Zur Beantwortung Frau BzBm’in Thiemen:
Bevor ich mit der Beantwortung beginne, schlage ich vor, wir
treffen uns mal bei einem Kaffee und Sie erklären mir, welche Stadträte hier
für Finanzen zuständig sind, das wäre vielleicht mal nicht schlecht.
Die Große Anfrage der FDP- und CDU-Fraktion beantworte ich
für das Bezirksamt wie folgt:
Zu 1.
Das Bezirksamt beschäftigt sich spätestens seit seiner Klausurtagung
am 17. August 2004 und den nachfolgenden Tagungen am 9. Oktorber 2007 und 22.
April 2008 mit deren Folge auch die Ihnen bekannte so genannte Giftliste
zusammengetragen wurde, mit Einsparungsmöglichkeiten. Ich will Ihnen mit dieser
Aussage vermitteln, dass das Bezirksamt sehr zeitig mit Gegensteuerungsüberlegungen
begonnen hat. Aber nicht alles, was vorgeschlagen und aufgeschrieben wurde,
kann sofort umgesetzt werden. Vieles musste erst auf Nachhaltigkeitsaspekte
geprüft und unter Umständen wieder verworfen werden. Die Möglichkeiten, die der
Bezirk hier hat, sind aber eher begrenzt und bringen uns nicht die Millionen,
die Millionen, die wir benötigen, um den derzeitigen Angebotsstand aufrecht zu
erhalten, der ja, wie Sie auch vermutlich wissen, auch schon nicht mehr der
ist, den wir noch vor 10 Jahren für die Bevölkerung vorhalten konnten. Hinzu
kommt, dass ich in den zurückliegenden Jahren bisher nicht eine einzige
Drucksache der BVV gesehen habe, die ein Ersuchen an das Bezirksamt zum Inhalt
hatte, welches zu Einsparungen im Bezirkshaushalt geführt hätte. Vielmehr sind
die Ersuchen bis heute eher mit Mehrausgaben verbunden, denen keine Einsparungen
an anderer Stelle gegenüberstehen.
Mir sind auch Drucksachen in Erinnerung, wo das Bezirksamt
aufgefordert wird, bestimmte Angebote unbedingt aufrechtzuerhalten. Das
Bezirksamt hatte zur Aufstellung des Bezirksdoppelhaushaltsplans 2008/2009 sehr
deutlich gemacht, wo die Risiken liegen. Damals bin ich noch von 15 Mio. Euro
Risiko ausgegangen, insofern handelt es sich bei dem isolierten Jahresergebnis
2009 keineswegs um eine Überraschung oder plötzliche Entwicklung, wie es
nunmehr versucht wird darzustellen. Auch die letzte Notbremse, die ich als
zuständige Dezernentin für das Finanzressort habe, die haushaltwirtschaftliche
Sperre nach § 41 Landeshaushaltsordnung vom 29.09.2009, hat nicht die
Abschwächung gebracht, die nötig gewesen wäre, um ein isoliertes
Minusjahresergebnis in Millionenhöhe zu verhindern.
Wenn Sie sich die Zuweisungsmodalitäten in Erinnerung rufen,
müssten Sie auch in Erinnerung haben,
dass wir nach Einhaltung aller Veranschlagungsvorgaben keine ausreichenden
Mittel mehr für die Ausgabenblöcke zur Verfügung hatten, die als beeinflussbar
bezeichnet werden bzw. für sogenannte freiwillige Leistungen gedacht sind.
Darunter gehören die Ausgabenblöcke A04 (Grünunterhaltung), A05 (Bewegliches
Vermögen) und A09 (Pauschalierte Ausgaben). Das heißt, dass wir die Grünpflege im Bezirk hätten
einstellen und die Verwaltung weder mit Papier und Arbeitsmaterialien noch mit
Telefon, Fax, Kopierer, PC und
Drucker ausstatten hätten können. Dies haben wir aber nicht
getan, da es schlichtweg nicht umsetzbar gewesen wäre. Vielleicht hätten wir
bei den freien Trägern eine komplette Streichung der Mittel vornehmen sollen
oder zu Standortschließungen z.B. bei Bürgerämtern, Bibliotheken, Jugendfreizeiteinrichtungen
greifen sollen. Bei dieser Variante wäre aus meiner Sicht sehr interessant zu
wissen, welche Großen Anfragen und Anträge es dann durch die FDP- und CDU-Fraktion gegeben hätte.
Zu 2.
In dieser Frage sind gleich zwei Unterstellungen versteckt.
Zum Einen unterstellen Sie dem
Bezirksamt tatenloses Verharren und zum Anderen unterstellen
Sie, dass das Bezirksamt eine
Verschuldung des Bezirks durch Abwarten lösen will.
Wie bereits unter 1. erläutert, hat sich das Bezirksamt
bemüht und bemüht sich auch weiterhin, den Bezirk, trotz rückläufiger
Finanzmittelzuweisungen für den sogenannten beeinflussbaren Haushaltsteil, für
die Bürgerinnen und Bürger halbwegs verträglich zu erhalten. Politisch halte
ich und wohl nach der Beschlusslage auch die Mehrheit der BVV eine weitere Reduzierung
der Ausgabenseite für nicht mehr vertretbar. Ohne die Schaffung eindeutiger und
klar veränderter rechtlicher Voraussetzungen ist auch die angestrebte Reduzierung der sogenannten
Transferausgaben meines Erachtens nicht
realistisch, so dass hier eine 100%ige
Abfederung eine Zielsetzung seitens aller Bezirke sein
sollte. Derzeit arbeiten auf diesem Gebiet, der Steuerung der Transferausgaben,
überbezirkliche Arbeitsgruppen unter Leitung der
Hauptverwaltungen. Der Trend der Ausgabenexplosion in diesem
Bereich ist aber bundesweit festzustellen. Des Weiteren sind wir ganz konkret
dabei im Bezirksamt, die Bewertungen unserer Gebäude zu überprüfen, die sich Jahr
für Jahr auf unsere Finanzmittelzuweisungen auswirken. Leider wirken alle
"Erfolge" auf diesem Gebiet erst sehr zeitversetzt, so dass negative
Jahresergebnisse sich nicht sofort vermeiden lassen.
Zu 3.
Wohl wissend, dass der Bezirk als Teil der Einheitsgemeinde
Berlin sich nicht separat verschulden kann, da er eben nicht die Finanzhoheit
wie eine Kommune hat, trägt der Senat die Verantwortung für die Haushaltslage
Berlins. Ungeachtet dessen hat der Bezirk die Pflicht, seinen Haushalt entsprechend
der Landeshaushaltsordnung zu planen und zu bewirtschaften, was wir unter Ausschöpfung
aller Möglichkeiten auch getan haben. Beeinflussen kann der Bezirk weder die
Finanzmittelzuweisung noch die Basiskorrektur. An rechtlich vorgeschriebene
Ansprüche, die letztlich zu Ausgaben führen, ist auch der Bezirk gebunden und
zwar unabhängig davon, ob er hierfür die Mittel über die Basiskorrektur zu 100%
bekommt oder auch nicht.
Die derzeitige Haushaltslage ist nicht nur in Berlin,
sondern wie alle wissen, mindestens im
gesamten EU-Gebiet mit schlecht zu beurteilen. Finanz- und
Wirtschaftskrise, notleidende Banken und Forderungen - wie im Übrigen auch von
der FDP - nach Steuersenkungen haben auch in Berlin ihre Spuren hinterlassen.
Es wäre ein Wunder, wenn es den Berliner Bezirken da anders gehen würde. Wenn
Sie die Unterlagen der Senatsverwaltung für Finanzen richtig gelesen haben und seit dem Haushaltsausschuss hatten Sie ja
ausreichend Gelegenheit, dann haben wir
es mit einer negativen Trendbewegung zu tun, an der sich bereits acht von zwölf
Bezirken beteiligen. Dieser Zustand lässt sich auch nicht durch Fragen nach der
Schuld oder Unschuld beschönigen.
Zu 4.
In 2010 hat das Bezirksamt bereits eine pauschale
Minderausgabe in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro aufgelöst und ist damit bereits an
die Grenzen des Möglichen gestoßen.
Für 2011 sind wir dabei, eine weitere pauschale
Minderausgabe, d.h. die Option bei den Personalausgaben, in Höhe von rund 1,5
Mio. Euro ebenfalls aufzulösen. Wie bereits erwähnt sind wir auch dabei, die Gebäudebewertungen
auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Ebenso gibt es Überlegungen, Einrichtungen
an freie Träger zu verlagern, wenn dies durch Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
erfolgversprechend ist. Im Augenblick warten wir auf die Fortschreibung des Haushaltsjahres
2011, die neuen Zahlen sind erst für Juni 2010 in Aussicht gestellt.
Im Übrigen wäre sehr interessant zu wissen, was die
fragestellenden Fraktionen unter "wirklichen" strukturellen
Einsparungen verstehen, vielleicht sind unsere Bemühungen alle "unwirklich".
Zu 5.
Meine unter Ihren Fragen 1 bis 4
gemachten Ausführungen rechtfertigen, dass ich die
Auffassung der FDP-Fraktion als schlecht und als am Thema
vorbei beurteile. Bevor ich hierzu nicht konkrete und vor allem auch
tatsächlich umsetzbare Vorschläge aus der FDP-Fraktion auf dem Tisch habe, wird
sich an diesem/meinem Urteil meinerseits auch wenig ändern . Mir scheint, dass
hier zwischen Theorie und Praxis Welten liegen, was erst einmal zu widerlegen
wäre.
Im Übrigen werden Konsolidierungskonzepte durch die
Senatsverwaltung für Finanzen von den Konsolidierungsbezirken eingefordert. Der
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist (noch) kein Konsolidierungsbezirk.
Insofern wird das Bezirksamt weder ein echtes noch ein unechtes
Konsolidierungskonzept vorlegen.