Eine Stadt für alle ist Berlin erst dann, wenn auch wirklich alle mobil sein können. Künftig wird es für Fahrgäste im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) eine Mobilitätsgarantie geben: Wenn Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen aufgrund defekter Fahrstühle oder anderer Hindernisse an einem Bahnhof bzw. einer Haltestelle nicht ein oder aussteigen können, wird die BVG mit einer Flotte von Kleinbussen aushelfen, die sich bequem telefonisch oder per App bzw. Webseite rufen lassen. Dies gilt auch an allen Bahnhöfe, die noch nicht barrierefrei ausgebaut sind.
Alternative Barrierefreie Beförderung (ABB) heißt das neue Angebot, das zunächst auf der Strecke der U8 zwischen Wittenau und Hermannstraße sowie der U5 zwischen Frankfurter Allee und Tierpark sowie am S-Bahnhof Marienfelde erprobt wird. Das ABB-Angebot kann von den betroffenen Fahrgästen an diesen Bahnhöfen über mehrere Kanäle angefordert werden – über eine entsprechende Informations- und Buchungs-App für Smartphones, über die Internetseiten der BVG, des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) und der S-Bahn, oder über eine telefonische Buchungszentrale (Call-Center).
- Bei Ausfall oder Fehlen bspw. eines Aufzugs soll für betroffene Fahrgäste zunächst eine mögliche Alternative im bestehenden ÖPNV-Netz angeboten werden, wenn vorhanden und mit akzeptabler Mehrfahrzeit (in der Regel nicht mehr als 20 Minuten zusätzliche Fahrzeit) nutzbar.
- Wenn ein alternatives ÖPNV-Angebot für die gewünschte Verbindung nicht oder nur mit hohem zusätzlichen Zeitaufwand verfügbar ist, kann ein ABB-Fahrzeug für die Beförderung zur nächsten geeigneten Zugangsstelle für die Fortsetzung der geplanten Fahrt gebucht werden.
Als ABB-Fahrzeuge werden barrierefreie Kleinbusse eingesetzt. Diese überbrücken jeweils den Abschnitt, der im regulären ÖPNV nicht barrierefrei zurückgelegt werden kann. Fahrgäste werden also von einem nicht barrierefrei nutzbaren Bahnhof abgeholt und zum nächsten wieder barrierefrei nutzbaren Bahnhof befördert, oder umgekehrt zum nicht barrierefrei erreichbaren Ziel gebracht.
Das Angebot richtet sich vorrangig an Menschen mit Mobilitätseinschränkungen im Sinne des § 228 SGB IX. Zudem können weitere Personengruppen mit Mobilitätseinschränkungen wie z.B. Seniorinnen und Senioren, Personen mit Kinderwagen oder Kleinkindern, Schwangere, Verletzte und Personen mit Gepäck dieses Angebot in Anspruch nehmen. Die Kernzielgruppe hat jedoch Vorrang bei der Nutzung des Angebots. Eine explizite Zugangsbeschränkung für den Ausschluss anderer Personengruppen ist nicht vorgesehen. Das ABB-Angebot ist als Mobilitätsgarantie für betroffene Fahrgäste zu verstehen, es ist daher für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste mit gültigem VBB-Ticket oder sonstigen gültigen Berechtigungen (bspw. Schwerbehindertenausweis gemäß § 152 SGB IX) ohne weitere Zuzahlung nutzbar
Das Land Berlin setzt mit der Alternativen Barrierefreien Beförderung die Vorgaben des 2018 verabschiedeten Berliner Mobilitätsgesetzes um. Dieses sieht die Einrichtung individueller Beförderungsangebote zur Überwindung von Barrieren oder Nutzungseinschränkungen vor, die dem Ziel des Personenbeförderungsgesetzes eines vollständig barrierefreien ÖPNV bis zum 31. Dezember 2021 entgegenstehen (§ 26 Abs. 7 MobG). Im Nahverkehrsplan 2019-2023 wurde daher ein entsprechendes Konzept entwickelt, das eine mehrstufige Vorgehensweise umfasst und sicherstellen soll, dass Fahrgästen mit Mobilitätseinschränkungen eine Beförderung gewährleistet werden soll. Zum einen umfasst dies die sichere Verfügbarkeit von Information über ggf. alternativ bereits vorhandene andere barrierefreie ÖPNV-Verbindungen, zum anderen die Gewährleistung einer „Mobilitätsgarantie“ mit individuell eingesetzten Fahrzeugen, wenn keine alternativen ÖPNV-Angebote verfügbar sind. Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) in ihrer Funktion als ÖPNV-Aufgabenträger hat dementsprechend die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) beauftragt, hierfür ein Angebot für betroffene Fahrgäste zu entwickeln und einzuführen. Die BVG hat VIA als Subunternehmer mit der Durchführung des Fahrtangebots beauftragt. In die Ausarbeitung des Konzepts wurde die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung intensiv einbezogen, ebenso auch die AG Verkehr barrierefrei von SenMVKU, in der die Berliner Verbände von Menschen mit Behinderung vertreten sind. Eine Expertengruppe von Betroffenen begleitet zudem die Pilotphase und ist an der Evaluation des Vorhabens beteiligt. Nach der Erprobung auf ausgewählten Strecken ist voraussichtlich ab 2024 ein stadtweiter Betrieb vorgesehen.