deutlich zurückgegangen. Inzwischen stammt nur noch ein Viertel (26 % in Bild 2) der gesamten Feinstaubbelastung an innerstädtischen Hauptstraßen vom Kfz-Verkehr. Vor 15 Jahren war dieser Anteil mit 42 % noch deutlich höher. Der Rückgang geht auf drei Faktoren zurück: auf eine Abnahme des Pkw-Verkehrsaufkommens in Berlin, auf die 2008 eingeführte Umweltzone und auf verschärfte EU-Abgasvorschriften, die dazu geführt haben, dass jedes Diesel-Fahrzeug inzwischen einen Rußfilter hat.
Deswegen stammt der Feinstaub aus dem Kfz-Verkehr nur noch zu einem geringen Teil – zu etwa einem Fünftel – aus dem Auspuff der Fahrzeuge. Der große Rest besteht aus Abrieb von Reifen, Bremsen und Asphalt sowie aus Straßenstaub, der durch vorbeifahrende Fahrzeuge und Wind aufgewirbelt wird.
Nimmt man bei einer 20 bis 30-prozentigen Verkehrsabnahme durch Corona eine entsprechende Abnahme des oben genannten 26-prozentigen Verkehrsanteils am Feinstaub an, kann der erwartete coronabedingte Rückgang der Feinstaubwerte also nur zwischen 5 und 8 % betragen. Diese relativ kleine Verringerung wurde von den vergleichsweise großen, wetterbedingten Schwankungen der Feinstaubwerte überlagert. Um den Wettereffekt statistisch herausrechnen zu können, bräuchte man deutlich längere Zeitperioden mit einem coronabedingt reduzierten Kfz-Verkehr.
Es lohnt sich deshalb ein Blick auf eine stärker vom Kfz-Verkehr und weniger von anderen Einflüssen geprägte Messgröße als dem aus vielen Komponenten zusammengesetzten Feinstaub: Die schwarzen, auch als „Black Carbon“ (BC) bezeichneten Kohlenstoffpartikel, die ein Maß für die Rußbelastung darstellen. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz betreibt inzwischen an drei Messpunkten im Routinebetrieb und einem Messpunkt im Rahmen eines Projektes (jeweils an einer Hauptverkehrsstraße, am Stadtrand und zwei in innerstädtischen Wohngebieten) sogenannte Aethalometer, die eine automatische Bestimmung der besonders gesundheits- und klimaschädlichen Rußkomponente im Feinstaub ermöglichen. Auch wenn die Rußemissionen aus dem Auspuff von Dieselfahrzeugen deutlich zurückgegangen sind, hat der Kfz-Verkehr – zumindest außerhalb der Heizperiode, also auch während der Corona-Beschränkungen – einen deutlich höheren Anteil an der Rußbelastung als am
gesamten Feinstaub, zu dem noch viele andere Quellen beitragen (siehe Bild 2). So finden sich schwarze Kohlenstoffpartikel auch im Reifen- und Fahrbahnabrieb. Sie werden auch von Ottomotoren mit Direkteinspritzung emittiert, wenngleich in geringerem Maße als bei Diesel-Kfz ohne Filter.
An den BC-Messreihen ist der Corona-Effekt der Verkehrsabnahme deshalb sehr viel deutlicher abzulesen als an den Feinstaubwerten (siehe Bild 4). Es zeigt sich ähnlich wie beim Feinstaub, dass während des Corona-Shutdown auch die BC-Werte am Stadtrand und in städtischen Wohngebieten deutlich höher lagen. Dies liegt an der schon erwähnten großräumig erhöhten Feinstaubbelastung seit Beginn der Corona-Beschränkungen, die auch auf die BC-Messwerte durchschlägt. Im Gegensatz dazu sank die BC-Belastung an Hauptverkehrsstraßen sogar etwas. Der lokale Beitrag des Kfz-Verkehrs zur BC-Belastung lässt sich aus der Differenz der Konzentration an Hauptverkehrsstraßen und der niedrigeren Werte in innerstädtischen Wohngebieten ohne viel Kfz-Verkehr abschätzen. Dieser aus dem Verkehr stammende Anteil schwarzer Kohlenstoffpartikel ging
während der Shutdown-Periode auf fast die Hälfte zurück.
Fazit: Beim Blick auf die besonders schädlichen kohlenstoffhaltigen Bestandteile des Feinstaubs, die stärker vom Kfz-Verkehr geprägt sind, ist der Effekt der Verkehrsabnahme durch die Corona-Beschränkungen deutlich sichtbar.