Die Sportentwicklungsplanung dient dem Bezirksamt Pankow als Orientierung für den Ausbau der notwendigen Infrastruktur und geeigneter Angebote. Die Studie ist auf der homepage des Bezirksamtes unter www.berlin.de/pankow veröffentlicht.
Über 400.000 Menschen leben in Berlins einwohnerstärksten Bezirk Pankow. Dass diese besonders sportlich sind, zeigt eine repräsentative Studie für die im Auftrag des Bezirkes 9.000 per Zufallsziehung ausgewählte Bürger:innen zu ihrem Sport- und Bewegungsverhalten befragt wurden:
„Auf Stadtbezirksebene ist dies eine Pilotstudie,“ erläutert Prof. Dr. Michael Barsuhn vom Institut für kommunale Sportentwicklungsplanung (INSPO) an der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam. „Im Pankower Sportentwicklungsplan spiegeln sich die Bedarfe der Bevölkerung, der Schulen, Sportvereine, Kitas, von Vereinsmitgliedern und Nichtvereinsmitgliedern bis hin zu Menschen mit Behinderung wider.“ Gemeinsam mit einer eigens gebildeten Arbeitsgruppe Sportentwicklungsplanung hat das Potsdamer Institut den Erstellungsprozess der Sportentwicklungsplanung über zwei Jahre begleitet.
„Wir haben uns bewusst für einen breiten, kooperativen Ansatz entschieden. Beteiligt wurden innerhalb der Arbeitsgruppe daher unterschiedliche Verwaltungsressorts wie Schule, Sport, Jugend, Stadtentwicklung, Umwelt und Naturschutz oder Grünflächen, aber auch der Bezirkssportbund Pankow. Zudem haben neben der Bevölkerung auch alle Vereine, Schulen und Kitas Fragebögen zur ihrer Bedarfssituation erhalten, “ erklärt Dr. Torsten Kühne, Stadtrat für Schule, Sport, Facility Management und Gesundheit.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Schule, Sport und Gesundheit in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Pankow, Gregor Kijora, erklärt zur Vorstellung der Studie: „Der Sportentwicklungsplan ermöglicht es dem Bezirk langfristig Maßnahmen planen und nötige Investitionen für diesen Zweck zu sichern. Erstmals hat der Bezirk eine wissenschaftliche Basis für die Bedarfe in schulischen und öffentlichen Sportanlagen und ganz neu auch für den Bedarf an Sportmöglichkeiten im öffentlichen Raum außerhalb der bezirklichen Sportanlagen. Dem Bezirk wird mit der Studie ein zukunftsorientiertes und strukturiertes Werkzeug an die Hand gegeben.“
Im Ergebnis zeigt sich die ganze Vielfalt des Sports in einem prosperierenden Bezirk: Über die Hälfte aller Aktivitäten finden auf so genannten „Sportgelegenheiten“ statt. Dies sind städtische Räume wie Radwege, öffentliche Plätze oder Grünanlagen, die nicht primär für sportliche Nutzung konzipiert wurden. Insbesondere das Radfahren nimmt im Berlin-Vergleich in Pankow eine exponierte Stellung bei der Bevölkerung ein. Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur werden daher stark nachgefragt. Deutliches Entwicklungspotential besteht bei den normierten Anlagen wie Sporthallen und -plätzen: „Hier gibt es in ganz Berlin großen Nachholbedarf. Es fehlen Anlagen in ausreichender Größe sowohl für den Schul- als auch für den Vereinssport,“ erklärt Barsuhn. „Wichtig sind die Synergieeffekte, auf die in der Studie verwiesen wird. Der Schulbau ist kommunale Pflichtaufgabe. Ganz entscheidend wird es sein, bei zukünftigen Schulbauten, den Vereinssport stärker
mitzudenken und entsprechende Flächen auf Basis bestehender Raumprogramme auch wirklich rechtzeitig für Sport und Bewegung zu sichern. Der Bezirk erhält einen konkreten Investitionskatalog für die kommenden zehn Jahre.“
Für die Pankower Bevölkerung spielt insbesondere die Wohnortnähe eine entscheidende Rolle für ihre Sportmotivation. 83 Prozent sind in ihrer Freizeit in irgendeiner Form sport- bzw. bewegungsaktiv. Dies liegt sogar noch leicht über dem Bundesdurchschnitt von 81 Prozent. Allerdings erreichen nur 46 Prozent der Pankower Bevölkerung auch gesundheitsrelevante Zeit- und Belastungsumfänge. Als Orientierung dienen hier die Vorgaben der World Health Organisation (WHO), die als Empfehlung für Erwachsene 150 Minuten in der Woche mit einer moderaten Belastung ansetzt. „Hier besteht also noch Entwicklungspotential, Menschen durch verbesserte, bedarfsgerechte Infrastruktur und Angebote in gesündere Bewegung zu versetzen,“ so Barsuhn. Eine der größten Herausforderungen für die Pankower Sportentwicklung besteht zukünftig darin, auch Inaktive in Bewegung zu bringen. Die ermittelten Inaktivitätsquoten zeigen bei kleinräumiger Analyse innerhalb des Bezirkes deutliche
Unterschiede: So ist die Bevölkerung im stark verdichteten urban geprägten Prenzlauer Berg wesentlich aktiver als in Weißensee oder Buch.
„Die Studie bietet für uns somit die Möglichkeit, punktgenau bezogen auf einzelne Teilräume zu agieren,“ freut sich Eckehard Scholz Fachbereichsleiter Sport im Pankower Schul- und Sportamt.
Eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung spielen die Pankower Sportvereine: Die Zuwachsrate an Mitgliedern über die letzten zehn Jahre liegt mit 44 Prozent erfreulicherweise deutlich über dem Berliner Durchschnitt (32 Prozent). Bemerkenswert: Die Zahlen wachsen sowohl bei Frauen als auch bei Männern. 75 Prozent der Sportvereine betreiben zudem aktive Mitgliedergewinnung. Viele reagieren damit bereits auf die gesellschaftlichen Megatrends der letzten Jahre wie den demografischen Wandel und die Individualisierung in der Gesellschaft, beispielsweise mit zielgruppenspezifischen Angeboten, sportlichen Trends und zeitlich-flexiblen Kurzmitgliedschaften auch für Nichtvereinsmitglieder. Besonders ist, dass sich die Vereine zukünftig verstärkt mit der Zielgruppe „Menschen mit Behinderung“ befassen möchten.
Aber auch Probleme wurden von den Vereinen konkret benannt: Insbesondere bei der zeitlichen Verfügbarkeit an wettkampfgeeigneten Sportanlagen als unabdingbare Ressource für das Vereinsangebot. Es fehlt aber auch an kleineren Sport- und Bewegungsräumen. Darüber hinaus plädieren die Pankower Sportvereine dafür, insbesondere Sportaußenanlagen multifunktional so zu erweitern, dass diese auch durch die im Wohnumfeld ansässige Bevölkerung mit genutzt werden können, beispielsweise durch Outdoor-Fitness wie Calisthenics-Anlagen und Bewegungsparcours: „Die Vereine stellen sich damit sehr modern auf und unterstützen einen vorrangigen Wunsch der Pankower Bevölkerung,“ so Barsuhn. „Hieraus ergeben sich dann Synergien für Politik und Verwaltung, Stadt- und Sportentwicklung zukünftig gemeinsam zu denken. Für gesunde Menschen in gesunden Kommunen bleibt uns gar nichts anderes übrig.“
Wie ernst dem Berliner Pilotbezirk Pankow seine Sportentwicklungsplanung ist, zeigt sich auch daran, dass diese als fortlaufender Prozess verstanden wird. Auf Grundlage der empirischen Ergebnisse sollen in der Folge ausgewählte Sportanlagen und Grünflächen einer standortbezogenen Analyse unterzogen werden: „Ziel ist es, mit Unterstützung von INSPO standortbezogene Maßnahmen zu entwickeln, die sowohl Vereins- und Schulbedarfe als auch den Wandel des Sport- und Bewegungsverhaltens der Bevölkerung berücksichtigen,“ so Torsten Kühne. Auch dieser Prozess wird von der AG Sportentwicklungsplanung begleitet werden. Finanziell unterstützt wird das fortlaufende Projekt durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport.
Die Studie wird im Sportausschuss der BVV Pankow der Öffentlichkeit am Mittwoch, 14.04.2021, um 19:30 Uhr vorgestellt.
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