Solidaritätspartnerschaft: Hilfstransport und Besuch des Bürgermeisters in Riwne Februar 2023

Sören Benn reiste in die Ukraine

Auf Einladung des Bürgermeisters der westukrainischen Stadt Riwne, Oleksandr Tretyak, reiste Bezirksbürgermeister Sören Benn vom 05. – 09. Februar 2023 in die Ukraine, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen und persönliche Kontakte zum Aufbau der Solidaritätspartnerschaft knüpfen zu können.

  • Einen Überblick über das Programm der ausländischen Delegation unter der Leitung von Sören Benn finden Sie hier.

    5. Februar (Sonntag)

    • Ankunft der Delegation in Riwne
    • Gedenkstätte “Sosonky”
    • Besuch der Svyato-Uspenska Kirche von 1756
    • Oblast Museum für Landeskunde in Riwne (Museum der Stadtgeschichte)
    • Besuch des Theaters

    6. Februar (Montag)

    • Wohnheim für vorübergehend vertriebene Personen (Binnengeflüchtete in Studentenwohnheim)
    • offizielles Treffen des Bürgermeisters mit der ausländischen Delegation
    • Punkte der Unbesiegbarkeit (Notfallzelte)
    • Besuch einer Bildungseinrichtung (Gemeinschaftschule und Bunker in der Schule)
    • HUB – Humanitäre Hilfe für Riwne

    7. Februar (Dienstag)

    • Medizinische Universität Luhansk
    • Besuch bei der Post
    • Besichtigung von umgesiedelten Unternehmen
    • Treffen mit Unternehmen, die Binnenvertriebene unterstützen

    8. Februar (Mittwoch)

    • Besuch des städtischen Krankenhauses und des Rehabilitationszentrums
    • Besuch der Svyato-Pokrovsky Kathedrale
    • Treffen mit der Polizei
    • Treffen mit der Zivilgesellschaft – Organisation “Ich bin Mariupol”
    • Gesprächsrunde mit 20 NGOs

    9. Februar (Donnerstag)

    • Verabschiedung von zwei Helden auf dem Maydan (Trauerfeier für Kriegsgefallene)
    • Besuch und Rede von Sören Benn vorm städtischen Parlament
    • Verabschiedung und Abreise der Delegation
Kartenansicht mit Markierung der Stadt Riwne in der ukraine

Reisebericht

Kurzbericht und Fotos zum Besuch der Delegation in Riwne

Ankommen der Delegation in Riwne und erste Stationen am Sonntag, 05.02.2023

Am Sonntag erreichte die Delegation – Bezirksbürgermeister Sören Benn, Sara Ghayour Mobarhan (Mitarbeiterin im Stab des Bezirksbürgermeisters) und Oleksandra Bienert (NGO Allianz Ukrainischer Organisationen aus Berlin) – die Stadt Riwne.

Die erste Station am Sonntag galt dem Gedenken in der Gedenkstätte “Sosonky”. Hier wurden am 6. und 7. November 1941 17.500 Juden & Jüdinnen von Nazis erschossen und auch bei lebendigem Leib verscharrt. Nur etwa die Hälfte der Ermordeten konnten namentlich identifiziert und auf Namenstafeln festgehalten werden. Sören Benn führte Gespräch mit dem Holocaustüberlebenden und Leiter der zivilgesellschaftlichen Organisationen “Jüdische Gemeinde Riwne” Gersh Fraerman und dem Oberbürgermeister von Riwne Oleksander Tretyak.

Weitere Stationen am Montag waren der Besuch der Svyato-Uspenska Kirche von 1756, bei dem Sören Benn mit dem Historiker Dmytro Petryk sprach.

Es folgte der Besuch der Delegation im Oblast Museum für Landeskunde in Riwne (Museum der Stadtgeschichte). Die wertvollsten Exponate sind aus Sicherheitsgründen derzeit eingelagert, das Gebäude ist mit Sandsäcken geschützt. Das Glas vieler Vitrinen im Museum ist abgeklebt und wird so notdürftig gegen Explosionserschütterungen geschützt. Museumsdirektor Oleksander Bulyha übergab ein Buch als Geschenk an Bezirksbürgermeister Sören Benn.

Eine letzte Station des erstne Tages war der Besuch des Theaters in Riwne. Mit Beginn der Invasion am 24.2.2022 wurde das Theater zur Anlaufstelle für die Verteilung von Hilfsgütern zur humanitären Versorgung. Nach etwa drei Monaten wurden die Proben wieder aufgenommen. Für die Menschen in der Stadt und die Künstler:innen ist das Aufrechterhalten des Spielbetriebs ein Symbol für ihre Stärke und Durchhaltevermögen. Bei einem Stromausfall während einer Vorführung, haben die Gäst*inenn im Saal mit ihren Handys Licht gemacht (Taschenlampenfunktion), sodass die Aufführungen fortgesetzt werden konnten.

  • Sören Benn bei der Gedenkstätte "Sosonky" in Riwne

    Sören Benn bei der Gedenkstätte "Sosonky"

  • Namenstafel Gedenkstätte "Sosonky"

    Namenstafel Gedenkstätte "Sosonky"

  • Svyato-Uspenska Kirche in Riwne von 1756

    Svyato-Uspenska Kirche in Riwne von 1756

  • Sören Benn im Gespräch mit dem Historiker Dmytro Petryk bei der Svyato-Uspenska Kirche von 1756

    Sören Benn im Gespräch mit dem Historiker Dmytro Petryk bei der Svyato-Uspenska Kirche von 1756

  • Riwne Oblast Museum für Landeskunde

    Riwne Oblast Museum für Landeskunde

  • Besuch im Riwne Oblast Museum für Landeskunde: Museumsdirektor Oleksander Bulyha übergibt ein Buch als Geschenk an Sören Benn

    Besuch im Riwne Oblast Museum für Landeskunde: Museumsdirektor Oleksander Bulyha übergibt ein Buch als Geschenk an Sören Benn

  • Theater Riwne

    Theater Riwne

  • Bezirksbürgermeister Sören Benn im Theater Riwne

    Bezirksbürgermeister Sören Benn im Theater Riwne

Stationen der Delegation in Riwne am Montag, 06.02.2023

Am Montag, 06.02.2023 besuchte die Delegation (Bezirksbürgermeister Sören Benn, Sara Ghayour Mobarhan und Oleksandra Bienert) ein Wohnheim für vorübergehend vertriebene Personen. Etwa 20.000 Binnengeflüchtete leben in der Stadt Riwne, die selbst 250.000 Einwohnende hat. Die Orte, aus denen die Geflüchteten kommen, existieren großenteils nicht mehr. Viele sind traumatisiert. Großenteils sind die Binnengeflüchteten in eigenem Wohnraum untergebracht, andere in diesen Studierendenwohnheimen zusammen mit den Studierenden. Grundsätzlich haben alle das Recht auf medizinische Versorgung, einen Schul- und Kitaplatz und dürfen einem Beschäftigungsverhältnis nachgehen. Im Wohnheim sind die Personen untergebracht, die nach Aussagen von Maryna Kuzmicheva, der stellvertretenden Bürgermeiterin von Riwne, es nicht alleine schaffen.
In dem Wohnheim, das aus vier Gebäuden besteht, ist Platz für ca. 1000 Binnengeflüchtete, weiterhin leben auch Studierende dort. Unter den 1000 Binnengeflüchteten sind 200 Kinder (150 Schulkinder, 50 Kindergartenkinder). Die Wohnsituation ist beengent – pro Etage teilen sich 30 Personen die Küchennutzung und die sanitären Anlagen. Die Subtanz der Gebäuden sind eher schlecht – internationale Unterstützung ist bereits vorhanden.

Mit Vira Babak (Leiterin der Wohnheime) und Maryna Kuzmicheva (Stellv. Bürgermeiterin von Riwne)
besichtigte die Delegation den Luftschutzkeller RDGU des Wohnheims (Riwne Staatliche Humanitarische Universität). Sören Benn hat mit einer Frau aus Severodonetsk gesprochen sowie mit Studentinnen, die zukünftige Pädagoginnen für ukrainische Sprache sein werden und konnte einen Eindruck von den Lebensverhältnissen der Geflüchteten und der Studienrenden erhalten.

Bei der offizielle Begrüßung des Bürgermeisters von Riwne mit der ausländischen Delegation im Rathaus trefen Bezirksbürgermeister Benn, Bürgermeister Tretyak und die stellv. Bürgermeisterin Kuzmicheva zusammen.
Der Arbeitsalltag des Bürgermeisters von Riwne beginnt im Rathaus mit einer Schweigeminute um 9:00 Uhr. Es werden keine Termine für 10:00 Uhr angesetzt, da jederzeit mit einer Beerdigung von gefallenen Soldat:innen gerechnet werden muss – sogenannte Verabschiedung der Held:innen auf dem Maydan.

Oleksander Tretyak berichtete von den ersten Tagen nach der Invasion und der großen Kampfbereitschaft der Ukrainer:innen, aber auch dem Gefühl, dass die Welt ihnen den Rücken gekehrt hat. Riwne ist weiterhin einer konkreten Bedrohung durch die geographische Nähe zu Belarus ausgesetzt, da eine Rakete in drei Minuten Riwne erreichen würde. Der Bürgermeister Riwnes wertschätzte den Besuch der Delegation sehr.

Die Stadt Riwne hat viele Vorkehrungen für den Notfall getroffen. Die Delegation besuchte Bunker, die Schutz bieten sollen und erfuhr etwas zu “Punkten der Unbesiegbarkeit – sogenannten Notfallzelten”. Das Zelt auf den Bildern ist eins der “Punkte der Unbesiegbarkeiten” in der Stadt. Insgesamt gibt es vier “Städtchen” davon, mit je 10-20 Zelten. Im größten Zelt der Unbesiegbarkeit arbeiten Freiwilligen aus Deutschland, der Ukraine und Guatemala als Freiwillige zusammen. In den Zelten gibt es W-Lan und Strom; es sind Ort für Kinder, um Hausaufgaben zu machen und Lernort für Studierende; Personal und medinzinische Ersthilfe werden vorgehalten. Die Notfallzelte sollen weiterhin aufrechterhalten werden, obwohl sie nicht hochfrequentiert sind. Sie sind kostenintensiv und nehmen medizinisches Personal in Anspruch, was andernorts benötigt wird. Die Auflage des Weiterbetriebs kommt von der ukranischen Regierung – als Vorkehrung und Schutz für den jederzeit eintreffenden Notfall und Bedarf.

Der Besuch einer Schule stand an und zeigte auch an dieser Station die prekäre Lage vor Ort.
Jedes Kind hat seine Notration auf seinem Stuhl. Ein Notschutzbunker ist hergerichtet. Es würden allerdings nicht alle Schüler:innen im Schutzbunker untergebracht werden können, sodass nur so viele Kinder in die Schule kommen dürfen, wie im Keller Platz finden. Die Gemeinschaftsschule unterrichtet normalerweise Klassen 1-10 zusammen an einem Ort – 1200 Schüler:innen mit einer Klassengröße von 28 bis 34 Kindern. Wechselunterricht findet in zwei Gruppen zwischen digital und präsenz Unterricht statt.
Die Kriegsauswirkungen sind für die Kinder alltäglich: 150 Kinder sind aus Riwne geflohen und im Ausland, ihnen wird aber die Möglichkeit geboten, online am Schulunterricht teilzunehmen. 30 Kinder sind als Binnengeflüchtete aufgenommen worden. Drei Lehrer:innen, die selbst als Binnen geflüchtete in die Stadt kamen, wurden eingestellt. Der Krieg ist ein Thema in den Schulklassen bei den Kindern – 100 Eltern sind an der Front, 3 Väter und ein Mann einer Lehrerin sind bereits als sogenannte Helden gefallen. In der Schule werden Schulpsycholog:innen und Pädagog:innen beschäftigt und sind für alle ansprechbar. In Riwne gibt es 35 Schulen, 39 Kindergärten die in der Verantwortung der Kommune liegen.

Sören Benn sieht hier großen Bedarf, dass sich Berliner Partnerschule für eine Kooperation und Hilfe finden.

Hilfsorganisationen und eine aktive Zivilgesellschaft unterstützen die Binnengeflüchteten, Familen, Waisen, Kriegsopfer und Hilfesuchenden in Riwne stark. Die Versorgung der Menschen an der Front wird ebenfalls von dort getätigt. Die Delegation besichtigte das Lager der HUB, welches zur kostenfreien Nutzung durch ein Unternehmen gestellt wurde: HUB Humanitäre Hilfe für Rivne. Alles, was zur Hilfe und Unterstützung benötigt wird, wird dort gelagert und verteilt. Ehrenamtliche fahren fast täglich an die Front – die Nulllinie, sie werden beschossen und zahlen das Benzin für die Fahrten selbst. Die Organisation musste bereits getötete und verletzte Ehrenamtliche verzeichnen.

Sehr deutlich wurde bei diesem Treffen, dass Spenden dringend benötigt werden. Allerdings ist die Abfrage der Bedarfe sehr wichtig, damit Lagerkapazitäten nicht unnötig blockiert werden. Derzeit sind vier Transporter im Einsatz. Die ehrenamtliche Organisation benötigt aber weitere Transporter mit Gangschaltung – am besten sind alte Geldtransporter, da diese kugelsicher sind und den riskanten Fahrten zur Front vielleicht Stand halten.

  • Unterkunft für Binnengeflüchtete: Studentenwohnheim

    Unterkunft für Binnengeflüchtete: Studentenwohnheim

  • Einblick in das Wohnheim

    Einblick in das Wohnheim

  • Besichtigung des Schutzbunkers im Wohnheim: Mitarbeiterin Integrationsbüro Bezirksamt Pankow, Sören Benn, Vira Babak (Leiterin der Wohnheime) und Maryna Kuzmicheva (Stellv. Bürgermeiterin Riwne) (v.l.n.r.)

    Besichtigung des Schutzbunkers im Wohnheim: Sara Ghayour Mobarhan (Stab Bürgermeister v. Pankow), Sören Benn (Bezirksbürgermeister Pankow), Vira Babak (Leiterin der Wohnheime) und Maryna Kuzmicheva (Stellv. Bürgermeiterin Riwne) (v.l.n.r.)

  • Offizielle Begrüßung vor dem Rathaus Riwne

    Offizielle Begrüßung vor dem Rathaus Riwne: Bezirksbürgermeister Sören Benn und Oberbürgermeister von Riwne Oleksander Tretyak begrüßen sich

  • offizielles Treffen im Rathaus: Gespräch zwischen Bezirksbürgermeister von Pankow und Bürgermeister von Riwne

    offizielles Treffen im Rathaus: Gespräch zwischen Bezirksbürgermeister von Pankow und Bürgermeister von Riwne

  • Offizielles Treffen im Rathaus: Fahnen von Pankow und Riwne sowie der Ukraine

    Offizielles Treffen im Rathaus: Fahnen von Pankow und Riwne sowie der Ukraine

  • Sören Benn vor einem Zelt der Punkte der Unbesiegbarkeit

    Sören Benn vor einem Notfallzelt

  • Im größten Zelt der Unbesiegbarkeit trifft Sören Benn mit Freiwilligen aus Deutschland, der Ukraine und Guatemala zusammen

    Im größten Zelt der Unbesiegbarkeit trifft Sören Benn mit Freiwilligen aus Deutschland, der Ukraine und Guatemala zusammen

  • Besuch einer Gemeinschaftsschule

    Besuch einer Gemeinschaftsschule

  • Zusammentreffen der Schulleitung und der Delegation in einer Schule

    Zusammentreffen der Schulleitung und der Delegation in einer Schule

  • Schulunterricht im Schutzbunker: Schulbänke und Notfallpakete an jedem Platz

    Schulunterricht im Schutzbunker: Schulbänke und Notfallpakete an jedem Platz

  • Mit dem Direktor der Wohltätigen ehrenamtlichen Stiftung Internationalny Humanityrny Hub Riwne Ivan Silkovsky und anderen Ehrenamtlichen im Lager für humanitäre Hilfe

    Mit dem Direktor der Wohltätigen ehrenamtlichen Stiftung Internationalny Humanityrny HUB Riwne Ivan Silkovsky und anderen Ehrenamtlichen im Lager für humanitäre Hilfe

Besuche und Treffen am Dienstag, 07.02.2023 in Riwne

Die Stationen der Delegation am Dienstag widmeten sich Unternehmen oder Institutionen, die aus ihren Heimatorten in der Ukraine nach Riwne fliehen mussten oder nun Binnengeflüchtete unterstützen.

Der erste Besuch galt der Medizinische Universität Luhansk, die im März 2022 nach Riwne geflohen ist. Bereits 2014, nach der Besetzung der Stadt Kreminna, ist die Universität das erste Mal geflohen. Sören Benn führte Gespräche mit dem Rektor und Professor und gewann einblicke in den Alltag der Studierenden. Das jetzige Lehrhaus der Universität war vorher der Standort für die “Staatliche Humanitäre Ausbildung”. Das Gebäude wird renoviert. Die Ausstattung der Lehrräume ist sehr rudimentär und überwiegend keine Technik vorhanden.
Allerdings besteht nach dem Krieg die Optionen, dass die Universität Luhansk in Riwne bleibt, da es dort keine medizinische Universität gibt. Der Bedarf sei groß und Pläne sich dort anzusiedeln, bestanden bereits vor der Invasion. Der Krieg beschleunigte nun die Bestrebungen der Universität. Ein Forschungsschwerpunkt ist Gastroentorologie, zudem soll es zum Versorgungszentrum für Armeeangehörige mit dem Schwerpunkt Rücken- und Wirbelsäulenverletzungen ausgebaut werden, um hier Menschen mit Kriegsfolgen und Traumata behandeln zu können.

Ein kleineres Unternehmen, dass ebenfalls dem Kriegsgeschehen entfliehen musste, ist eine Druckerei aus Kherson, die im Herbst 2022 nach Riwne kam. In Riwne eröffnete die Unternehmerfamilie eine kleine Buchhandlung. Mit den Inhabern des Geschäftes führte Sören Benn Gespräche über die Flucht und die Lage in Riwne. Die Druckerei ist vollständig zerstört im Heimatort. In Charkiv sind mehrere Druckereien angesiedert gewesen, allerdings sind viele Lager zerbombt, das Papier ist teurer geworden und der Preisdruck für die Unternehmenden nicht mehr zu stemmen. Existenzen sind zerstört.
Die Buchhandlung in Riwne gibt der Familie eine Zukunfsperspektive und der Stadt ein wenig kulturellen Austausch. Sie verkaufen allerdings keine Bücher von russischen Autor:innen oder in russischer Sprache.

Bei einem Treffen mit dem Postdirektor Vadym Mosakovsky erfuhr die Delegation, wie sich die Situation der Post seit der Invasion verändert hat. Die Post litt sehr unter Beschüssen und musste deshalb am Tag der Invasion alle Autos – auch die Logostikfahrzeuge – zurückrufen.
Trotzdem unterstützt die Post, wo es geht. 17 neue Mitarbeiter:innen wurden aufgenommen, die als Binnengeflüchtete nach Riwne gekommen sind. Im Postgebäude gibt es einen Luftschutzkeller, der während eines Flugalarms sehr viele Menschen aufnimmt.

Als Kriegsfolgen mussten allerdings andere Arbeitsabläufe und Uhrzeiten angepasst werden, da wiederkehrende Stromausfälle den normalen Postbetrieb nicht mehr möglich machten oder eine Ausweitung der Aufgaben notwendig wurde. Die Post übernimmt nun auch die Auszahlung der Rente und übergibt sie persönlich an die Personen zu Hause.
Die Post hat ca. 70.000 Beschäftigte in der gesamten Ukraine in 95 Standorten. Es gibt aber auch mobile Stationen für den ländischen Raum. 1752 Mitarbeitende sind im Verwaltungsgebiet Oblast Riwne beschäftigt, 294 in der Stadt Riwne in 24 Filialen.

Es folgte ein Besuch bei der Firma ProdEcologia, die Ausstattung für Recycling macht und stark exportiert. Das Unternehmen beschäftigt im Normalfall ca. 200 Mitarbeitenden und ist führend in der Ukraine für Recycling von Plastik sowie als wissenschaftlicher Betrieb mit einem eigenen Forschungslabor für die Recyclingwirtschaft tätig. Der Export erfolgte in 48 Länder der Welt. Auch ihre Lage hat sich seit Kriegsbeginn verändert: 25 Männer kämpfen an der Front, 17 Binnengeflüchtete wurden eingestellt. Eine Teilnahme am ausländischem Austausch und Dienstreisen ist erschwert und nicht mehr so einfach möglich. Da eine Ausreisesperre für Männer der Ukraine besteht, mussten nun mehr Frauen oder auch Pensionäre im Bereich der auslandsreisen eingesetzt werden. Auch der Geldfluss ist gestört, da Abschlagszahlungen nicht mehr getätigt werden können, da das Risiko besteht, das es nicht ankommt. Durch den Wegfall des Absatzes in Russland und Belarus sind ca. 20% weggebrochen und eine Umorientierung in die Länder der EU wurde notwendig. Allerdings entstanden durch den EU-Export durchaus wieder Umsatzsteigerungen.

Mit dem Zusammenkommen der Delegation und Olha und Maria Rudomska, die seit 30 Jahren ein großes Familienunternehmen “AgroPererobka Schedryk” leiten, endete der Dienstag. Die Unternehmerin leistet große Unterstützung für die Armee, sammelt Geldspenden, kauft Munitionen oder Güter für die Front wie Autos, Powerbank, Drohnen, Wärmebildkameras etc.. Sie nimmt Sachspenden entgegen und organisiert die Verteilung. Im Jahr 2022 waren es etwa 23 Mio Hrywnja (ca. 581.160 €) für Güter zur Unterstützung des Krieges.

Überall in der Ukraine gibt es humanitäre Stationen, in denen alles gesammelt und von Ehrenamtlichen unter Lebensgefahr in die Kampfzone gebracht wird. Unternehmen in weniger betroffenen Regionen unterstützen und leisten Hilfe. Die Solidaritätspartnerschaft von Pankow mit Riwne soll ebenfalls einen Beitrag zur Hilfe vor Ort beitragen.

  • Delegation und Mitarbeitende der Universität vor dem Standort in Riwne, wo die Universität seit März 2022 untergebracht ist

    Delegation und Mitarbeitende der Universität vor dem Standort in Riwne, wo die Universität seit März 2022 untergebracht ist

  • Studierende der Medizinischen Universität Luhansk in Riwne

    Studierende der Medizinischen Universität Luhansk in Riwne

  • Sören Benn im Gespräch mit Serhiy Smirnov, Rektor und Professor der Luhansker Medizinischen Universität

    Sören Benn im Gespräch mit Serhiy Smirnov, Rektor und Professor der Luhansker Medizinischen Universität

  • Besuch der Buchhandlung "Zatyshnya knyharnya" ( Deutsch: Gemütliche Buchhandlung), die im Herbst 2022 nach Riwne aus Kherson geflohen ist

    Besuch der Buchhandlung "Zatyshnya knyharnya" ( Deutsch: Gemütliche Buchhandlung), die im Herbst 2022 nach Riwne aus Kherson geflohen ist

  • Besuch der Buchhandlung "Zatyshnya knyharnya" ( Deutsch: Gemütliche Buchhandlung)

    Besuch der Buchhandlung "Zatyshnya knyharnya" ( Deutsch: Gemütliche Buchhandlung)

  • Sören Benn und der Direktor der Post in Riwne

    Sören Benn und Vadym Mosakovsky, der Direktor der Post in Riwne

  • Bunker im Postgebäude

    Bunker im Postgebäude

  • Besuch der Delegation bei der Firma ProdEcologia, die Ausstattung für Recycling macht und exportiert

    Besuch der Delegation bei der Firma ProdEcologia, die Ausstattung für Recycling macht und exportiert

  • Sara Ghayour Mobarhan, Sören Benn zu Besuch bei der Lebensmittelfirma AgroPererobka Schedryk von Maria und Olha Rudomska

    Sara Ghayour Mobarhan und Sören Benn zu Besuch bei der Lebensmittelfirma AgroPererobka Schedryk von Maria und Olha Rudomska

Stationen der Delegation am Mittwoch, 08.02.2023

Am letzten Tag in Riwne besuchte die Delegation das Städtische Krankenhaus, das sich auf Rehabilitierung spezialisiert hat. Es wurden Gespräche mit dem Hauptarzt, Oleksander Schegera sowie mit Larysa Obukhovska, stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamtes Riwne zur medizinischen Versorgung geführt.

Zu Gast in dei Svyato-Pokrovsky Kathedrale, lernte die Delegation ehrenamtliche Helfer:innen aus der Gemeinde kennen, die unentgeltlich sechs Tage in der Woche arbeiten und Netze für die Armee reparieren, Socken für das Militär stricken oder Kerzen für Schutzgraben fertigen. Beim Gespräch mit dem Priester Petro Martynyuk zeigten sich Möglichkeiten einer Kooperation.

Sören Benn besuchte ebenfalls an diesem Tag die Polizei von Riwne.

Wichtige Helfer:innen in Riwne sind Projekte der Zivilgesellschaft, eines davon ist die Organisation “Ich bin Mariupol”, die die Delegation treffen konnte. Die Idee für die Organisation wurde vom Bürgermeister der Stadt Mariupol entwickelt. Geschaffen wurden Zentren mit Mitarbeitenden – alle 15 Mitarbeitenden sind Binnengeflüchtete, davon 14 aus Mariupol. Die Bezahlung erfolgt über Steuer aus Mariupol und Fördergelder, die Binnengeflüchteten unterstützen. Die Organisation hilft in juristischen Fragen, Fragen der Kinderbetreuung, Arbeitsvermittlung, medizinische Hilfe, usw. Es sind derzeit in der ganzen Ukraine 19 solche Zentren, das 20. ist geplant. Die Hauptidee liegt in der Hilfe für die Integration der Binnengeflüchtete in die aufgenommene Communities.

Beim Treffen mit unterschiedlichen Vertreter:innen der Zivilgesellschaft in Riwne, konnte Sören Benn hilfreiche Erkenntnisse zu den Bedarfen vor Ort gewinnen. Es waren Organisationen vertreten, die sich um Binnengeflüchtete kümmern; die mit (Halb)Waisen Kindern arbeiten; die öffentliche Räume für Jugendarbeit schaffen; die humanitäre Hilfe leisten; Arbeitsvermittlung für Binnengeflüchtete abwickeln sowie Zentren für deren Integration machen; sich um HIV-positive Menschen kümmern oder sich für krebskranke Kinder einsetzen. Andere Organisationen bieten psychologische Unterstützung für Familien an, die ihre Angehörige im Krieg verloren haben. Viele Menschen leisten weiterhin großen Wiederstand in Kriegsgebieten und geraten zunehmend an Ihre Belastungsgrenzen – und zwar alle: Helfende, Hilfesuchende, Betroffene, Familien, Kinder und viele mehr.

  • Sören Benn mit Ärzten des städtischen Krankenhauses in Riwne

    Sören Benn mit Ärzten des städtischen Krankenhauses in Riwne

  • Rollatoren und Hilfsmittel im Rehazentrum des Städtischen Krankenhauses

    Rollatoren und Hilfsmittel im Rehazentrum des Städtischen Krankenhauses

  • Behandlungsraum im Städtischen Krankenhaus

    Behandlungsraum im Städtischen Krankenhaus

  • Sören Benn in der Svyato-Pokrovsky Kathedrale. Gespräch mit dem Priester Petro Martynyuk der Ukrainisch Orthodoxe Kathedrale/ Gemeinde Riwne

    Sören Benn in der Svyato-Pokrovsky Kathedrale. Gespräch mit dem Priester Petro Martynyuk der Ukrainisch Orthodoxe Kathedrale/ Gemeinde Riwne

  • Sören Benn bei der Ukrainisch Orthodoxe Kathedrale/ Gemeinde Riwne

    Sören Benn bei der Ukrainisch Orthodoxe Kathedrale/ Gemeinde Riwne

  • Polizeigebäude in Riwne: Sandsäcke vor den Fenstern zum Schutz

    Polizeigebäude in Riwne: Sandsäcke vor den Fenstern zum Schutz

  • Polizei in Riwne: Andriy Lisnichuk, stellv. Leiter der Polizei, Bezirksbürgermeister Sören Benn und Oleksander Tretyak, Oberbürgermeister von Riwne (v.l.n.r.)

    Polizei in Riwne: Andriy Lisnichuk, stellv. Leiter der Polizei, Bezirksbürgermeister Sören Benn und Oleksander Tretyak, Oberbürgermeister von Riwne (v.l.n.r.)

  • Treffen von ca. 20 Organisationen der Zivilgesellschaft in Riwne; mittig stehen Sören Benn und Oleksander Tretyak

    Treffen von ca. 20 Organisationen der Zivilgesellschaft in Riwne; mittig stehen Sören Benn und Oleksander Tretyak

  • Bezirksbürgermeister Sören Benn mit dem Leiter der zivilgesellschaftliche Organisation "Ich bin Mariupol"

    Bezirksbürgermeister Sören Benn mit dem Leiter der zivilgesellschaftliche Organisation "Ich bin Mariupol"

letzter Tag der Reise – Donnerstag, 09.02.2023

Am letzten Tag der Riwne-Reise nahm die Delegation an einer Sitzung des Stadtparlaments in Riwne teil. Sören Benn berichtete über die Solidaritätspartnerschaft.

Bei einer öffentlichen Zeremonie nahmen die Menschen in Riwne Abschied von Vladyslav und Andriy, die beide im Krieg im Donetsk Gebiet ermordet wurden.

Im Anschluss trat die Delegation am Donnerstag die Rückreise nach Berlin an.

  •  Sitzung des Stadtparlaments von Riwne

    Sitzung des Stadtparlaments von Riwne

  • Sören Benn spricht vor dem Stadtparlament von Riwne

    Sören Benn spricht vor dem Stadtparlament von Riwne

  • Bei Abschied von Vladyslav und Andriy, beide in Donetsk Gebiet ermordet.

    Bei Abschied von Vladyslav und Andriy, beide in Donetsk Gebiet ermordet.