VISIONEN fair share! x Galerie Parterre - Ausstellung vom 19.10. bis 13.11.2024

Pressemitteilung vom 16.10.2024

Das Berliner Aktionsbündnis fair share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen prägt den Dialog zwischen Kulturschaffenden und Entscheider:innen des Kunstbetriebs seit 2020 maßgeblich. Neben der Festigung von genderaffinen Strukturen und der Etablierung einer Kultur der Fürsorge in den Institutionen, fordert das Bündnis eine stark erhöhte Sichtbarkeit weiblicher und queerer Künstler:innen aller Epochen in Ausstellungen und öffentlichen Sammlungen.

Für die Ausstellung Visionen baten das Aktionsbündnis und die Galerie Parterre um Werkvorschläge, die sich mit Facetten von Networking, Community Building und Solidarität befassen oder die ein Hinterfragen und Einmischen in patriarchal-sexistische Strukturen zum Ausdruck bringen.

Gezeigt werden Arbeiten von: Die 4 Grazien (Wien), Asta Cink (Wien), Katya Dimova (Wien), fair share! (Berlin), [materialistin] (Leipzig), Agnes Rossa (Frankfurt am Main), Zuzanna Schmukalla (Berlin), Birgit Szepanski & Carin Kreuzberg (Berlin), Anke Westermann (Berlin).

Eröffnung durch Bezirksbürgermeisterin am 18. Oktober
Im Rahmen der Eröffnung am Freitag, dem 18. Oktober um 19 Uhr sprechen die Pankower Bezirksbürgermeisterin Dr. Cordelia Koch sowie Rachel Kohn (fair share!) und Björn Brolewski (Leiter der Galerie Parterre/ Kunstsammlung Pankow).
Die Schau ist ab Samstag, dem 19. Oktober 2024 in der Galerie Parterre | Kunstsammlung Pankow, Danziger Straße 101 Haus 103, 10405 Berlin, zu den Öffnungszeiten: Di – So: 13 – 21 Uhr, Do: 10 – 22 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt zur Ausstellung und den Begleitveranstaltungen ist frei.
Kontakt und weitere Informationen unter Tel.: + 49 (30) 90295 3821, www.galerieparterre.de sowie
http://kunstundkultur-pankow.berlin.de

Hintergrundinformationen
Im Rahmen der Ausstellung präsentiert fair share! (vertreten durch Ines Doleschal, Annamaria Kardos, Rachel Kohn und Alice Münch) das Konzept des Museums der Künstlerinnen* Berlin (MdK*B). Der Impulsraum ermöglicht Besucher:innen, ihre Visionen einer gendersensiblen und inklusiven Museums- und Ausstellungslandschaft zu teilen. Er umfasst neben einem Film, Texten und einem Augmented Reality Tool von Katia Sophia Ditzler auch ein Frauenbildnis von Julie Wolfthorn, entstanden um 1910. Die Künstlerin und Mitbegründerin der Berliner Secession engagierte sich für die Zulassung von Frauen an der Preußischen Akademie der Künste und war eine unermüdliche Netzwerkerin, bevor sie 1944 von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Der Ausstellung Visionen dient sie als Vorbild und inoffizielle Schirmherrin.

Das Künstlerinnenkollektiv Die 4 Grazien, bestehend aus Mela Diamant, Susanna Schwarz und G. Maria Wetter, formierte sich 2002 beim gemeinsamen Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien. Der vierte Platz wird projektorientiert an wechselnde Künstlerinnen vergeben, um Vernetzung und gegenseitigen Support zu fördern. Das Kollektiv bezieht sich auf die drei Grazien aus der römischen und griechischen Mythologie, die den Menschen und Göttern Anmut, Schönheit und Festesfreude brachten und als beliebtes Motiv in der Kunstgeschichte zu finden sind. In ihren Fotografien und Videos hinterfragen Die 4 Grazien Konstruktionen von Weiblichkeit und beleuchten auf kritisch-ironische Weise gesellschaftlich diktierte Rollen der Frau. So auch in der Foto- und Videoserie Markieren, deren zweideutiger Titel sich sowohl auf die männlich konnotierte territoriale Einverleibung und Verteidigung eines Reviers als auch auf das Vortäuschen und Simulieren bezieht.

Asta Cink wurde 1981 in Wien geboren und studierte zunächst Darstellende Künste. Am fotoK und der Schule Friedl Kubelka fand Cink einen Zugang zur Fotografie. Cink bezeichnet ihre Arbeiten als autobiografisch und sucht im Medium der Fotografie nach Möglichkeiten, sich rituell und verdichtet in das Material einzuschreiben. Cinks Werkreihe Reich mir die Hand aus dem Jahr 2022 umfasst die Medien digitale Fotocollage, analoge Fotografie und Video. Cink spielt darin mit Posen und Gesten der Solidarität, die in ihrer Aneinanderreihung einer Choreografie gleichen. Diese symbolischen Handlungen werden zu einer lebendigen Sequenz, die an die Wichtigkeit von Zusammenhalt und gegenseitiger Unterstützung erinnert.

Katja Dimovawurde, 1983 in Varna (Bulgarien) geboren und studierte Grafik an der Universität für Angewandte Kunst Wien. In ihren Textilarbeiten beschäftigt sie sich mit den Transformations-kreisläufen der Natur. Ihre Textilbücher über Wildkräuter zeigen Stickereien von Pflanzen, die in unserer heimischen Umgebung zu finden sind und vielseitige Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der Frauenheilkunde bieten. Das Wissen über diese Heilkräuter wurde von Kräuterfrauen und Hebammen über Jahrhunderte hinweg weitergegeben. Dimovas detaillierte Stickereien veranschaulichen sowohl die historischen Hintergründe und persönlichen Geschichten der Frauen als auch das tradierte Wissen über das Bestimmen, Sammeln und Anwenden dieser Kräuter.

Die Künstlerinnen Enne Haehnle, Lucy König, Agnes Lammert und Wibke Rahn sind Teil der Leipziger Künstlerinnengruppe [materialistin], deren Schwerpunkt im erweiterten Feld der Skulptur und der Auseinandersetzung mit Material, Handlung und Raum liegt. Die Gruppe agiert solidarisch und organisiert sich heterarchisch, also frei von Verhältnissen der Unter- und Überordnung. Werkzeuge werden ebenso geteilt wie Kompetenzen im handwerklich-praktischen und theoretischen Feld. So begegnet die Gruppe Herausforderungen, denen sich Künstlerinnen stellen müssen, wie etwa der schwierigen Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Kunstproduktion, durch ein selbstorganisiertes und bedürfnisorientiertes Gemeinschaffen in der Kunst.
Die 1976 in Klosterneuburg (Österreich) geborene Agnes Rossa studierte Malerei, Grafik, Fotografie und Mediale Künste in Wien, Düsseldorf und Köln und lebt und arbeitet heute als freischaffende Künstlerin in Frankfurt am Main. Für das seit 2022 fortlaufende Projekt Kunst-Mütter* interviewt Rossa weibliche und queere Künstler:innen zum Thema Mutterschaft. Kunst-Mütter* unterstreicht die Dringlichkeit einer Veränderung gesellschaftlicher Strukturen und fordert ein Umdenken für die fehlende Akzeptanz von Mutterschaft und selbstbestimmte Entscheidungen für oder gegen die Mutterschaft. Hierbei werden auch weiterhin tabuisierte Aspekte wie Schwangerschaftsabbrüche, Unfruchtbarkeit oder freiwillige Kinderlosigkeit thematisiert.

Zuzanna Schmukalla, geboren in Gdańsk (Polen), studierte Malerei und Grafik an der Kunstakademie IBKK Bochum und absolvierte ein Aufbaustudium für Freie Kunst an der Kunstakademie arte fact Bonn. Ihre Installation Lappa thematisiert, wie wichtig das Zusammenwirken vieler Individuen ist, um eine starke Einheit zu bilden und gemeinsam Veränderungen in der Gesellschaft herbeizuführen. Die Künstlerin verwendet Kletten als Metapher für die Beharrlichkeit und das Engagement, die es benötigt, um Visionen in die Realität umzusetzen. So haben Netzwerke engagierter Frauen in der Geschichte immer wieder bedeutende gesellschaftliche Errungenschaften bewirkt, indem sie sich zusammengeschlossen und solidarisch für gemeinsame Ziele gekämpft haben.

Birgit Szepanskiwurde 1970 in Hagen geboren, studierte in Münster und Berlin und promovierte 2014 an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. In der Galerie Parterre zeigt Szepanski die Installation Wann dreht sie sich um? und bezieht sich damit auf die Skulptur Drei Frauen der 1935 geborenen Künstlerin Carin Kreuzberg. Kreuzberg erhielt 1979 den Auftrag, eine Skulptur für den Vorplatz einer Pankower Fabrik zu schaffen, ihre Dreiergruppe wurde jedoch erst 1993 öffentlich gezeigt. Szepanski sieht in ihrer Installation eine solidarische Weiterknüpfung feministischer Kunst. Vier farbige, mit Fotos bedruckte Tücher schaffen einen Raum, in dessen Mitte Kreuzbergs Original-Gipsmodel von 1979 gezeigt wird. Die Arbeit verhandelt Fragen nach der Sichtbarkeit von Frauen und weiblichen Kunstschaffens zu Zeiten der DDR und heute.

Anke Westermann studierte Bildende Kunst an der HBK Braunschweig und Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre künstlerische Arbeit hinterfragt konventionelle Strukturen und unser Bild von individueller Autor:innenschaft, das traditionell meist eng an den Mythos männlicher Genialität geknüpft ist. Hierfür initiiert Westermann Projekte, die in Kooperation mit anderen Künstler:innen entstehen und bei denen die einzelnen Beiträge zu einem neuen Ganzen werden. Darüber hinaus arbeitet sie häufig mit Fundstücken, die sie mit Fotografien, Zeichnungen oder Lichtelementen zu architekturaffinen Objekten oder Installationen kombiniert. Spielerisch und beinahe demokratisch verbinden sich die Einzelteile zu einem offenen, antiautoritären Gefüge. Westermanns Arbeit Core verbindet Alltagsmaterialien und Fotografien, die je nach Blickwinkel in immer neuen Zusammenhängen erscheinen.