Stolpersteine Fasanenstraße 42

Hausansicht Fasanenstr. 42

Diese Stolpersteine wurden am 21.9.2013 verlegt. Der Stolperstein für Hedwig Ehrlich wurde am 15.06.2022 verlegt.

Stolperstein Auguste Zweig

HIER WOHNTE
AUGUSTE ZWEIG
GEB. EMANUEL
JG. 1858
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
11.11.1942

Auguste Mathilde Zweig geb. Emanuel wurde am 26. Juni 1858 in Köln geboren. Ihre Eltern hießen Leopold und Laura Emanuel. Sie müssen noch mindestens eine weitere Tochter gehabt haben, denn Auguste lebte in der letzten Zeit in der Fasanenstraße mit Emilie Levinsohn geb. Emanuel zusammen. Diese war ebenfalls in Köln geboren und sechs Jahre jünger als Auguste. Es ist naheliegend, dass die beiden Schwestern waren.
Augustes erster Ehemann hieß mit Nachnamen Loewenthal. Er starb zu einem nicht bekannten Zeitpunkt. Bei ihrer zweiten Eheschließung trug sie noch diesen Nachnamen. Am 28. März 1911 heiratete Auguste den 60jährigen Rentner Nathan Zweig. Er nannte sich auch Norbert. Dieser Vorname erscheint in allen Einträgen der Berliner Adressbücher. Das Ehepaar Zweig lebte seit der Eheschließung ununterbrochen in der Fasanenstraße 42.

Nathan (Norbert) starb vermutlich 1924, denn ab 1925 ist der Eintrag „Auguste Zweig, Wwe.“ in den Adressbüchern zu lesen. Mit 67 Jahren hatte Auguste also zum zweiten Mal ihren Ehemann verloren. Über Kinder aus der ersten Ehe ist nichts bekannt, es gibt keinerlei Unterlagen darüber.

Schon 1931 wohnte Auguste Zweig zusammen mit ihrer ebenfalls verwitweten Schwester Emilie Levinsohn in der Wohnung in der Fasanenstraße 42. Die beiden Schwestern haben ihren Haushalt gemeinsam geführt. Die Auflistung der zurückgelassenen Möbel und Gegenstände aus der Akte des Oberfinanzpräsidenten von 1943 weisen auf gemeinschaftlich genutzte Wohnräume hin. In der Akte wurde auch vom Nachlasspfleger vermerkt: „Es wird meines Ermessens nicht möglich sein, den Nachlass der Frau Emilie Levinsohn, geb. Emanuel aus dem der Frau Auguste Zweig zu ermitteln.“

Am 17. August 1942 starb Emilie Levinsohn an Herzversagen. In diesem Jahr wurden unzählige ältere Menschen mit den sogenannten Alterstransporten nach Theresienstadt deportiert. Die Furcht vor der bevorstehenden Deportation dürfte Emilie das Leben gekostet haben.
Auguste Zweig ertrug ihr Dasein nach dem Tod ihrer Schwester und das Wissen um ihre eigene Deportation nicht mehr lange. Sie nahm sich am 11. November 1942 mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben.

Recherche und Text: Karin Sievert Quellen:

Stolperstein Ernst Ehrlich

HIER WOHNTE
ERNST EHRLICH
JG. 1901
DEPORTIERT 2.4.1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

Ernst und Hans Ehrlich wurden in Berlin geboren. Ihre Eltern waren Samuel Ehrlich, geb. am 6. März 1866 in Arnswalde und Hedwig Ehrlich, geborene Naumann, geb. am 2. Januar 1868 in Pasewalk. Ernst, geb. am 27. Mai 1901 und Hans, geb. am 30. März 1905, gingen in Berlin zur Schule, machten hier ihr Abitur und studierten Jura. Beide erwarben Doktortitel.

Ernst war 1932 im Berliner Adressbuch unter der Anschrift Landhausstraße 25 als Gerichtsassessor eingetragen, in den beiden folgenden Jahren als Landgerichtsrat. Spätestens 1935 wurde er aus seinem Amt verjagt.

Hans war 1932 im Adressbuch als Syndikus in einer Kanzlei in der Kantstraße 21 angegeben mit Wohnung Sybelstraße 49. Für ihn war schon ab 1933 kein Eintrag mehr vorzufinden. In der Deportationsliste hatte die Gestapo zu seinem Namen die Angabe „verheiratet“ und „Arbeiter“ vermerkt. Über Hans‘ Ehefrau ist in den verbliebenen Unterlagen jedoch nichts zu finden. Er wurde vermutlich ab 1941 zur Zwangsarbeit herangezogen.

Der Vater Samuel war Kaufmann, er besaß im Laufe seines Berufslebens mehrere Grundstücke mit Wohnhäusern. Die Familie wohnte zunächst im eigenen Haus in der Strassmannstraße 40. 1930 kaufte Samuel Ehrlich, damals schon „Rentier“, das Haus Fasanenstraße 42. Die Familie zog um und lebte dort in einer 6-Zimmer-Wohnung. Samuel starb 1935 an Krebs und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee bestattet.

Die Söhne Ernst und Hans, ihrer Berufe und ihrer Wohnungen beraubt, zogen zu ihrer Mutter in die Fasanenstraße. Sie wurden zusammen mit Hedwig Ehrlich als „Ehrlich’sche Erben“ bezeichnet und verwalteten ihre Wohnhäuser. Das Haus mit Grundstück in der Genter Straße 6 musste 1938 wegen Fälligkeit der Judenvermögensabgabe weit unter Wert verkauft werden, ein großer Teil des Erlöses wurde für die Abgabe verwandt.

In der Fasanenstraße 42 wohnten auch Verwandte der Ehrlichs. Es waren Markus und Lucie Cohn, möglicherweise war auch die im selben Hause wohnende Marianne Rothenberg, geb. Cohn eine Verwandte. Für die drei Genannten liegen vor dem Haus ebenfalls Stolpersteine.
Der 1951 ausgefertigte Erbschein nennt folgende Verwandte -Vettern und Großcousinen- als Erben von Hedwig, Ernst und Hans Ehrlich:
Den mit dem Leo Baeck Preis des Zentralrats der Juden ausgezeichneten Dr. phil. Ernst Ludwig Ehrlich; den Rabbiner Klaus Ehrlich, später Claude Schwarz;
den Kaufmann Max Abraham, später Max Alton; den Rechtsanwalt Werner Gallewski, Sohn von Lucie Cohn, sowie Ilse Gutstein und Ruth Alton, geb. Ewer, Verfasserin des Buches „Deportiert von den Nazis“ und ihre Schwester Felicitas Eisemann, geb. Ewer.

Ruth und Felicitas waren die Töchter von Lucie Cohns Schwester Erna Ewer, für die vor dem Haus Kantstraße 120/121 ein Stolperstein verlegt wurde. Dort liegt auch ein Stolperstein für Ruths ersten Ehemann Julius Tauber. Die familiären Zusammenhänge der Familie Ehrlich sind in der Biografie „Ernst Ludwig Ehrlich – Prägende Jahre“ detailliert beschrieben.

Ernst und Hans wurden am 2. April 1942 zusammen mit ihrer Mutter Hedwig aus ihrer Wohnung abgeholt und in das Warschauer Ghetto deportiert. Hedwig Ehrlichs Leben fand dort das grausame Ende. Ihr beiden 37- und 41jährigen Söhne mussten noch im Lager Trawniki, Lublin Zwangsarbeit leisten, bevor sie zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet wurden.

Recherche und Text: Karin Sievert Quellen:

Stolperstein Hans Ehrlich

HIER WOHNTE
HANS EHRLICH
JG. 1905
DEPORTIERT 2.4.1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

Stolperstein Hedwig Ehrlich

Stolperstein Hedwig Ehrlich

HIER WOHNTE
HEDWIG EHRLICH
GEB. NAUMANN
JG. 1867
DEPORTIERT 2.4.1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

Stolperstein Lucie Cohn

HIER WOHNTE
LUCIE COHN
GEB. ABRAHAM
JG. 1887
DEPORTIERT 17.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Lucie Cohn wurde am 19. Februar 1887 in Berlin geboren. Sie wohnte vom 19.9.1941 bis 18.8.1942 in der Fasanenstraße 42.
Ihr Vater war Bernhard Abraham, ihre Mutter Hulda Abraham, geb. Naumann. In der Kantstraße 120-121 liegt ein Stolperstein für Lucie Cohns Schwester Erna Ewer, geb. Abraham.
Aus erster Ehe hatte sie einen Sohn, Werner Gallewski, der seinen Namen nach seiner Emigration in Galleski änderte. Werner Galleski wurde am 7. Juni 1909 in Charlottenburg geboren. Er wanderte am 10. November 1938 in die USA aus und wurde dort Rechtsanwalt. Im Dezember 1917 heiratete Lucie in zweiter Ehe Markus Cohn.

Lucie Cohn und ihr Mann wurden am 17. August 1942 in einem mit 1002 Menschen überquellenden Zug vom Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald nach Theresienstadt, am 9. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz deportiert. Dort ist sie ermordet worden, das Datum ist nicht bekannt.

Stolperstein Markus Cohn

HIER WOHNTE
MARKUS COHN
JG. 1869
DEPORTIERT 17.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 27.1.1943

Markus Cohn wurde am 19. November 1869 in Krotoschin (Krotoszyn/Polen) geboren.
In Berlin war er Geschäftsführer des Schuhgroßhandels Carl Cohn & Co GmbH an der Rosenstraße 19 in Mitte. Firmeninhaber war sein Bruder Carl. Der Betrieb wurde 1937 liquidiert.
Markus Cohn war verheiratet mit Lucie Cohn. Diese brachte einen Sohn aus erster Ehe, Werner Gallewski, mit in die Ehe.

In der 5½-Zimmerwohnung in der Fasanenstraße 42 lebten laut Vermögenserklärung von 1942 neben dem Ehepaar Cohn Dr. Arthur Kallmann, Rosalie Okun und Martha Hirsch als Untermieter, sowie Meta Gräupner, die den Mietvertrag mitunterzeichnet hat. Meta Gräupner wurde am 15. August 1942 nach Riga deportiert und dort am 18.August ermordet. Für sie wurde vor dem Haus Fasanenstraße 42 ebenfalls ein Stolperstein verlegt. Auch Rosalie Okuns Leben ist dokumentiert. Ihr Stolperstein liegt in der Meiningenallee 7.

Martha Hirschs und Arthur Kallmanns Schicksale sind ungewiss. Möglicherweise handelt es sich um den am 30. Juli 1883 gleichfalls in Krotoschin geborenen Arthur Kallmann, der am 14. Dezember 1942 in Auschwitz ermordet wurde oder um den gleichnamigen Arthur Kallmann, geboren am 28. Dezember 1888 in Eilenburg, der am 17. November 1941 nach Kowno (Kaunas) deportiert und dort am 25. November 1941 erschossen wurde.

Markus Cohn hatte zwei Brüder, Carl und Julius: Carl Cohn wurde am 10. Mai 1868 in Krotoschin geboren. Sein Wohnsitz in Berlin war zunächst in der Elsholtzstraße. Er war mit Martha Cohn, geb. Friedländer verheiratet. Sie wohnten zusammen in der Luitpoldstraße 20. Beide wurden am 1. Januar 1941 nach Lodz, von den Nationalsozialisten in Litzmannstadt umbenannt, deportiert. Die Tochter Lotte wurde mit ihrem Mann und ihrer Tochter am 19. Februar 1943 deportiert. Auch diese Familie wurde wahrscheinlich ermordet.
Deren Tochter Ilse konnte Deutschland verlassen und lebte dann in Brüssel.
Julius Cohns Schicksal ist ungewiss, seine Tochter Trude wurde in Auschwitz ermordet, deren Ehemann Erich Glasfeld kam in Theresienstadt ums Leben.

Zusammen mit seiner Frau Lucie ist Markus Cohn am 17. August 1942 in einem Zug mit 1002 Menschen vom Bahnhof Grunewald nach Theresienstadt deportiert worden, wo er am 27. Januar 1943 ums Leben gebracht wurde. In der Todesfallanzeige des Ältestenrates im Ghetto Theresienstadt ist als Todesursache „Myodegeneratio Cordis – Herzmuskel Entartung“ angegeben.

Stolperstein Meta Brauer

HIER WOHNTE
META BRAUER
JG. 1894
DEPORTIERT 9.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Meta Brauer wurde am 24. April 1894 in Breslau geboren. Ihre Eltern waren Siegfried Brauer und Pauline Brauer, geb. Silbermann. Sie hatte zwei Brüder, Kurt, geboren am 22. Februar 1885, und Bruno Brauer.

Meta Brauer hat in Breslau vier Klassen Volksschule, acht Klassen Industrieschule und zwei Jahre Handelsschule besucht und ist danach in die Firma Hugo Kohn, Modewaren und Konfektionsgeschäft, in Breslau eingetreten. Sie lernte dort die Putzmacherei und blieb nach Beendigung der Ausbildung bei der Firma angestellt. 1910 siedelte sie nach Berlin über und arbeitete als Verkäuferin im Pelzhaus Weiser am Tauentzien.

Ihr Bruder Kurt schrie über sie: „Ihre schöne, gefestigte Position und ihr gutes Einkommen haben meiner Schwester eine gute Lebensführung gestattet. Sie bewohnte eine gut eingerichtete 2 Zimmerwohnung, hatte eine elegante Garderobe und wertvollen Schmuck….“

Zu diesem Zeitpunkt (1941) wohnte Meta Brauer noch in der Rankestraße. Sie musste diese Wohnung verlassen und in eine 1½ Zimmerwohnung in der Fasanenstraße 42 ziehen. In ihrer Vermögenserklärung gab sie eine Untermieterin namens Margarete Tugendhat an.
Der Vermieter erklärte 1943 in einem Telefongespräch mit der Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten, “dass die Untermieterin zur selben Zeit mit d. Hauptmieter die Wohnung verlassen hat.“
Meta Brauers letzte Arbeitsstelle – vermutlich als Zwangsarbeiterin – war die Firma Hugo Prinz in Spandau.

Kurt Brauer wanderte 1939 nach Shanghai aus, seit 1949 lebte er mit seiner Frau Kaethe in Tel Aviv. Er stellte über einen Berliner Rechtsanwalt den Entschädigungsantrag, starb aber, bevor der Antrag bewilligt wurde. Beide hatten eine Tochter, Ruth Feingersch. Der andere Bruder Bruno Brauer lebte mit seiner Frau Margret in Boston.

Meta Brauer wurde am 9. Dezember 1942 mit etwa 1000 Menschen nach Auschwitz deportiert, von denen 898 in den Gaskammern getötet wurden. Ihr Todesdatum ist unbekannt.

Recherchen und Texte: Karin Sievert
Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Entschädigungsamt Berlin, Deportationslisten

Stolperstein Meta Gräupner

HIER WOHNTE
META GRÄUPNER
GEB LESCHNITZER
JG.1883
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Meta Gräupner wurde am 12. Juli 1883 in Tarnowitz/Oberschlesien als Tochter von Simon und Lina Leschnitzer geboren. Sie hatte mehrere Geschwister, namentlich bekannt ist nur ihr jüngster Bruder Hans. Zu dessen Ehefrau Luise hatte Meta in ihren letzten Berliner Jahren eine enge Beziehung.

Meta heiratete am 13. März 1906 im Charlottenburger Standesamt den praktischen Arzt Dr. Albert Gräupner. Sie wohnte zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung in der Schlüterstraße 30. Der Lebensmittelpunkt und die Arztpraxis von Albert Gräupner befanden sich in Beuthen. Er praktizierte dort schon seit 1895. Während des Ersten Weltkriegs war er Stabsarzt beim 156. Infanterieregiment.

Meta Gräupner

Meta Gräupner

In Beuthen kamen auch die beiden Söhne zur Welt, Rudolf am 16. Januar 1907 und Franz am 20. November 1910. Die Familie bewohnte eine mit wertvollem Inventar ausgestattete 7-Zimmer-Wohnung mit einer Bibliothek von über 1000 Büchern, darunter viele Kunstbände.
Die Söhne gingen in Beuthen zur Schule und machten ihr Abitur. Rudolf wurde Bankkaufmann und Franz wollte zunächst Apotheker werden, beendete die Lehre aber nach zwei Jahren. Er ging nach München und begann dort sein Medizinstudium. Wegen seiner jüdischen Herkunft verwies man ihn 1933 der Universität. Er studierte weiter in Wien, Leipzig und Rom. 1940 beendete er sein Studium in Zürich. In Leipzig lernte er die Tochter von Prof. Dr. Max Goldschmidt kennen und heiratete sie am 3. Oktober 1935. Der bekannte Spezialist für Augenkrankheiten unterstützte seinen Schwiegersohn finanziell in den schwierigen Zeiten der Emigration. Franz Gräupner wanderte mit seiner Frau 1940 über Frankreich, Spanien, Portugal nach USA aus. Sein Schwiegervater war ebenfalls schon 1937 in die USA ausgewandert. Franz wurde in New York Spezialarzt für Augenkrankheiten. Seinen Namen änderte er nach der Emigration in Frank Graupner.

Im Oktober 1936 starb Dr. Albert Gräupner. Meta verließ zusammen mit ihrem Sohn Rudolf Beuthen. Sie mieteten am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 157, eine 3-Zimmer-Wohnung, bestehend aus einem Ess- und Wohnzimmer und je einem Schlafzimmer für Mutter und Sohn. Die wertvolleren Möbel und die umfangreiche Bibliothek nahmen sie mit nach Berlin. Rudolf regelte die finanziellen Angelegenheiten seiner Mutter und konnte später im Entschädigungsantrag genaue Angaben zu ihrem Vermögen machen. Sie lebte nach dem Tod ihres Mannes von einer Rente, die sie von einer ärztlichen Versorgungskasse erhielt und von den Zinsen ihres kleinen Vermögens in Höhe von etwa 25 000 RM. Die sogenannte „Judenvermögensabgabe“ betrug 6000 RM.

Rudolf verließ zu einem nicht bekannten Zeitpunkt, jedoch vor 1939, Deutschland. In England studierte er Jura und wurde Rechtsanwalt.
Meta war nun in den schwierigsten Zeiten der Judenverfolgung nicht nur auf sich selbst gestellt, sie wurde auch noch zur Zwangsarbeit herangezogen. Die Wohnung am Kurfürstendamm musste aufgegeben werden, das wertvolle Inventar wurde zu Niedrigstpreisen verschleudert. Meta zog zusammen mit Lucie und Markus Cohn in die Fasanenstraße 42. Beide Parteien unterzeichneten den Hauptmietvertrag mit den Ehrlich’schen Erben. Meta bewohnte in der Wohnung ein größeres Zimmer, das sie mit ihren eigenen Möbeln bestückte. Neben den Cohns und Meta Gräupner lebten noch Martha Hirsch, Rosalie Sonja Okun und Arthur Kallmann in derselben Wohnung. Sie alle wurden deportiert und ermordet.

In dieser Zeit war ihre Schwägerin Luise Leschnitzer an ihrer Seite. Sie erklärte:

bq. Ich war mit Frau Gräupner namentlich in den Jahren von 1939 bis zu ihrer Deportation sehr viel zusammen. Ich war auch anwesend, als sie von Gestapo Beamten abgeholt wurde und sah, dass die Wohnung versiegelt wurde.

Luise Leschnitzer konnte sich noch gut an die darin befindlichen Möbel und Gegenstände erinnern, die dann sogleich versteigert wurden.

Meta wurde am 15. August in das Ghetto Riga deportiert. Sie galt seit dem 13. August als vermisst. Am 18. August wurde sie in Riga ums Leben gebracht.
Ihre beiden Enkelkinder hat sie nie kennengelernt.

Recherche und Text: Karin Sievert Quellen:

Stolperstein Marianne Rothenberg

HIER WOHNTE
MARIANNE
ROTHENBERG
GEB. COHN
JG 1873
DEPORTIERT 20.7.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
TREBLINKA

Marianne Rothenberg geb. Cohn wurde am 28. November 1873 als Tochter von Samuel und Emma Cohn in Berlin geboren. Die Familie Cohn lebte in Berlin-Mitte in der Wallnertheaterstraße 40. Marianne lebte dort noch bei ihren Eltern, als sie 23-jährig am 12. März 1896 den sechs Jahre älteren Oskar Rothenberg heiratete. Oskar Rothenberg stammte aus Schönfließ in der Neumark. Er wohnte damals in unmittelbarer Nähe der Cohns, in der Wallnertheaterstraße 7. Die Ehe blieb wohl kinderlos, da es in den verbliebenen Unterlagen keinerlei Hinweise zu Kindern von Marianne und Oskar Rothenberg gibt.

Oskar war gelernter Buchhalter, er wurde in seiner Firma zum Prokuristen befördert. Das junge Ehepaar wohnte in eigener Wohnung bis 1932 in Schöneberg, in der Eisenacher Straße 40, zog dann für weitere drei Jahre in die Barbarossastraße 63. Ab dem 1. Oktober 1935 lebten die Beiden in einer 3 ½ -Zimmer-Wohnung im Gartenhaus der Fasanenstraße 42.

Oskar Rothenberg starb am 22. April 1939 an Herzschwäche und wurde fünf Tage später auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee bestattet. War es schon eine Vorahnung auf ihr späteres Schicksal, dass Marianne in der Beerdigungsanmeldung ausdrücklich keine Stelle neben ihrem Mann wollte?

Die schrecklichen Ereignisse lagen dicht beieinander, denn kurz nach Oskar Rothenbergs Tod änderten die Machthaber das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden. In Mariannes Wohnung wurden vier weitere jüdische Frauen zwangsweise untergebracht. Elsbeth und Ruth Cohn bewohnten ein Zimmer, Else Graetzer ein weiteres und in dem halben, 6 qm großen Zimmer musste Sofie Stern hausen.

Die beengte Wohnsituation währte drei Jahre, bis die Gestapo Marianne Rothenberg am 20. Juli 1942 abholte und mit 99 weiteren Jüdinnen und Juden in das KZ Theresienstadt deportierte. Zwei Monate später, am 19. September, wurden 2003 Menschen von Theresienstadt in das Vernichtungslager Treblinka geschafft und sofort ermordet, darunter Marianne Rothenberg.

Recherche und Text: Karin Sievert Quellen: