Die demokratischen Parteien wurden verboten, Antifaschisten und Juden aus den Ämtern vertrieben und schlimmen Verfolgungen ausgesetzt. Auch Pankower Bürger traf dieses Schicksal.
An dieser Stelle soll ein Ereignis aus dem Jahre 1938 eingefügt werden, das runde sieben Jahre später bei der Bildung des französischen Sektors der Vier-Sektoren-Stadt Berlin für die Bewohner zum Beispiel der Steeger- und der Gottschalkstraße bedeutsam wurde. Durch die Gebietsreform trat Pankow sein Gebiet westlich der Nordbahn an den Bezirk Wedding ab und erhielt vom Bezirk Reinickendorf Wilhelmsruh. Eine Grenzkorrektur zum Bezirk Prenzlauer Berg gab es ebenfalls.
Ein Jahr später, am 1. September 1939, brach der Zweite Weltkrieg aus. Während der Kriegsjahre, besonders ab 1943, flüchteten Tausende von Pankowern aus der von Bombenangriffen ständig bedrohten Stadt in ländliche Gebiete, die Einwohnerzahl im Bezirk verringerte sich erheblich. Die 15.000 bis 17.000 Fremdarbeiter aus den besetzten Gebieten glichen dieses Defizit nicht aus. Sie wurden in Lagern untergebracht, eines davon befand sich in Schönholz im ehemaligen Vergnügungspark “Traumland”. Die Auswirkungen des Bombenkrieges brachten neue Aufgaben für die Verwaltung. Die Wohnungsnot wurde groß, zumal aus den stark zerstörten Innenbezirken viele Berliner aufzunehmen waren. “Aber auch Pankow hat die Strapazen der ununterbrochenen Angriffe, den erschütternden Anblick der Verwundeten und der Toten, die Bloßlegung der Innenräume zerstörter Häuser kennen gelernt. Wir sahen die zerborstenen Zimmer, an deren Wänden noch die Bilder hingen und aus deren Fenstern noch die zerrissenen Vorhänge wehten. Alle Grade und Arten der Zerstörung gab es: Häuser, deren Dachstuhl abgebrannt war, solche, in den der Luftdruck alles, was nicht aus Stein war, wegtrieb und völlig zerstörte, aus denen oft nur die Schornsteine bizarr in die Luft ragten.” Diesen Bericht lieferte Rudolf Dörrier Mitte 1948 in seiner ersten Chronik über Pankow.
Die Verwaltung im Rathaus stand diesem Chaos fast hilflos gegenüber. Auch das Verkehrsnetz war durch die Angriffe stark beschädigt, so dass die Menschen oft weite Wege durch Trümmer zur Arbeit oder zu Angehörigen zurücklegen mussten. Um die Jahreswende 1944/45 änderte sich vieles im Rathaus, in dem sich nun die ?Zentrale Verteidigung? befand. Ein Teil der Beamten wurde kaserniert, genauso wie die Polizisten der aufgelösten Reviere. Besonders “Zuverlässige” erhielten Gewehre. Nicht ortsgebundene Dienststellen wurden evakuiert.
Im März 1945 erging der Befehl zum Bau von Panzersperren in den Straßen von Pankow. In Parks und Kleingartenanlagen wurden Laufgräben und Schützenlöcher ausgehoben. An der Pfarrkirche gruben die “Verteidiger” auf Befehl von Durchhalte-Fanatikern einen Panzer vom Typ “Panther” ein, weil es keinen Treibstoff mehr gab. Mit ihm sollte die Kreuzung Breite Straße, Schloßstraße und Berliner Straße verteidigt und der Zugang Richtung Rathaus und weiter zum Wedding vereitelt werden. Aber der Panzer konnte aus technischen Gründen keinen einzigen Schuss abgeben. Er fiel in der Nacht zum 23. April einer sowjetischen Einheit kampflos in die Hände, als sie auf das Rathaus vorstieß.
Acht Tage vor dem Zusammenbruch hatte der letzte Bürgermeister der NS-Zeit, Ahmels, eine große Aktenvernichtung auf dem Rathaushof befohlen, so dass fast alle amtlichen Unterlagen vergangener Jahrzehnte verloren gingen. Am Nachmittag des 22. April 1945 verließen alle Zivilisten das Gebäude; für die kasernierten Beamten war eine Fluchtmarschlinie in Richtung Schöneberg befohlen. Wenige Stunden später verließen die letzten Trupps der Wehrmacht die Unterkunft und setzten sich zum Flakbunker Humboldthain ab. Vorher hatte es in etlichen Straßen Pankows Einzelgefechte gegeben, bei denen noch in letzter Minute Häuser und Häuserblocks in Brand gerieten. Im Rathaus verblieben größere Mengen Lebensmittel, Weinflaschen, Textilien usw., aber auch der vom Kassierer ordnungsgemäß verschlossene Tresor mit erheblichen Geldsummen. In der an den Hof des Rathauses angrenzenden damaligen “Karl-Peters-Schule” hatten Kriegsmüde Uniformteile zurückgelassen.
Im Laufe des 23. April wurde das Territorium des 19. Berliner Verwaltungsbezirks von der Roten Armee besetzt, mit Ausnahme des S-Bahnhofes Wollankstraße und der bis zum 2. Mai umkämpften Flakstellung in den Gärten an der Neumannstraße. Für Pankow war die Zeit des Faschismus zu Ende.
Berlin kapitulierte am 2. Mai um 14.00 Uhr. Am 8. Mai 1945 musste die deutsche Wehrmachtsführung vor den Vertretern der Alliierten in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnen. Im Verlaufe der Kampfhandlungen sind in Pankow in den April- und Maitagen 1945 450 Zivilisten umgekommen, 510 deutsche Soldaten gefallen; 215 Menschen begingen Selbstmord. Von den vielen Zehntausenden bei der Schlacht um Berlin gefallenen sowjetischen Soldaten sind später allein auf dem Ehrenfriedhof Berlin-Schönholz 13.200 Gefallene beigesetzt worden.
(Aus: Rathaus Pankow 1903-1993, Arwed Steinhausen, Dieter Geisthardt, Hans Klockmann. Herausgegeben vom Freundeskreis der Chronik Pankow e.V., 1993. Aktualisierte Fassung. Für das Internet überarbeitet und gekürzt. Foto: Chronik Pankow/Das Rathaus 1937)