Stolperstein Wundtstraße 52 (früher Königsweg 24)

Hausansicht Wundtstr. 52

Dieser Stolperstein wurde am 9.4.2009 verlegt.

Stolperstein für Siegfried Czarlinski

Stolperstein für Siegfried Czarlinski

HIER WOHNTE
SIEGFRIED
CZARLINSKI
JG. 1887
SAMMELLAGER SCHULSTRASSE
MAI 1944
ERMORDET 18.5.1944 IM
LAGER GROSSBEEREN

Siegfried Czarlinski ist am 25. März 1887 in Preußisch Stargard in Westpreußen (Starogard Gdański) geboren. Er war hatte eine Staatliche Lotterie-Einnahmestelle an der Friedrichstraße 66 und wohnte seit 1928 mit seiner Frau Anna am Königsweg 24, von 1936 an war die Anschrift war dann Wundtstraße 52.

1919 kandidierte Czarlinski in der damals noch selbständigen Stadt Charlottenburg für die Stadtverordnetenversammlung. Er wurde zunächst nicht gewählt, kam aber bald darauf als Nachrücker hinein. Nach dem Zusammenschluss zu Groß-Berlin wurde er 1920 und bei allen folgenden Wahlen in die BV Charlottenburg gewählt, erst für die USPD, dann ab 1922 für die SPD. 1933 wurde er als Stadtverordneter von Berlin wiedergewählt. Nach dem SPD-Verbot vom Juni und der Verordnung zur Sicherheit der Staatsführung vom Juli 1933 wurde ihm wie alle Juden das Mandat entzogen und die Tätigkeit als Stadt- und Bezirksverordneter verboten.

Er wurde als staatlicher Lotterie-Einnehmer entlassen. Auch als Versicherungsvertreter konnte er nicht weiterarbeiten, weil die Versicherungen, deren Generalvertreter für Charlottenburg er war, ihm kündigten. Die Gestapo verhaftete und verhörte ihn mehrere Male, aber er kam immer wieder nach kurzer Zeit frei.

Im Mai 1944 wurde er in das Sammellager in der Weddinger Schulstraße gebracht. Von dort kam er mit anderen Juden in das „Arbeitserziehungslager“ Großbeeren bei Teltow südlich von Berlin. Dorthin wurden Menschen unter dem Vorwand geschickt, sie hätten Landesverrat, Spionage oder ähnliche „staatsfeindliche“ Delikte begangen.

Das Arbeitserziehungslager Großbeeren war von Herbst 1942 bis zum 26./27. April 1945 eine eher unbekannte Einrichtung außerhalb des Ortes. Die darin inhaftierten Männer wurden beim Bunkerbau, bei Aufräumarbeiten und zum Ausbessern von Gleisanlagen eingesetzt oder sollen in Betrieben im Umfeld Zwangsarbeit verrichtet haben. Im Lager sind nach Angaben von Nachkommen der Opfer schätzungsweise tausend Menschen verschiedener Staatsangehörigkeit ums Leben gebracht worden.

Siegfried Czarlinski wurde am 18. Mai 1944 in Großbeeren ermordet. Seine überlebende Frau Anna Czarlinski hat 1951 diese Eidesstattliche Erklärung abgegeben:

bq. Von dort [Lager Großbeeren] kam ein von mir an meinen Ehemann gerichteter Brief im Januar 1945 mit dem Vermerk ‚unzustellbar, ist nicht mehr im Lager‘ an mich zurück. Ich habe seitdem nie etwas von meinem Ehemann oder von sonstiger dritter Seite über ihn vernommen, habe insbesondere keinerlei Lebenszeichen mehr erhalten. […] Meine zahlreichen Nachforschungen bei amtlichen und nichtamtlichen Suchdienststellen nach dem Verbleib meines Ehemanns blieben sämtlich ohne Erfolg.

Biografische Zusammenstellung: Verein Aktives Museum e. V.

Dieser Stolperstein ist Teil einer Gruppe von 8 Stolpersteinen, die auf Initiative des Aktiven Museums Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. von Erika Albers, Ursula und Winfried Büchau, Myriam von Oppen, Monica und Oliver Puginier, Monika Richarz, Ingrid Schmidt und André Schmitz gespendet und am 9.4.2009 verlegt wurden. Mit diesen Stolpersteinen wird an Berliner Stadtverordnete erinnert: