Historie

Historie zu Prof. Dr. Hilzheimer - Erster Naturschutzkommissar und Stadtnaturschützer

Max Hilzheimer

Prof. Dr. Max Hilzheimer

Der Lebenslauf von Max Hilzheimer

Otto Jacob Max Hilzheimer war ein international bekannter Zoologe, Herausgeber, Lehrer und Naturschützer. Max Hilzheimer wurde am 15.11.1877 in Kehnert geboren (FROHN 2020). Nach seinem Abitur nahm er das Studium der Naturwissenschaften in Straßburg auf und arbeitet am Zoologischen Museum Stuttgart. Er promovierte in München im Jahre 1903 mit einer Arbeit über spezielle Fragen der Anatomie einer Insektengruppe und wurde 1907 im Fach Zoologie an der Technischen Hochschule Stuttgart habilitiert. Im gleichen Jahr heiratete Max Hilzheimer Walburga Münzhuber. Zwischen 1907 und 1913 war Max Hilzheimer in Stuttgart als Privatdozent tätig. 1913 wechselte er nach Berlin. Im April 1914 nahm Hilzheimer die Arbeit am Märkischen Museum auf. Als Direktor übernahm er dort von 1920 bis zum Januar 1936 die Leitung der naturwissenschaftlichen Abteilung. Im Sommer 1927 erlangte er in Berlin seine zweite Habilitation und arbeitete ab 1928 als Privatdozent und darauf von 1932 bis 1933 als außerordentlicher Professor an der Tierärztlichen Hochschule Berlin.

Von 1927 bis 1936 war Hilzheimer der erste Naturschutzkommissar der städtischen Stelle für Naturdenkmalpflege Berlin.

Im Jahre 1937 erlitt er einen Schlaganfall, dem 1944 und 1946 zwei weitere folgten. Max Hilzheimer starb am 10.01.1946 in Berlin im 69. Lebensjahr, er hinterließ eine Ehefrau und zwei Kinder.

Die rassistische Verfolgung von Max Hilzheimer

Mit der ‚Machtergreifung‘ 1933 setzte die rassistische Verfolgung Max Hilzheimers ein. Nach der nationalsozialistischen Rassenideologie zählte der von seinen jüdischen Eltern protestantisch Getaufte zu den „Volljuden“, die aus der „Volksgemeinschaft“ auszumerzen waren. Aufgrund des Gesetzes zum Berufsbeamtentum entzog ihm das Regime 1933 seine Lehrbefugnis an der „Tierärztlichen Hochschule“. Auf der Basis der Nürnberger Rassegesetze von 1935 wurde er im Januar 1936 als Direktor der der Naturwissenschaftlichen Abteilung des Märkischen Museums entlassen und als Naturschutzkommissar seines Amtes enthoben. 1937 wurde ihm die Reichsbürgerschaft aberkannt, so genannte „Judenabgaben“ folgten ebenso wie massive Einschränkungen seines Alltagslebens. Der staatlichen Verfolgung aufgrund der NS-Rassengesetze folgte die persönliche Ausgrenzung aus dem bürgerlichen Leben. Dies betraf auch den ehren- und hauptamtlichen Naturschutz (FROHN 2020).

Eine Deportation in ein KZ und damit seine sichere Ermordung verhindert seine Ehefrau Walburga, mit der er nach der NS-Ideologie in einer Mischehe lebte, sehr engagiert und mit hohem persönlichem Risiko (FROHN 2020, vgl. auch Wikipedia).

Max Hilzheimer und der Berliner Naturschutz

Die Grundsätze von Hilzheimers Weltbild waren die kritische Wissenschaft, die Vernunft und der aufgeklärt, kritisch-reflektierte Bürger. Auf dieser Basis ist auch die Arbeit Hilzheimers als Naturschützer zu verstehen. Er unterschied sich von anderen Naturschützern dadurch, dass er den Schutz der Natur nicht über die Freizeitnutzung in der freien Natur stellte. Auch in naturnahen und schützenswerten Flächen sollte der Stadtbevölkerung die Erholung und das Erlebnis der Natur möglich sein.

In den Jahren nach der Ausweisung der beiden ersten Berliner Naturschutzgebiete Lichterfelder Schlosspark und der Pfaueninsel im Jahre 1924 gelang es Hilzheimer, die Sicherung weiterer schutzwürdige Gebiete voranzubringen. Er schuf die Grundlagen für die Ausweisung zahlreicher Schutzgebiete und Naturdenkmale wie Großer Stein bei Buchholz, Fauler See in Weißensee, Großer Rohrpfuhl, Kleiner Rohrpfuhl, Köpenicker Dammforst, Vogelfreistätte Insel Imchen bei Kladow, Vogelschutzgebiet Rudow sowie von Teilen des Spandauer Forsts und des Kalktuffgeländes. Letzteres wurde nach seinen Vorschlägen unter dem Namen „Naturschutzgebiet bei Schildow“ am 26. 2.1929 vom Polizeipräsidenten sichergestellt (STAATLICHE STELLE FÜR NATURDENKMALPFLEGE IN PREUSSEN 1929). Durch den Beschuss des Berliner Senats wurde das Gebiet im Jahr 2000 der EU-Kommission insbesondere wegen seiner kalkhaltigen Quellen und Kalktuffe als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet gemeldet. 2017 wurde das ehemalige Naturschutzgebiet Schildow als Naturschutzgebiet Kalktuffgelände am Tegeler Fließ nach EU-Vorgaben überarbeitet und neu verordnet (OBERSTE NATURSCHUTZBEHÖRDE BERLIN).

Max Hilzheimer verstand Naturschutz auch als Bildungsarbeit. Seine Auffassung war, dass es die Natur nicht rettet, wenn man alleine Schutzgebiete ausweist, sondern dass sich vielmehr das Bewusstsein der Menschen ändern muss, damit sie respektvoll mit der Natur umgehen. Zu seinem Verständnis gehörte es, dass sich Menschen innerhalb und außerhalb der Stadt Berlin erholen und die freie Natur ebenso wie die Stadtnatur genießen können.

Max Hilzheimer brachte den Naturschutz der breiten Stadtbevölkerung nahe, auch indem er Vorträge hielt, an der Berliner Volkshochschule sowie an gewerkschaftlichen Bildungseinrichtungen lehrte und Forstmitarbeiter in Naturschutzthemen ausbildete. Ferner beriet Hilzheimer Grünflächenämter oder die für den Vollzug des Naturschutzes zuständige Polizei und verfasste Vorworte, Gutachten und Aufsätze.

Hilzheimer äußerte sich auch gegen die Entnahme von Grundwasser in Feuchtgebieten, für die Einrichtung von Vogelschutzgebieten oder gegen Mülldeponien auf stadtnahen Moorstandorten. Hilzheimer erkannte, dass ohne Pflegemaßnahmen durch den Naturschutz die Sukzession auf Moorstandorten und damit deren Vernichtung nicht verhindert werden kann. Auch im „Kleinen“ war Hilzheimer ein scharfer Beobachter und Mahner, indem er zum Beispiel das übermäßige Laubharken in den Parks der Stadt thematisierte, weil es sich negativ auf die Vogelwelt auswirkt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit Hilzheimers lag in der Beschäftigung mit dem Landschaftsbild (FROHN 2020), das aus heutiger Sicht ein wichtiges Kriterium für Fragen der Eingriffe in Natur und Landschaft und der Kompensation darstellt. Hilzheimer beschrieb die freie Sicht auf Seeufer und auf unverbaute Landschaften ohne Fabrikschlote oder Überlandleitungen und machte deutlich, dass es wichtig ist, das Landschaftsbild als Teil der Naturwahrnehmung und des Naturschutzes zu berücksichtigen.

Conclusio

Max Hilzheimer gebührt für seine Leistungen im Naturschutz und ganz besonders im städtischen Naturschutz die Erinnerung und der Dank der Nachwelt, eine Erinnerung die ihm bislang verwehrt wurde.

Gedenkstein

Im Naturschutzgebiet „Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ“ findet sich an der Kreuzung des Mauerwegs mit dem Barnimer Dörferweg ein Gedenkstein für Hilzheimer. Der Gedenkstein wurde im Naturpark Barnim von einer Steinmetzin in Biesenthal geschaffen. Es handelt sich um einen 2,5 t schweren Migmatit, welcher mit den Eismassen in der letzten Eiszeit aus Skandinavien in die Region gelangt ist.

Quellen

FROHN, H.-W. (2020): Max Hilzheimer (1877-1946). Eine „deutsche“ Naturschutz-Biographie. Leiden an Deutschland – Leid durch Deutschland. Im Auftrag des Landes Berlin.

  • Max Hilzheimer (1877-1946) - Eine „deutsche“ Naturschutzbiografie

    PDF-Dokument (1.7 MB)

OBERSTE NATURSCHUTZBEHÖRDE BERLIN, nicht publizierte Unterlagen und Handakten, Einsichtnahme 2020.

STAATLICHE STELLE FÜR NATURDENKMALPFLEGE IN PREUSSEN (Hrsg., 1929): Ministerial-Polizeiverordnung betr. das Naturschutzgebiet bei Schildow. 6 Jg, Nr. 3, S. 26-27.