Notwendigkeit der Maßnahme
Die letzte Hauptprüfung (2016) ergab eine Zustandsnote von 3,5 und stellte deutliche Beeinträchtigungen der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit fest. Das Bestandsbauwerk ist bereits dauerhaft lastbeschränkt. Im Rahmen der Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht und zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur ist aufgrund des schlechten baulichen Zustandes ein Ersatzneubau des vorhandenen Brückenbauwerks zwingend erforderlich.
Bestandsbauwerk
Die Moltkebrücke überführt die Enzianstraße – Moltkestraße (L 7353) über Gleisanlagen der DB AG (S-Bahn und Fernbahn) und stellt den einzigen Zugang zum S-Bahnhof „Botanischer Garten“ dar, der über eine Treppen- und Aufzugsanlage am Brückenbauwerk erschlossen wird. Die Moltkebrücke liegt im untergeordneten Straßennetz innerhalb eines dicht bebauten Wohngebietes und dient der kleinräumigen Verbindung der Ortsteile Steglitz/Dahlem und Lichterfelde. Mehrere denkmalgeschützte Gebäude sowie eine Vielzahl von Geschäften liegen in unmittelbarer Umgebung des Brückenbauwerks. Die Moltkebrücke ist im Straßennebennetz Teil einer wichtigen Verbindung über die S-Bahntrasse und eine von mehreren Bahnüberführungen im Großraum Lichterfelde.
Bei dem vorhandenen Brückenbauwerk aus dem Jahr 1909 handelt es sich um eine flachgegründete, 3-feldrige Balkenbrücke (Einzelstützweiten 9,44 m – 18,16 m – 11,14 m) aus genietetem Flussstahl mit vier Hauptträgern, jedoch ohne Durchlaufwirkung. Die Bauhöhe des Überbaus verändert sich gemäß den statischen Erfordernissen von rund 1,15 m am Bauwerksanfang und -ende auf rund 1,85 m in Bauwerksmitte. Die seitlichen Gehwege werden durch im Abstand von etwa 3,60 m auskragende Querträger gestützt. Die Brückenwiderlager bestehen aus Mauerwerk mit einer Verblendung aus Natursteinen. Das Natursteinmauerwerk setzt sich an den Flügelwänden und der Fassade des historischen, denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes, welches sich unmittelbar neben dem Brückenbauwerk befindet, fort.
Die Moltkebrücke ist mittlerweile dauerhaft auf 12 t lastbeschränkt. Die Tragsysteme der seitlichen, außenliegenden Gehwege sind nicht geeignet, weiterhin Lasten aus öffentlichem Personenverkehr abzutragen.
Neues Brückenbauwerk
Nach Rückbau der Bestandsbrücke wird das neue Brückenbauwerk lagegleich errichtet. Der Ersatzneubau sieht eine einfeldrige, vollintegrale Brückenkonstruktion ohne Mittelunterstützung in Stahlverbundbauweise mit nahezu gleichen Abmaßen wie im Bestand vor. Der Überbau ist als 5-stegiger, parallelgurtiger Plattenbalkenquerschnitt aus luftdichtverschweißten Stahlhohlkästen und einer Fahrbahn auf Stahlbetonfertigteilen mit einer Ortbetonergänzung geplant. Die Unterkante der Längsträger wird entsprechend der Momentenbeanspruchung und unter Berücksichtigung der geforderten lichten Höhen der S- und Fernbahn in Richtung der Einspannstellen gevoutet ausgebildet. Dadurch ergeben sich Konstruktionshöhen von 1,10 m in Feldmitte und 2,10 m an den Einspannstellen.
Die kastenförmigen Widerlager sind mit parallel zur obenliegenden Fahrbahn angeordneten Flügelwänden geplant und bilden den Übergang zwischen Hinterfüllung und Überbau. Beide Widerlagerwände werden senkrecht zur Bauwerksachse ausgerichtet und in Ortbetonbauweise hergestellt. Aufgrund der angetroffenen Bodenverhältnisse wird die Gründung des Neubaus als Tiefgründung ausgeführt. Die neuen Widerlager werden auf der nördlichen Seite hinter dem Bestandswiderlager und auf der südlichen Seite vor dem Bestandswiderlager errichtet. Die Natursteinverkleidung des Bestandsbauwerks wird im Ersatzneubau wieder aufgegriffen, um ein einheitliches Gesamtbild und eine Verbindung zwischen der neuen Straßenbrücke und dem historischen Bahnhofsgebäude zu schaffen.
Mit dem Ersatzneubau sollen Randbedingungen für eine neue zweigleisige, elektrifizierte Bahnstrecke „Stammbahn Potsdam – Berlin“ (Streckengeschwindigkeit ≤ 160 km/h, lichte Durchfahrtshöhe 5,70 m), die in Zukunft die im Bestand vorhandene Fernbahnstrecke ersetzen soll, bereits in der Brückenplanung berücksichtigt werden.