Gedenkstätten am Bahnhof Grunewald

Ausgangspunkt des Kiezspaziergangs im November: der Bahnhof Grunewald.

Der Bahnhof Grunewald.

Zur Erinnerung an die Deportation jüdischer Bürgerinnen und Bürger Berlins vom Bahnhof Grunewald in die Vernichtungslager des nationalsozialistischen Staates. Der erste Deportationszug fuhr am 18. Oktober 1941 nach Litzmannstadt (Lodz), der letzte am 5.Januar 1945 nach Sachsenhausen.

Seit 1988 organisieren hier jedes Jahr am 9. November Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit der Landespolizeischule eine Schüler-Gedenkveranstaltung. Diese Veranstaltung war lange ganz eng an die Person Isaak Behar gebunden, der mehr als 20 Jahre an Berliner Schulen als Zeitzeuge über sein Buch „Versprich mir, dass du am Leben bleibst“ und seine Lebenserfahrung als Jude in Deutschland berichtet hatte. Behar ist 2011 gestorben.

Der israelische Ministerpräsident und die israelische Außenministerin haben hier bei Staatsbesuchen 2006 und 2007 Kränze niedergelegt. Vom 21. April bis zum 22. April 2008 und vom 8. Mai bis zum 10. Mai 2010 machte der Zug der Erinnerung Station am Bahnhof Grunewald. Am 26. Januar 2010 gedachten der ehem. israelische Präsident Schimon Peres und ehem. Bundespräsident Horst Köhler hier der Opfer.

Am 18. Oktober 2011 organisierte der Berliner Senat auf Anregung der Schriftstellerin und Zeitzeugin Inge Deutschkron eine Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der ersten Deportation.

179. Kiezspaziergang Mahnmal Gleis 17

Mahnmal des polnischen Bildhauers Karol Broniatowski.

Mahnmal des Berliner Senats und des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf

Rechts neben dem Eingang zum Bahnhof befindet sich das Mahnmal des polnischen Bildhauers Karol Broniatowski. Enthüllt wurde es 18. Oktober 1991 auf Initiative der Wilmersdorfer Bezirksverordnetenversammlung. Es besteht aus einer Betonmauer mit Hohlformen von menschlichen Körpern und thematisiert neben den Deportationen mit der Eisenbahn auch die zahllosen Märsche von den Berliner Zwischenlagern zu den Deportationsbahnhöfen.

226. Kiezspaziergang

Stele zu Karol Broniatowski geschaffenes Mahnmal

Neben dem Mahnmal steht eine Bronzestele mit folgendem Text:

Zum Gedenken an die mehr als 50.000 Juden Berlins, die zwischen Oktober 1941 und Februar 1945 vorwiegend vom
Güterbahnhof Grunewald aus durch den nationalsozialistischen Staat in seine Vernichtungslager deportiert und ermordet wurden. Zur Mahnung an uns, jeder
Missachtung des Lebens und der Würde des Menschen
mutig und ohne Zögern entgegenzutreten.

Gleis 17, Mahnmal der Deutschen Bahn AG

Das Mahnmal wurde am 27. Januar 1998 auf dem Gleiskörper enthüllt. Der Zugang kann durch die Unterführung erfolgen.
Das Mahnmal wurde von Nicolaus Hirsch, Wolfgang Lorch und Andrea Wandel geschaffen.

Es dokumentiert auf den ehemaligen Verladebahnsteigen rechts und links des Gleiskörpers mittels aneinander gereihter Metallplatten die Deportationszüge von verschiedenen Berliner Bahnhöfen in die Konzentrationslager.

226. Kiezspaziergang

Mahnmal Gleis 17:
Deportationszüge starteten neben dem Bahnhof Grunewald auch vom Güterbahnhof Moabit und vom Anhalter Bahnhof.
Der erste Deportationszug vom Bahnhof Grunewald fuhr am 18. Oktober 1941 mit 1013 Juden nach Litzmannstadt (heute: Łódź). Mit diesem Tag begann die systematische Deportation der Juden aus Berlin. Bis April 1942 fuhren die Züge hauptsächlich in die osteuropäischen Ghettos nach Litzmannstadt, Riga und Warschau. Ab Ende 1942 waren fast nur noch in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und das Konzentrationslager Theresienstadt Fahrtziel. Allein in die “Todesfabrik Auschwitz” fuhren vom Bahnhof Grunewald etwa 35 Züge mit insgesamt rund 17.000 Juden ab. Der letzte Zug fuhr von hier aus am 5. Januar 1945 nach Sachsenhausen.

Die Rolle der Deutschen Reichsbahn im Holocaust blieb in der Nachkriegszeit lange unbeachtet.
Erst Mitte der 90er-Jahre führte die Deutsche Bahn AG einen begrenzten Wettbewerb für die Errichtung eines zentralen Mahnmals durch, das an die Rolle der Reichsbahn unter der nationalsozialistischen Diktatur erinnern sollte. Ausgewählt wurde ein Entwurf des Architektenteams Nicolaus Hirsch, Wolfgang Lorch und Andrea Wandel, das am 27. Januar 1998 eingeweiht wurde. Beidseits des Gleises 17, von dem die meisten Deportationszüge abfuhren, wurden 186 gusseiserne Platten verlegt. An den so entstandenen “Bahnsteigkanten” dieser Platten sind in chronologischer Folge alle Fahrten von Berlin mit Anzahl der Deportierten und dem Zielort dokumentiert. Zunächst bescheiden im Äußeren, beeindruckt es den Besucher beim Betreten der Eisengussplatten durch seine weitläufige Dimension, die sich beim Begehen erschließt. Beim Abschreiten der Gleise wird wirklich begreifbar, wie viele Transporte und wie viele jüdische Männer, Frauen und Kinder es gewesen sind. Durch dieses Begreifen wird ein emotionaler Zugang zu den Opfern ermöglicht. Die Vegetation, die sich im Lauf der Jahre einen Teil des Gleises erobert hat, ist als Symbol dafür, dass nie wieder ein Zug von diesem Gleis abfahren wird, in das Mahnmal einbezogen worden. Das Mahnmal Gleis 17 bildet in der Erscheinung einen Kontrapunkt zum Denkmal für die ermordeten Juden Eu-ropas. Im Gegensatz zu dem großen Holocaust-Mahnmal am Brandenburger Tor ist der Bahnhof Grunewald ein authentischer Ort, der mit dem tatsächlichen historischen Geschehen des Holocaust in Verbindung steht.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 18. Oktober 2021 an Gleis 17

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 18. Oktober 2021 an Gleis 17

Gedenken an den Beginn der Deportationen von Juden

Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 80. Jahrestag, dem 18. Oktober 2021 Weitere Informationen

226. Kiezspaziergang

Mahnmal auf dem Bahnhofsvorplatz.

Mahnmal auf dem Vorplatz

Am 18. Oktober 1987 von Mitgliedern der evangelischen Gemeinde Grunewald aus Bahnschwellen und einer Bronzetafel mit folgendem Text errichtet:

18. Oktober 1941
Im Gedenken an die Menschen,
die von diesem Bahnhof
deportiert wurden
Berlin-Wilmersdorf, den 18. Okt. 1987

Ehemalige Gedenktafel Bahnhof Grunewald

Ehemalige Gedenktafel Bahnhof Grunewald

Bronzefafel am ehemalligen Stellwärterhaus

Enthüllt am 3. April 1987, mit folgendem Text in hebräischer und deutscher Sprache:

Zum Gedenken an die Opfer der Vernichtung

Zum Gedenken an Zehntausende jüdischer Bürger Berlins, die ab Oktober
1941 bis Februar 1945 von hier aus durch die Nazi-Henker in die Todeslager
deportiert und ermordet wurden.

Literatur

  • Maas, Werner: Besuch eines seltsamen Friedhofs, in: Der Weg, 6.12.1946
  • Kempner, Robert Max Wassili: Die Ermordung von 35.000 Berliner Juden. Der Judenmordprozeß in Berlin schreibt Geschichte, in: Gegenwart im Rückblick. Festgabe für die Jüdische Gemeinde zu Berlin 25 Jahre nach dem Neubeginn, Heidelberg 1970, S.180-205 ^^Ball-Kaduri, Kurt Jakob: Berlin wird judenfrei. Die Juden in den Jahren 1942/1943, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 22. Jg. (1973), S.196-246
  • Metzger, Karl-Heinz: Bahnhof Grunewald 1941 bis 1945, in: Gläser, Helga; Metzger, Karl-Heinz u.a.: 100 Jahre Villenkolonie Grunewald 1889-1989, Berlin 1988, S.136-147
    *Die Grunewald-Rampe – Die Deportation der Berliner Juden, hg. von der Landesbildstelle Berlin – Zentrum für audio-visuelle Medien. Begleitmaterial zum Schulfernsehen (Edition Colloquium) 2. korrigierte Auflage 1993 * * Gottwaldt, Alfred; Schulle, Diana: Die “Judendeportationen” aus dem Deutschen Reich 1941-1945. Eine kommentierte Chronologie, Wiesbaden (Marix) 2005
  • Hirsch, Nikolaus; Lorch, Wolfgang, Wandel, Andrea: Gleis 17 / Track 17, Berlin (Sternberg Press) 2009